Sachsen So geht's mit den Abbrucharbeiten an der Carolabrücke in Dresden voran
Mehrmals mussten die Pläne zum Abbruch der Carolabrücke geändert werden. Nun wird ein Damm für eine Baustraße aufgeschüttet. Wenn alles nach Plan läuft, könnten die ersten Schiffe noch in diesem Winter wieder passieren - allerdings nur mit Sondergenehmigung.
- Mit einer Sondergenehmigung könnten erste Schiffe ab Ende Januar 2025 die Carolabrücke passieren.
- Aktuell werden auf den verbleibenden Brückenzügen magnetische Streufeldmessungen durchgeführt, um die Standsicherheit zu ermitteln.
- Weil die ursprünglichen Abbruchkonzepte zu unsicher waren, muss nun eine neue Baustraße gebaut werden.
Wenn alles nach Plan läuft, könnten einzelne Schiffe mit Sondergenehmigung ab Ende Januar 2025 wieder die zum Teil eingestürzte Carolabrücke passieren. Dies sagte die leitende Bauingenieurin Grit Ernst am Donnerstag MDR SACHSEN bei einer Vor-Ort-Begehung. Um wieder eine sichere Fahrrinne herzustellen, die tief und breit genug für den Schiffverkehr ist, sei es zunächst notwendig, im Wasser liegende Brückenteile abzutransportieren.
Dafür wird aktuell direkt neben der Carolabrücke ein Damm aufgeschüttet. Er soll als provisorische Baustraße für Bagger dienen. Die Bagger sollen darauf an die herabgestürzten Brückenteile heranfahren, um diese dann abzubrechen und abzutransportieren. Im Anschluss soll die Baubrücke wieder zurückgebaut werden.
Bauingenieurin Grit Ernst arbeitet im Straßen- und Tiefbauamt der Stadt Dresden. Sie geht davon aus, dass ab Ende Januar wieder Schiffe die Carolabrücke passieren können - allerdings unter bestimmten Voraussetzungen und nur im Einzelfall.
Für alle Beteiligten eine Mammutaufgabe: "Normalerweise hat man für den Rückbau einer Spannbetonbrücke ein bis zwei Jahre Zeit, um den zu planen", sagt Bauingenieurin Grit Ernst. Sie arbeitet im Straßen- und Tiefbauamt der Stadt Dresden in der Abteilung Brücken und Ingenieurbauwerke und leitet den Bereich Planung und Bau.
Schifffahrt wenigstens für wichtige Durchfahrten ermöglichen
Ziel sei es zunächst, wichtigen Schiffen wieder zeitweise die Durchfahrt zu ermöglichen, sagte Ernst. Dies sei allerdings nur mit einer Sondergenehmigung zu festgelegten Tagen und Uhrzeiten möglich. Die Erlaubnis werde nur dann erteilt, wenn die Ergebnisse des Brückenmonitorings es zulassen würden. Solange die beiden anderen Brückenzüge nicht freigegeben oder abgerissen sind, wird es jedoch keinen regulären Schifffahrtsbetrieb geben, hieß es am Donnerstag.
Aktuell werden auf den noch verbliebenen Brückenteilen magnetische Streufeldmessungen durchgeführt.
Magnetische Streufeldmessungen auf der Brücke zur Standsicherheit
Wie standsicher die beiden noch stehenden Brückenzüge sind, wird derzeit von einem unabhängigen Büro geprüft. Zur Anwendung kommen dabei unter anderem magnetische Streufeldmessungen. Damit soll herausgefunden werden, ob die Stahleinlagen im Inneren der beiden Züge durchgebrochen sind. Allerdings: "Es sind Momentaufnahmen. Stellen Sie sich vor, das ist, als wenn Sie zum Kardiologen gehen oder zum TÜV - die Ergebnisse sagen aus, wie der Zustand zum Zeitpunkt der Prüfung ist", sagt Thomas Luther vom Ingenieurbüro Prof. Hillemeier und Knapp.
Einer Mitteilung der Stadt zufolge, sollen endgültige Ergebnisse bis Mitte Dezember vorliegen. Erst dann kann entschieden werden, ob wieder Schiffe unter der Brücke durchfahren können.
Was passiert aktuell an der Carolabrücke?
Zwei bis drei Meter wird der Damm unter Wasser auf einer Breite von zehn bis zwölf Metern aufgeschüttet. Oben werden dann die Bagger auf einer Breite von fünf bis sechs Metern auf der Baustraße fahren können. Geplant ist, bis Ende des Jahres die im Wasser liegenden Brückenteile auf der Altstädter Seite zu entfernen. Dann soll eine Fahrrinne von mindestens 30 Metern für die Schiffe geschaffen werden. Ideal wäre laut Bauingenieurin Ernst eine noch breitere Fahrrinne von bis zu 50 Metern.
Für die provisorische, 50 bis 60 Meter lange Baustraße werden laut Grit Ernst zwischen 5.000 und 7.000 Tonnen zertifizierte Wasserbausteine aus Granit in die Elbe eingebracht. Nach Abschluss der Abbrucharbeiten werde ein Teil der Steine in der Elbe verbleiben. Damit sollen durch die starke Strömung entstandene Löcher in der Fahrrinne repariert werden.
Die schräg in die Elbe ragenden Teile sollen ab Januar 2025 von der Neustädter Seiter her abgetragen werden.
Ausblick: Wann wird der Rest des eingestürzten Brückenteils beräumt?
Das große Ziel sei es, den gesamten beschädigten Brückenteil bis Ende März abzureißen und ihn bis April von Schutt beräumt zu haben. Die zwei Teile, die schräg in die Elbe ragen, werden nach dem Abbruch des im Wasser liegenden Abschnitts von der Neustädter Seite aus in Angriff genommen. Auch dort ist eine Baustraße nötig. Diese Arbeiten werden den Angaben nach jedoch erst im Januar 2025 beginnen, weil der Bereich bis dahin für die Verlegung der neuen Fernwärmeleitungen benötigt wird.
Wird der Winter die Bauarbeiten behindern?
"Wenn es keine Eisschollen gibt, kann man im Winter wunderbar abbrechen und Baustraße bauen. Da behindert uns eigentlich nichts", sagt Bauingenieurin Ernst. Auch Temperaturen im Bereich von vier bis fünf Grad wären kein Problem. "Von Dauerfrost oder riesigen Mengen Schmelzhochwasser aus dem Riesengebirge gehe ich jetzt mal in den nächsten Wochen nicht aus", so die Leiterin.
Zu Unsicher: Ursprüngliche Abbruchkonzepte funktionierten nicht
Ursprünglich sollten Teile der in die Elbe gestürzten Carolabrücke in die notwendig gewordenen Bauarbeiten einbezogen werden. Dabei handelte es sich um Brückenteile, die auf Altstädter Seite bereits abgebrochen waren. Doch aufgrund neuer Untersuchungsergebnisse musste das Abbruchkonzept angepasst werden.
Vor drei Wochen hatte die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass sich unter dem Brückenteil in der Elbe Auswaschungen gebildet haben. Zudem gehe man davon aus, dass es beim Absturz beschädigt wurde. Beides führe dazu, dass nicht mehr genug Stabilität für eine ursprünglich geplante Befahrung des Brückenteils vorhanden ist.
Das Abbruchkonzept musste zuvor bereits wegen hohen Wasserstandes auf Neustädter Seite angepasst werden. Anders als geplant mussten die Arbeiten von der Altstädter Seite aus - statt der Neustädter Seite - fortgesetzt werden.
Einer der drei Verkehrsstränge der Carolabrücke im September eingestürzt
Die Carolabrücke bestand aus drei Verkehrssträngen. Der westliche Zug C mit Straßenbahntrasse brach in der Nacht zum 11. September auf einer Länge von etwa 100 Metern ein. Als Ursache für den Einsturz gilt die Korrosion von Spanngliedern im Beton. Am Dienstag hat Verkehrsminister Martin Dulig angekündigt, 19 Brücken in Sachsen mit ähnlicher Bauart einer Sonderprüfung zu unterziehen. Dabei sollen neun Brücken priorisiert werden.
Arbeiten an der Dresdner Carolabrücke
MDR (kav)