Ex-Präsident Südafrikas Polarisierer Zuma von Parlamentswahl ausgeschlossen
Das südafrikanische Verfassungsgericht hat den 82-jährigen Ex-Präsidenten Zuma von der Parlamentswahl kommende Woche ausgeschlossen. Die Sorge vor Unruhen ist groß - seine Anhänger drohen mit Gewalt.
Fernsehsender übertragen live, vor dem Verfassungsgericht haben sich Zuma-Fans versammelt, das öffentliche Interesse ist riesengroß. Kein Wunder, schließlich hatte der "Constitutional Court", das oberste Gericht Südafrikas, über einen äußerst brisanten juristischen Streit zu entscheiden.
Weitreichende Entscheidung des Gerichts
Bei dem Verfahren ging es nämlich nicht nur um die politische Zukunft eines 82-Jährigen. Sondern um die Frage, ob die Vorgaben der Staatsverfassung bei der Parlamentswahl in der kommenden Woche für alle Kandidaten gleichermaßen gelten - und damit um die Glaubwürdigkeit und die Legitimation dieser Wahl insgesamt.
Denn die Richter hatten darüber zu befinden, ob sich der ehemalige Staatspräsident Jacob Zuma trotz seiner Vorstrafe um einen Sitz im Parlament bewerben darf.
Anhänger von Jacob Zuma protestieren vor dem Verfassungsgericht in Südafrika.
Zuma war vorbestraft
Klingt wie eine rechtliche Spitzfindigkeit, ist es aber nicht. Wer zu einem Jahr Gefängnis oder mehr verurteilt wurde, darf nach dem Ablauf seiner Strafe fünf Jahre lang nicht kandidieren - so steht es in der südafrikanischen Verfassung.
Genau das trifft nach Ansicht der zuständigen Wahlkommission des Landes auf Jacob Zuma zu. Denn der war im Sommer 2021 als erstes Ex-Staatsoberhaupt in der Geschichte Südafrikas für 15 Monate ins Gefängnis geschickt worden, weil er sich geweigert hatte, vor Gericht zur grassierenden Korruption während seiner Amtszeit auszusagen.
Zuma hat Staatsunternehmen ausgebeutet
Laut einem unabhängigen Untersuchungsbericht hatte sich Zuma in seiner Regierungszeit von 2009 bis 2018 gemeinsam mit Komplizen in Politik und Wirtschaft das Land regelrecht unter den Nagel gerissen und Staatsunternehmen wie den Stromversorger Eskom oder den Bahnkonzern Transnet systematisch ausgeplündert.
Allerdings kam Zuma schon nach drei Monaten hinter Gittern aus gesundheitlichen Gründen wieder auf freien Fuß. Der Rest seiner Strafe wurde ihm vom amtierenden Präsidenten Cyril Ramaphosa erlassen. Zuma hatte deshalb argumentiert, dass damit auch die Verurteilung zu 15 Monaten hinfällig sei und seiner Kandidatur nichts mehr im Wege stehe.
Außerdem sei er nicht wegen eines Verbrechens bestraft worden, sondern "nur" wegen Missachtung gerichtlicher Anordnungen. Und: Ob er bei der Wahl antreten dürfe, sollte nicht von einem Gericht entschieden werden, sondern später vom neugewählten Parlament.
Das oberste Gericht Südafrikas sieht das aber ganz anders. Urteil ist Urteil, daran kann auch ein Straferlass nichts ändern, so haben die obersten Richter des Landes in letzter Instanz entschieden.
Wahlzettel schon gedruckt
Nach Ansicht von Rechtsexperten hat das Verfahren die Verfassungsrichter so kurz vor der Parlamentswahl in eine schwierige Lage gebracht. Denn natürlich zieht die juristische Entscheidung auch schwerwiegende politische Konsequenzen nach sich.
Ohne ihr Zugpferd Jacob Zuma als Spitzenkandidat könnte es die MK-Partei schließlich sehr viel schwerer haben, dem ANC am Wahltag Stimmen abzujagen - obwohl Zumas Name und sein Gesicht bei der Wahl trotz allem auf den Stimmzetteln stehen. Denn die sind schon gedruckt und können so kurz vor der Wahl nicht mehr ausgetauscht werden.
Anhänger von Zuma drohen mit Gewalt
In einem gemeinsamen Appell rufen 40 Nichtregierungsorganisationen alle Beteiligten dazu auf, die Entscheidung des höchsten Gerichtshofs des Landes zu respektieren. Die Sorge ist groß, dass sich die Unruhen von 2021 wiederholen. Kurz nach dem Urteil gegen Jacob Zuma waren damals bei Krawallen mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Anhänger des Ex-Präsidenten hatten zuletzt offen mit neuer Gewalt gedroht, sollte Zuma von der Parlamentswahl ausgeschlossen werden.
Zuma polarisiert das Land
Zuma polarisiert Südafrika wie kein anderer Politiker. Seitdem er angekündigt hat, an der Spitze der neu gegründeten MK-Partei in die anstehende Parlamentswahl zu ziehen, gilt das erst recht. Noch am Samstag hatte sich Zuma bei einer Wahlkampfveranstaltung zuversichtlich gezeigt und als Ziel eine Zwei-Drittel-Mehrheit ausgegeben.
Davon ist MK allerdings laut aktuellen Umfragen weit entfernt. Allerdings hat der ehemalige ANC-Chef und Staatspräsident nach wie vor viele Anhänger, vor allem in der Volksgruppe der Zulu, der er selbst angehört - allen Korruptionsvorwürfen zum Trotz.
Zumas Ex-Partei stellte sich gegen ihn
Der regierende Afrikanische Nationalkongress ANC hatte mehrfach vergeblich versucht, seinen ehemaligen Vorsitzenden mit juristischen Mitteln zu stoppen. Unter anderem wollte der ANC der neuen Zuma-Partei den Namen verbieten. MK steht für "Umkhonto we Sizwe", übersetzt: "Speer der Nation". So hieß zu Zeiten des Apartheidregimes der bewaffnete Arm des ANC. Diese Klage wurde abgewiesen, genauso wie die Forderung MK nicht zur Parlamentswahl zuzulassen.
Immer mehr Vorwürfe aufgetaucht
Seit Wochen werden immer neue Vorwürfe gegen die Zuma-Partei laut. Unter anderem soll sich MK die Registrierung als politische Partei mit gefälschten Unterschriften erschlichen haben. Ärger gibt es auch mit MK-Gründer Jabulani Khumalo, der angeblich auf Betreiben Zumas aus der Partei ausgeschlossen wurde und jetzt behauptet, sein entsprechendes Rücktrittsschreiben sei ausgerechnet von Zumas Tochter gefälscht worden.
Auch nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts, dass Zuma bei der Parlamentswahl in Südafrika nicht antreten darf, wird der umstrittene Ex-Präsident mit seiner neuen Partei also weiter für politische Turbulenzen sorgen.