Thüringen Eisenach: 100 Jahre kirchliches Haus Hainstein
Als Sanatorium errichtet, als kirchliche Ausbildungsstätte bekannt geworden: Haus Hainstein in Eisenach liegt gleich gegenüber der Wartburg. Das evangelische Tagungshotel feiert in diesen Jahren sein 100-jähriges Bestehen unter dem Dach der Kirche. Dass es dazu kam, daran hatte ein schwedischer Bischof entscheidenden Anteil. Auch daran wird jetzt in einer Festwoche erinnert.
Dass alle Berge rund um Eisenach "mit kirchlichen Häusern bestückt waren", darauf seien sie als Jugendliche immer stolz gewesen, erzählt der Eisenacher Superintendent Ralf-Peter Fuchs. "Das war zu DDR-Zeiten für uns sehr symbolträchtig."
Gemeint sind der Pflugensberg als Bischofssitz, das Johannes-Falk-Haus mit der Diakonenausbildung - und Haus Hainstein. Die Kirchenmusiker, die dort ausgebildet wurden, erzählt Fuchs, hätten immer sonntags in der Annenkirche gespielt. So habe Michael von Hitzenstern mit moderner Musik die Gottesdienste geprägt.
Der Wartburg ganz nah: Blick von der Hotelterrasse.
Konfessionelle Konkurrenz
Gebaut wurde das imposante Gebäude auf dem Berg gegenüber der Wartburg in den Jahren 1888 bis 1890 als Kuranstalt und Sanatorium. Nach dem ersten Weltkrieg wurde es zum Hotel.
Das größte Aktienpaket gehörte einer katholischen Familie, es gab Pläne, dort ein katholisches Zentrum einzurichten - gleich gegenüber der Burg, die mit der Heiligen Elisabeth verbunden war. Das wiederum rief die Lutheraner auf den Plan, die sich ihrerseits in Sichtweite der "Lutherburg" in Verantwortung sahen.
Der schwedische Bischof Nathan Söderblom hatte den Ankauf des Hainstein maßgeblich ermöglicht.
Während die deutschen Landeskirchen angesichts des hohen Preises zunächst zögerten, blieb der schwedische Erzbischof Nathan Söderblom hartnäckig und stellte eine namhafte Summe zur Verfügung.
Letztlich gelang es, gemeinsam den Kaufpreis aufzubringen - mit Hilfe der deutschen Landeskirchen und auch der Wartburgstiftung, die sich damals mehr Besucher für die Burg erhoffte. Am 1. November 1924 konstituierte sich die neue "Kuranstalt Hainstein Aktiengesellschaft".
Jugendhochschule nach schwedischem Vorbild
Zunächst wurde auf Haus Hainstein eine Jugendhochschule nach schwedischem Vorbild eingerichtet. Junge Männer unterschiedlichster Herkunft kamen aus ganz Deutschland zusammen zum gemeinsamen Studieren, Arbeiten und Leben. Viele von ihnen wurden später Pfarrer oder Kirchenmusiker.
Haus Hainstein von der Gartenseite aus auf einer historischen Aufnahme.
Das endete 1933 mit dem Nationalsozialismus, die Kurse wurden untersagt. Zu Kriegsbeginn wurden Evakuierte auf dem Hainstein untergebracht, später beschlagnahmte die Stadt die Gebäude für die Hitlerjugend.
Der Hainstein war für die Thüringer Landeskirche ein ganz wichtiger Punkt. Oberkirchenrat Stefan Große |
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Hainstein von einer AG zur GmbH und erneut zur kirchlichen Ausbildungsstätte: Im Katechetenseminar und in der Kirchenmusikschule mit Internat wurden hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgebildet.
"Generationen von Thüringer Kirchenmusikern, aber auch Kantorkatecheten gingen daraus hervor", sagt Oberkirchenrat Stefan Große, Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. "Der Hainstein war für die Thüringer Landeskirche ein ganz wichtiger Punkt." Fast 500 Frauen und Männer wurden dort bis 1997 ausgebildet.
Ausbildungsstätte und christliches Erholungsheim
Gleichzeitig war Haus Hainstein eine wichtige kirchliche Tagungsstätte, Treffpunkt für Ost und West. Die Landessynode der Thüringer Landeskirche tagte stets dort, dicht an dicht saß man im Luthersaal. Parallel dazu war es auch christliches Erholungsheim, sagt Große: "Das war in DDR-Zeiten sehr begehrt, weil sonst ja nur die FDGB-Heime existierten und das war für kirchliche Mitarbeiter jetzt nicht wirklich eine Alternative."
Historische Aufnahme vom Luthersaal in Schloss Hainstein
Extra-Kohle für die West-Heizung
Seit 100 Jahren hält die schwedische Kirche ihren Anteil an der Gesellschaft, vor 1990 "lebensrettend", sagt Große. Der Standort sei durchaus begehrt gewesen, aber mit der schwedischen Kirche habe sich der Staat damals nicht anlegen wollen.
So konnte der Hainstein in den 1980er-Jahren sogar eine Sonderbehandlung durchsetzen: Als sich die neue Heizung aus dem Westen nicht mit der Qualität der DDR-Braunkohle vertrug, bekam das kirchliche Haus vom Energiekombinat Erfurt besonders salzarme Kohle.
In der kleinen Kapelle finden bis heute Taufen und Trauungen statt.
Mittlerweile hat der Hainstein einige wichtige Funktionen verloren: die Ausbildung endete 1997, seit der Fusion zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) tagt die Landessynode nicht mehr dort. Die Kreissynode ist geblieben, dazu eine Reihe kirchlicher Tagungen.
Mit dem Ende des Internats konnte das Hotel seine Kapazität deutlich aufstocken auf 65 Zimmer mit 103 Betten. In der kleinen Kapelle finden nach wie vor Hochzeiten und Taufen statt. Für die EKM bleibe der Hainstein aufgrund seiner Geschichte wichtig, bekräftigt Finanzdezernent Stefan Große und verweist auf Investitionen in den vergangenen Jahren.
Ökumenisches Zentrum als Vision
Den kirchlichen Aspekt des Hauses wolle man profilieren und eine stärkere Verankerung in der Region erreichen, kündigt er an. Da einige westdeutsche Landeskirchen ihre Anteile abgeben wollen, sollen künftig auch Kirchenkreise in die Gesellschaft einsteigen können.
Das Haus verfügt über zahlreiche Tagungsräume, die im Anbau rechts zu sehen sind.
Der Eisenacher Superintendent Ralf-Peter Fuchs hat eine eigene Zukunftsvision für das Haus vor Augen. Er könnte sich ein ökumenisches Zentrum vorstellen, gemeinsam getragen von evangelischer und katholischer Kirche - gegenüber der Burg von Martin Luther und der Heiligen Elisabeth.
Mit einem Festgottesdienst mit Landesbischof Friedrich Kramer in der Eisenacher Georgenkirche beginnt am 27. Oktober die Festwoche. Zum Programm gehört eine Tagung mit Führungen und Vorträgen zur Geschichte des Hauses, zur Verbindung zur schwedischen Kirche und zur Vergangenheit als kirchliche Ausbildungsstätte. Die Vorträge sind öffentlich. Aus Schweden ist ein Chor angereist, der am Reformationstag ein Konzert im Rahmen des Eisenacher Bachfestes in der Georgenkirche gestalten wird.
MDR (rub/cfr/dvs)