Brief an die "Haaretz" Israelischer Minister droht liberaler Zeitung
"Haaretz" gilt als säkulare, kritische Stimme in der Medienlandschaft Israels. Nicht allen in der Regierung gefällt die Berichterstattung. Der Kommunikationsminister bereitet Strafmaßnahmen gegen die Zeitung vor.
Die israelische Regierungskoalition ist verärgert über "Haaretz" und bereitet Maßnahmen gegen die liberale Zeitung vor. "Haaretz" berichtet, dass Kommunikationsminister Shlomo Karhi einen Maßnahmenkatalog vorgelegt hat, der unter anderem alle Zahlungen staatlicher Stellen an das Blatt verbieten würde - etwa Gelder für Anzeigen oder für Bekanntmachungen der Regierung.
Karhi, der Mitglied der Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanyahu ist, warf der Zeitung vor, als "Sprachrohr für die Feinde" des Landes zu agieren. Die Zeitung zitiert aus einem Brief des Ministers an "Haaretz". Darin heiße es weiter, die Zeitung betreibe Desinformation und zersetzende Propaganda, um die Kriegsziele Israels zu unterminieren.
Staatliche Abonnements könnten wegfallen
Karhis Maßnahmenkatalog umfasst den "Haaretz"-Angaben zufolge auch die Kündigung aller Abonnements, die an staatliche Stellen oder deren Mitarbeiter gehen. Dazu gehören demnach die Armee, Ministerien, die Polizei und Gefängnisse sowie sämtliche staatliche Unternehmen. Karhis Papier liege zur Entscheidung bei Kabinettssekretär Yossi Fuchs, eine juristische Bewertung stehe noch aus, heißt es weiter.
Karhi drohte dem Blatt außerdem indirekt mit dem Kriegsrecht: "Es könnte sein, dass einige Veröffentlichungen der Zeitung sogar die Grenzen des Erlaubten überschreiten, die laut Strafgesetzbuch in Kriegszeiten gelten."
"Zeit, 'Haaretz' zu lesen"
Zeitungsherausgeber Amos Schocken äußerte sich kämpferisch: "Wenn die Regierung 'Haaretz' schließen will, ist es Zeit, 'Haaretz' zu lesen."
Journalistengewerkschaft ist entrüstet
Die israelische Journalistengewerkschaft UJI verurteilte den Schritt als "populistischen Vorstoß ohne Sinn und Logik", der sich gegen "verantwortungsbewusste Journalisten richtet, die Tag und Nacht arbeiten, um unabhängig über den Krieg zu berichten". Man sei sicher, dass die "Haaretz"-Redaktion "ihre wichtige Arbeit zum Wohle Israels fortsetzen und sich nicht von den dummen, leeren Drohungen einschüchtern lässt", so die UJI weiter.
Die liberale "Haaretz" erscheint seit 1919 auf Hebräisch, seit 1997 gibt es auch eine englische Ausgabe. Sie gilt als säkulare, kritische Instanz des Landes und setzt sich für eine klare Trennung von Staat und Religion ein.