Folge der kanadischen Waldbrände New York in unheimlich gelblichem Rauch
In New York wird wieder vermehrt Maske getragen. Mit einem kursierenden Virus hat das aber diesmal nichts zu tun: Durch die kanadischen Waldbrände zog Rauch bis in die US-amerikanische Metropole - und sorgt dort für Unbehagen.
Ein scharfer Brandgeruch. Ein gelblich-grauer Himmel wie vor einem bevorstehenden Gewitter. Über der Millionenmetropole liegt seit Dienstagabend allgemeines Unbehagen. "Das roch so, als ob meine Nachbarn ein Lagerfeuer machen würden", sagt eine New Yorkerin. "Es fühlte sich unheimlich an." Eine andere sagt, es reize sogar ihre Augen. Sie versuche, nicht durch den Mund zu atmen.
Wer sie geöffnet hat, schließt die Fenster. Wer kann, läuft nicht viel im Freien herum. Schulen haben ihren Sportunterricht nach drinnen verlagert. Die sonst so lebendigen Wiesen im Central Park bleiben recht leer.
New Yorks Gesundheitskommissar Ashwin Vasan appelliert an alle New Yorker, ihre Außenaktivitäten einzuschränken. "Bleibt drinnen, wenn Ihr könnt", sagt er. "Aber wenn ihr raus müsst oder wollt: Tragt eine Maske."
"Wir konnten es sehen, riechen, fühlen"
Enttäuschte Touristen auf den Aussichtsplattformen: Der gelbliche Schleier vermasselt ihnen die legendäre Sicht auf die Hochhäuser von Big Apple. Auch unten sei die Sicht vernebelt, sagt Jeff, ein Tourist aus Ohio. "Wir sind gerade von einer Rundfahrt um Ellis Island zurück und konnten die Freiheitsstatue nur schwer erkennen. Aber ich bin trotzdem lieber hier als dort, wo die Waldbrände sind."
Wetter-Apps warnen. Mit einem gemessenen Luftqualitätswert von mehr als 200 führte New York zeitweise weltweit die Städte mit der verdrecktesten Luft an. Als befriedigend gilt ein Wert, der halb so hoch ist. Diese Erfahrung sei beispiellos, erklärte Bürgermeister Eric Adams. "Von der Finsternis des Yankee Stadiums bis zur dunstverhangenen Skyline: Wir konnten es sehen, riechen, fühlen", sagte er.
Fußgänger laufen über eine Kreuzung im vernebelten Manhattan.
Adams: Erstes, aber nicht letztes Mal
Es sei vielleicht das erste Mal, dass man so etwas von diesem Ausmaß erlebe. "Aber lasst uns klar sagen: Es ist nicht das letzte Mal. Der Klimawandel hat diese Entwicklung verstärkt begünstigt. Wir müssen weiterhin den Schadstoffausstoß verringern und die Luftqualität verbessern", so Adams weiter.
New York müsse Vorsichtsmaßnahmen einleiten. Das sagt auch New Yorks Kommissar für Notfall-Management, Zach Iscol. Die Waldbrandsaison in Kanada habe in diesem Jahr sehr früh begonnen. "Die Zahl der Feuer ist höher als sonst, ihr Ausmaß größer. All das zusammengenommen, macht klar: Solche Ereignisse wird es jetzt öfter geben."
Trudeau erwartet "besonders heftige Waldbrandsaison"
Entlang der ganzen Ostküste haben Millionen Menschen den Rauchgeruch in der Nase. In der Hauptstadt Washington konnten Einwohner kaum das andere Flussufer des Potomac erkennen. Und erst recht in Kanadas Metropolen Ottawa und Toronto warnten Behörden die Einwohner vor schlechter Luft. Bereits seit Wochen wüten in Kanadas Westen und Nordosten Hunderte Waldbrände. Zehntausende Menschen mussten aus ihren Häusern und Orten vor den Flammen fliehen.
"Die Modellrechnungen der kanadischen Regierung zeigen, dass es in diesem Sommer eine besonders heftige Waldbrandsaison geben könnte", warnte Kanadas Premierminister Justin Trudeau diese Woche. Vorzeichen dafür seien unter anderem die anhaltende Dürre sowie Prognosen für längere Warmwetterperioden. Jahr für Jahr komme es aufgrund des Klimawandels zu immer heftigeren Waldbränden, so Trudeau. "Und sie beginnen, sich an Orten zu ereignen, an denen das normalerweise nicht der Fall ist."
Kanada werde zahlreiche zusätzliche Feuerwehrleute im ganzen Land ausbilden. Trudeau sicherte den Zehntausenden evakuierten Menschen aus den Brandgebieten Hilfe zu. Sie hätten teils nur Minuten zum Packen ihrer wichtigsten Gegenstände gehabt, bevor sie ihr Zuhause verlassen mussten. Der Premier sprach vielen aus der Seele: "Das sind beängstigende Zeiten für viele Menschen." Und zwar im ganzen Land.