Thüringen Förderprogramme in Thüringen: Was funktioniert und was nicht
In Thüringen bleibt viel Geld aus Förderprogrammen liegen. Experten plädieren für weniger Bürokratie und klarere Förderziele, um Invesititonen zu erleichtern. Welche Förderungen bereits funktionieren und welche nicht, hat MDR THÜRINGEN-Reporter Florian Girwert recherchiert.
Sie kennen bestimmt die Schilder neben Baustellen, auf denen steht: Gefördert von der Europäischen Union oder vom Land Thüringen. Klingt gut - ich kriege vom Staat was dazu, dann wird die Investition leichter oder überhaupt erst möglich.
Tatsächlich aber bleibt bei manchen Programmen einfach Geld liegen. Das liegt manchmal daran, dass Investitionen gerade einfach nicht so häufig stattfinden wie in den vergangenen Jahren - manchmal aber auch daran, dass die Förderung nicht geeignet ist. Was gefragt ist und was nicht - und was sich nach Meinung von Experten ändern müsste, dazu geben wir Antworten.
Wofür gibt es Fördermittel?
Das legt letztlich der Gesetzgeber fest. Das Land Thüringen legt eigene Programme auf, zum Beispiel so etwas wie den Meisterbonus, der die Handwerksausbildung fördern soll. Die EU hat Programme, um wirtschaftsschwache Regionen zu fördern, die Bundesregierung auch. Das kann die reine Ansiedlung sein, die gefördert wird. Oder eine Betriebserweiterung. Oder die Erschließung eines Gewerbegebietes.
Der Staat möchte über diese Förderung oft bestimmte Anreize setzen. Entweder, wie beim Meisterbonus, die Weiterbildung seiner Fachkräfte - und einhergehend die Gründung eigener Unternehmen durch diese Fachkräfte. Oft geht es um möglichst gute wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt oder Region, zuletzt auch oft um Energie-Einsparung.
Wie funktioniert Förderung?
In Thüringen läuft ein Großteil all dieser Programme über die Thüringer Aufbaubank. Grob gezeichnet wird ein Antrag auf Förderung oder auch verbilligte Kredite gestellt und bewilligt. Manchmal wird nach Qualität der Anträge ausgewählt, bei einheitlichen Kriterien oft einfach nach Eingang der Anträge, bis ein Fördertopf ausgeschöpft ist. Anschließend beginnt die Investition.
Mitunter wird die Förderung erst dann ausgezahlt, wenn das Projekt abgeschlossen ist. Am Ende prüft dann die Aufbaubank, ob die Kriterien der Förderung erfüllt worden sind und die Abrechnungen korrekt sind. Häufig bedeutet das auch, dass Projekte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein müssen - oft zum Jahresende. Sonst verfällt die Zusage für Fördergeld mitunter.
Die Thüringer Aufbaubank in Erfurt. (Archivbild)
Welche Programme sind erfolgreich?
Zum Beispiel die "Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW). Das fördern Bund und Land zusammen - und es wird seit Jahrzehnten dafür genutzt, Regionen mit vergleichsweise schwacher Wirtschaftsleistung so zu unterstützen, dass die Wirtschaftskraft steigt. Firmen sollen angeregt werden, sich zu erweitern oder neu anzusiedeln.
100 Millionen Euro für Thüringen in diesem Jahr sind ausgeschöpft. Viel davon fließt auch in touristische Projekte von Gemeinden oder Städten - wie etwa der Neubau einer Tourist-Information in Steinbach-Hallenberg.
Gut läuft auch der sogenannte Digitalbonus. Damit werden Firmen unterstützt, die neue Technik anschaffen, um zum Beispiel ihre Produktion effektiver zu machen. Drei Millionen Euro für dieses Jahr sind fast ausgeschöpft.
Nach Auskunft der Thüringer Aufbaubank rechnet man in den meisten Förderprogrammen zum Ende des Jahres aus Erfahrung noch mit steigender Nachfrage - und beim Digitalbonus mit einem Ausschöpfen des Fördertopfs. Unter anderem dieses Projekt lobt die Erfurter Industrie- und Handelskammer ausdrücklich. Es sei verbunden mit vergleichsweise unbürokratischen Anträgen und Nachweispflichten, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Haase-Lerch.
Zudem würden Investitionen erleichtert, mit denen sich Unternehmen derzeit ohnehin beschäftigen würden. "Die Einführung der E-Rechnung oder verstärkte IT-Sicherheit bewegen gerade viele Unternehmen." Das Programm helfe vielen Unternehmen und könnte nach dem Willen der IHK auch deutlich aufgestockt werden.
Die Handwerkskammer lobt unter anderem die Meistergründungsprämie. Auch hier das Antragsverfahren einfach, während die Prämie bei Gründung oder Übernahme eines Handwerksbetriebs helfe.
Beliebt seien auch besonders kleine Kredite, sogenannte Mikrodarlehen. Auch größere geförderte Kredite mit ermäßigtem Zinssatz würden von Unternehmen als gut bewertet. Auch über den Europäischen Sozialfonds geförderte Beratungen der Kammern bei größeren Veränderungen wie Gründungen oder Investitionen würden vielen Unternehmern helfen.
Gerade bei EU-Förderprogrammen wird oft zu viel Bürokratie beklagt. (Symbolbild)
Welche Programme funktionieren nicht gut?
Zum Beispiel das Programm Green Invest Ress. Wobei das abgekürzte letzte Wort für Ressourcenschonung steht. Da liegen bei der Thüringer Aufbaubank in diesem Jahr mehr als fünf Millionen Euro bereit. Die Fördersätze liegen bei bis zu 60 Prozent und sind bis zu mehreren hunderttausend Euro je Betrieb möglich. Aber kaum eine Million Euro Zuschüsse hat die Förderbank bewilligt, offenbar wollen das kaum Betriebe haben.
Aufwand und Förderung stehen hier nicht in einem angemessenen Verhältnis. IHK |
Die IHK Erfurt sagt: Zu kompliziert, zu bürokratisch - besonders für kleine Unternehmen, wo der Chef viel selber macht. Und solche kleinen Unternehmen gibt es in Thüringen besonders häufig. Die Komplexität sei nicht unbedingt die Schuld der Aufbaubank, sondern bei Fördermitteln, die aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) kommen, häufig so. Davon könnten auch Kommunen ein Lied singen, so Haase-Lerch.
Den Existenzgründerpass kritisieren sowohl IHK als auch Handwerkskammer. Hier sind bis zu 2.200 Euro Förderung für Beratung, Seminare oder auch vorübergehende Büro-Arbeitsplätze möglich. Die Handwerkskammer schreibt: "Aufwand und Förderung stehen hier nicht in einem angemessenen Verhältnis."
Für IHK-Chefin Cornelia Haase-Lerch liegt auch das daran, dass der Pass teilweise aus EU-Mitteln bezahlt wird. Man hoffe, das sei bald wieder aus Landesmitteln möglich - dann könne das Verfahren einfacher und attraktiver werden.
Zum Aufklappen: Die drei großen europäischen Fonds
Die drei großen Fonds sind der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Alle werden, damit überhaupt eine Förderung zustande kommt, mit nationalen Kofinanzierungsmitteln ergänzt.
Die IHK setzte sich auch bei der künftigen Landesregierung dafür ein, dass die Förderung stärker strategisch ausgerichtet wird. Die Landesregierung müsse klarer benennen, was sie fördern will. Zudem müssten etliche Programme, wie etwa Green Invest Ress, einfacher gestaltet werden.
"Denn die Idee dahinter ist durchaus richtig", so Haase-Lerch. Rohstoffe seien teuer, Energie auch - mehr Effizienz sei wünschenswert. Manche Programme machten aber zu detaillierte Vorgaben. Das sei auch ein Trend, dass Wirtschaftsförderprogramme früher häufig allgemein gehalten seien - und es heute stärkere inhaltliche Vorgaben gebe. Auch die Handwerkskammer wünscht sich, dass das künftig wieder anders wird.
Wie gefragt ist Förderung insgesamt und welche Rückschlüsse sind daraus möglich?
Die Aufbaubank selbst sagt, die Nachfrage für touristische Vorhaben sei stärker als in den Jahren zuvor. Bei der Industrie sieht es anders aus, da ist sie verhaltener. Wobei das immer noch mit Vorsicht zu genießen ist - denn das Jahr ist noch nicht zu Ende. Und die Aufbaubank sagt auch, dass erfahrungsgemäß zum Jahresende nochmal mehr Förder-Anträge gestellt werden.
Nach einer aktuelle Umfrage der IHK Erfurt wollen fast zwei Drittel der Firmen weniger oder nichts mehr investieren. Da helfen im Zweifel auch keine Fördermittel, sagt die IHK.
Aber Haase-Lecher sagt auch: Es ist wichtig, dass noch vor Jahresende Haushalte für den Bund und Thüringen beschlossen werden. Sonst könnten zu Jahresbeginn Förderanträge liegen bleiben. "Und dann gibt es mehr Stillstand als ohnehin schon."
MDR (flog/cfr)