
Münchner Sicherheitskonferenz Chinas Charmeoffensive - was steckt dahinter?
China konnte bei der Münchner Sicherheitskonferenz diplomatisch punkten, meinen Beobachter. Ein Kontrast zum Verhalten der USA. War das eine reine Charmeoffensive - oder könnte Konkretes daraus folgen?
Zwei Jahre ist es her, da präsentierte Chinas Top-Diplomat Wang Yi bei der Sicherheitskonferenz einen Plan zum Ukraine-Krieg, der als vermeintlicher Friedensplan interpretiert wurde. Auf Wangs Plan folgte aber nichts Konkretes zum in Europa erhofften Stopp des Blutvergießens.
Auch dieses Jahr sprach der chinesische Außenminister in München. Und der Chef der Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, gab die Hoffnung nicht auf. Ob China nicht Druck aufbauen könne, indem es weniger russisches Öl kaufe, fragte er Wang. Die Antwort des Außenministers war sehr klar: "Wenn wir kein Öl von Russland kaufen würden, wer kann uns dann soviel Öl verkaufen, dass wir unsere Menschen mit Öl versorgen können? Wir haben Verantwortung unserem Volk gegenüber."
"Das Beste daraus gemacht - ein freundliches Gesicht"
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat Wangs Auftritt beobachtet: "Wang Yi hat natürlich die Ablehnung im Saal gespürt. Er weiß auch von Deutschland, der Rede von US-Vizepräsident JD Vance, und er hat das Beste daraus gemacht - ein freundliches Gesicht."
Das anscheinend ankam. Die Zeitung South China Morning Post berichtete aus München, dass die ukrainische Delegation auf Chinas Einfluss als Russlands wichtigstem Verbündeten setze.
"Jetzt verstehen wir das alles viel besser"
Für die Volksrepublik ist die Ukraine wirtschaftlich interessant: als große Quelle für landwirtschaftliche Produkte und als Abnehmer von Technologie, unter anderem von Drohnentechnologie. "Man darf nicht vergessen, dass chinesische Firmen an Kunden in vielen Ländern liefern", sagte Xu Qinduo, Moderator des chinesischen Auslandsfernsehens CGTN in München. "Wer kann da schon kontrollieren, wo die Technologie am Ende angewandt wird? Möglicherweise von den Russen, aber auch von den Ukrainern."
Nach Ansicht Xus ist die Sicherheitskonferenz auch diplomatisch ein Erfolg: "Ich glaube, dass die chinesische Regierung für europäische Sicherheitsfragen jetzt sensibler ist und sie besser versteht. Zu Beginn des Konflikts in der Ukraine konnte das bei uns kaum einer nachvollziehen: Europa ist doch so groß, warum haben die Angst vor Russland? Jetzt verstehen wir das alles viel besser."
Aggressive US-Rhetorik ein Vorteil für China?
Laut South China Morning Post hat Außenminister Wang der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas versichert, dass sein Land "eine wichtige europäische Rolle in Friedensverhandlungen" unterstütze. Im Gegensatz dazu kamen während der Sicherheitskonferenz Signale aus den USA, dass Europa eher keinen Platz am Verhandlungstisch bekommen werde. Also Vorteil Volksrepublik - Erfolg für die Charme-Offensive?
Die chinesischen Teilnehmer jedenfalls hätten ihr Glück über Münchner Angriffe von US-Vizepräsident Vance auf die europäischen Demokratien kaum fassen können, schätzt Mikko Huotari, Direktor des auf China spezialisierten Thinktanks Merics aus Berlin:
Diplomatisch hat Peking hier sehr viel richtig gemacht. Es ist bemerkenswert, mit wie wenig China viel erreichen könnte. Da haben sie Dinge signalisiert wie: Wir mischen uns nicht ein in eure Wahlen. Das ist schon mal ein Kontrast zu den USA. Wir wollen bessere Handelsbeziehungen mit den Spaniern, mit den Deutschen. Das ist wichtig. Aber gleichzeitig ist richtig: Strukturell hat sich in der Sache ja nichts geändert.
Ob Taten folgen, bleibt unklar
Das heißt: Ob Peking tatsächlich je im Sinne der Europäer friedensstiftend in den Ukraine-Krieg eingreifen würde, ist nach wie vor nicht abzusehen. Auf Ankündigungen aus Peking folgte bisher noch nie etwas Konkretes.
Ebenso unklar ist, ob China auf die EU zugeht, um Sanktionen gegen Dumpingpreise bei in China gebauten E-Autos vom Tisch zu kriegen. Das sind Streitpunkte zwischen Brüssel und Peking. Mit Nachbarn wie den Philippinen streitet Peking zudem um die Rechte im südchinesischen Meer - Peking reklamiert immer mehr an dem für den internationalen Handel wichtigen Gewässer. Hier blieb die chinesische Delegationsteilnehmerin Fu Ying - einst stellvertretende Außenministerin - in München bei einer harten Linie.
Der globale Süden und China
Die Sicherheitskonferenz deutete aber auch an, in welche Richtung China künftig blickt: Nach Süden. Beispiel: Aminata Touré, ehemals Premierministerin des Senegal. Für sie sind die Chinesen Vorbild: "Wir wollen genau das machen, was sie getan haben, denn sie waren vor nicht allzu langer Zeit sehr arm", so Touré. China habe eine Milliarde Menschen aus der Armut befreit - "so schnell wollen wir das in Afrika auch schaffen".
Ziel sei auch, den afrikanischen Kontinent zu industrialisieren. "Das ist unsere Botschaft an China: Es kann nicht sein, dass ihr mit unseren Rohstoffen arbeitet. Sondern wir wollen, dass ihr mit uns an der Industrialisierung arbeitet. Wir wollen nicht, dass es wieder so läuft wie mit Europa: Ihr kommt, nehmt unsere Rohstoffe und geht", so die Politikerin.
Dass aber genau das bei afrikanischen Projekten der Chinesen immer wieder passiert ist, beeindruckt die Politikerin aus dem Senegal nicht. Heute regiere eine neue, selbstbewusste Generation von Politikern die afrikanischen Länder. Die wisse, wie wichtig afrikanische Rohstoffe auch für China seien.
Die Rolle der neuen chinesischen KI-Modelle
Wird also China die Lücke füllen, wenn die Trump-Regierung die amerikanische Entwicklungshilfe einstellt? "Wir haben ein anderes politisches System, von dessen Funktionieren wir die Welt erstmal überzeugen müssen", sagte in München Professor Yao Yang von der renommierten Peking-Universität. "Momentan schützen wir unsere eigenen Interessen." Doch Wang Huiyao, Präsident des regierungsnahen Thinktanks Center for China and Globalization, ist überzeugt: "Mit unseren neuen KI-Modellen wie Deepseek erreichen wir die Menschen im globalen Süden."
Mikko Huotari von Merics aus Berlin glaubt das auch: "In diesen KI-Modellen ist die chinesische Regierungssicht eingebaut. Deshalb ist sie für die G7-Staaten unattraktiv. Aber im globalen Süden zählt eher, dass chinesische KI kostenlos und für alle offen verfügbar ist, während die Amerikaner nur wenige Länder beteiligen wollen. Deshalb wird China hier erfolgreich sein."