Nach Putschversuch in Bolivien Präsident Arce weist Verschwörungsvorwurf zurück
War der Putschversuch in Bolivien nur inszeniert? Festgenommene Militärs behaupten, sie hätten auf Anweisung des Präsidenten gehandelt - und viele im Land trauen Arce einen Schwindel zu. Die Regierung weist den Vorwurf zurück.
Boliviens Präsident Luis Arce hat den Vorwurf zurückgewiesen, er habe den Putschversuch selbst inszeniert. "Ich bin kein Politiker, der seine Popularität durch das Blut des Volkes gewinnen will", sagte Arce bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Umsturzversuch. Die Putschisten hätten auf eigene Faust gehandelt.
Deren Anführer, General Juan José Zúñiga, hatte die Spekulationen über eine Verschwörung kurz vor seiner Verhaftung angefacht, indem er ohne Beweise behauptete, Arce habe ihn angewiesen, den Putschversuch zu unternehmen, um von Problemen abzulenken und die eigene Popularität zu steigern. Oppositionelle Senatoren und Regierungskritiker übernahmen die Erzählung. Auch auf den Straßen gibt es viele Bolivianerinnen und Bolivianer, die einen ausgefeilten Schwindel Arces nicht ausschließen.
Beobachter sagen, der Zuspruch im Zuge der Vorgänge vom Mittwoch liefere dem Präsidenten eine willkommene Auszeit von der politischen Rivalität mit seinem früheren Verbündeten, dem Ex-Präsidenten Evo Morales, der damit gedroht hat, Arce bei den Vorwahlen der regierenden Sozialisten im kommenden Jahr herauszufordern.
Festgenommenen Militärs drohen lange Haftstrafen
Insgesamt wurden nach dem Putschversuch 17 Militärs festgenommen. Unter ihnen ist neben Zúñiga auch Marinechef Juan Arnez Salvador. Den beiden Männern drohen nach Angaben der Staatsanwaltschaft bis zu 20 Jahre Haft wegen Terrorismus und bewaffnetem Aufruhr.
Boliviens Innenminister Eduardo del Castillo kündigte an, die Verantwortlichen zu verfolgen: "Wir werden dieses antidemokratische Netzwerk stoppen, wir werden nicht ruhen, bis alle Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Es ist an der Zeit, die Putschisten von der Straße zu holen und sie hinter Gitter zu bringen."
Panzer vor Präsidentenpalast
Von General Zúñiga angeführte Einheiten waren mit mehreren Panzern am Mittwochnachmittag auf den Präsidentenpalast vorgerückt. Sie versuchten gewaltsam in das Gebäude einzudringen. Zúñiga sagte, das Militär wolle die Demokratie "umstrukturieren", um sie zu einer "echten Demokratie" zu machen. Nach rund fünf Stunden zogen sich die Soldaten schließlich zurück.
Danach enthob Arce Zúñiga seines Amtes und tauschte die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen aus der Innenstadt des Regierungssitzes La Paz an.
Demonstranten unterstützen Regierung
In La Paz und an anderen Orten des Landes versammelten sich derweil Unterstützer von Präsident Luis Arce. Demonstranten hielten Schilder hoch, auf denen sie für die Demokratie plädierten und den inzwischen abgesetzten Armeechef Zúñiga verurteilten. "Wir werden nicht zulassen, dass die Demokratie angegriffen wird", sagte die Bürgermeisterin von El Alto, Eva Copa. In der Industriestadt auf 4.100 Meter Höhe hat die Regierung unter den Arbeitern und Indigenen zahlreiche Anhänger.