Alice Weidel

Entwurf für AfD-Wahlprogramm Raus aus der EU, Abtreibungen nur als Ausnahme

Stand: 29.11.2024 16:55 Uhr

Die AfD hat einen Entwurf für das Wahlprogramm vorgelegt. Sie will raus aus der jetzigen EU, den Euro abschaffen und Abtreibungen nur in Ausnahmefällen erlauben. Im Januar wird das Programm beschlossen.

Von Gabor Halasz und Julie Kurz, ARD-Hauptstadtstudio

85 Seiten ist er lang - der Entwurf des Wahlprogrammes für die AfD. Darin hat die Partei aufgeschrieben, wie sie sich die Zukunft Deutschlands vorstellt. Es ist eine Zukunft außerhalb der EU, wie wir sie kennen. Die AfD spricht von einem "Europa der Vaterländer". Gemeint ist ein Staatenbund, eine Wirtschafts- und Interessensgemeinschaft. Es heißt:

Wir halten einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Gemeinschaft für notwendig.

Einen gemeinsamen Markt soll es noch geben und die Außengrenzen gegen illegale Zuwanderung geschützt werden. Die AfD schlägt eine Volksabstimmung über die EU-Frage vor. 

Raus aus dem Euro

Ebenfalls problematisch blickt die AfD auf den Euro. Die Partei spricht von einer Transferunion. Sie will raus aus der gemeinsamen Währung, heißt übersetzt: zurück zur D-Mark.

Ein "Dexit" für Deutschland. Also raus aus der EU und etwas Neues gründen. Seit Jahren ringt die Partei mit diesen Fragen. Im Wahlprogramm schlägt sie jetzt eine Volksabstimmung vor.

Gabor Halasz, ARD Berlin, zum Entwurf der AfD für ein Wahlprogramm

tagesschau24, 29.11.2024 17:00 Uhr

Für den Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder ist die "Dexit"-Frage eine Maximalposition, die schon länger verfolgt werde. Schröder sagte im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio, sie mache deutlich, dass diese "AfD eine Rechtsaußenpartei jenseits der Koalitionsfähigkeit ist". Die Partei werde immer wieder zurückgeworfen auf provokative, fundamentale Maximalpositionen.

Zurück zur Atomkraft und russischem Gas

Im Wahlprogramm ist vom "Mehltau des linken Zeitgeistes" die Rede. Vielen Bürgern sei der Zukunftsoptimismus genommen worden. Die AfD schreibt von "Panikmache" und nennt dabei die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und die "angeblich existenzbedrohende Klimakrise".

Den Klimawandel habe es zu allen Zeiten gegeben. "Er ist ein komplexes Phänomen, verursacht durch eine Vielzahl von Faktoren." Die Frage nach dem Anteil des Menschen sei wissenschaftlich ungeklärt. Schäden durch Extremwetterereignisse wie im Ahrtal gehen aus Sicht der AfD zurück auf politisches Versagen. Genannt werden zum Beispiel fehlende Dämme. 

Es ist laut Entwurf vertretbar, dass Kohlekraftwerke länger laufen. Außerdem will die AfD wieder in die Atomkraft einsteigen, setzt auf Öl- und Gasheizungen und möchte wieder Gas über die Nordstream-Leitungen beziehen.

Das Logo der AfD

Die AfD sagt, den Klimawandel habe es zu allen Zeiten gegeben.

Keine Verurteilung von Moskaus Angriffskrieg

Die AfD will die Wirtschaftssanktionen gegen Russland aufheben. Sie schreibt, der Krieg gegen die Ukraine habe die europäische Friedensordnung aus den Angeln gehoben. Der russische Angriffskrieg wird nicht verurteilt. Die Ukraine solle ein neutraler Staat außerhalb von NATO und EU werden. Die Bundeswehr solle finanziell gut ausgestattet und personell verstärkt werden.

Das Stichwort Wehrpflicht taucht im Entwurf nicht mehr auf. Parteichefin Alice Weidel verweist im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio allerdings darauf, dass diese im Grundsatzprogramm stehe. Deutschland müsse ertüchtigt werden, zumindest die Landesverteidigung wahrzunehmen.

Die AfD will einen Fokus auf die Wirtschafts- und Energiepolitik legen. Die designierte Kanzlerkandidatin sagte, was im Land passiere, spotte jeder Beschreibung. "Wir müssen zurück zu einer seriösen Energieproduktion, zu einem diversifizierten Energieangebot." 

Kein Geld für Ladeinfrastruktur

Im Entwurf bekennt sich die AfD zur Marktwirtschaft. Staatliche Eingriffe sollen auf ein Minimum reduziert werden, die Autoindustrie ist laut AfD die Leitindustrie. Die Partei möchte, dass Elektromobilität nicht länger bevorzugt und Ladeinfrastruktur nicht mehr öffentlich finanziert werde. Sie schlägt Steuersenkungen vor, ohne genau zu sagen, wie die Ausfälle bezahlt werden sollen.

Nur das Existenzminimum für Flüchtlinge

Die AfD hatte immer wieder gesagt, bei den Kosten für Migration und Asyl deutlich kürzen zu wollen. Im Programmentwurf werden Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen gefordert. Deutschland solle selbst entscheiden, wer kommt.

Die AfD möchte ermöglichen, dass Flüchtlinge an den Grenzen in Gewahrsam genommen werden können. Wer aus der Ukraine komme, solle keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld haben. Insgesamt will die AfD Leistungen für Asylbewerber in der Höhe des menschenwürdigen Existenzminimums.

Verschärfung bei Abtreibungen

Beim Thema Abtreibung setzt sich die AfD dafür ein, die Rechtslage deutlich zu verschärfen. Schwangerschaftsabbrüche sollen die absolute Ausnahme bleiben. Zum Beispiel bei krimineller oder medizinischer Indikation. Bei der Beratung sollen Müttern Ultraschallaufnahmen gezeigt werden.

Politikwissenschaftler Schroeder spricht von Frauenfeindlichkeit und sieht eine "Dominanz des völkischen Flügels" in der AfD - weil hinter der Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs die Vorstellung stecke, "dass die Deutschen durch eigene Kinder in der Lage sind, die Zukunft zu bewältigen".