Diskussionen über Waffenruhe Israels Dilemma
Der Druck auf Israels Regierung ist groß, die Waffenpause mit der Hamas zu verlängern. Doch je länger diese währt, umso schwieriger wird es, den Krieg danach fortzusetzen. Und von dem Plan rückt Premier Netanyahu nicht ab.
Es sind Stunden, die darüber entscheiden, ob im Gazastreifen die Waffenruhe ausgeweitet oder doch der Krieg fortgesetzt wird. Und die darüber entscheiden, ob noch weitere israelische und ausländische Geiseln aus ihrer mehr als siebenwöchigen Gefangenschaft freikommen.
Fieberhaft wird hinter den Kulissen verhandelt. In Doha, in Katar, haben sich CIA-Direktor William Burns, der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, und Katars Ministerpräsident Abdulrahman Al Thani getroffen, um die Feuerpause noch einmal zu verlängern.
In Brüssel äußerte sich dazu US-Außenminister Antony Blinken, der morgen in Israel erwartet wird. "Wir wollen die Feuerpause gerne ausweiten", sagte er, und dass sie schon einiges erreicht hätten: "Wir haben Geiseln freibekommen. Sie sind nach Hause gekommen, haben sich mit ihren Familien wiedervereint. Und wir haben den Menschen in Gaza ermöglicht, an Hilfsgüter zu kommen. Das alles wollen wir." Er denke, dass Israel dies auch wolle.
Wiederaufnahme des Krieges wird schwieriger
Für Israels Regierung ist es ein Dilemma. Weite Teile In der Gesellschaft wollen mehr Geiseln freibekommen, koste es, was es wolle. Ganz Israel nimmt an der Freilassung seiner Bürger Anteil.
Doch eine längere Waffenruhe heißt auch, dass die Kriegsmaschinerie ins Stottern gerät. Und je länger im Gazastreifen nicht gekämpft wird, desto schwieriger wird es, mit Blick auf die öffentliche Meinung und mit Blick auf das Leid der Zivilbevölkerung dort, den Krieg wieder aufzunehmen.
Hamas macht Angebote
Das weiß auch die Hamas. Und sie macht Angebote. Ghazi Hamad, einer der führenden Sprecher der Terrorgruppe, schlägt aus seinem Exil im Libanon einen Tausch aller Geiseln gegen alle palästinensischen Häftlinge in Israel vor. Unter der Bedingung, sagt Hamad, sei die Hamas wohl bereit, "unter der Schirmherrschaft der Vermittler ein umfassendes und vollständiges Abkommen abzuschließen".
Das hieße: Ein dauerhafter Waffenstillstand. Aber das wäre für Israel so nur schwer zu ertragen. Zu weit hat sich Israels Premier Benjamin Netanyahu aus dem Fenster gelehnt und die Zerschlagung der Hamas bekräftigt. Auch in seiner heutigen Videobotschaft auf der Plattform X, vormals Twitter.
Netanyahu unter Druck
Aber er steht unter Druck. "In dieser Woche höre ich immer wieder die Frage, ob Israel nach Beendigung der Phase der Rückkehr unserer Geiseln den Krieg wiederaufnehmen wird. Meine Antwort darauf lautet: Eindeutig ja. Wir werden bis zum Ende in den Krieg zurückkehren", sagt Netanyahu und ergänzt: "Das ist meine Politik. Das Kabinett steht geschlossen dahinter, die Soldaten stehen dahinter, das Volk steht dahinter. Und genau das werden wir tun."
"Nach Beendigung der Phase der Rückkehr unserer Geiseln" - dieser Satz lässt viel Spielraum zur Interpretation. Denn auch der Premier schließt damit nicht aus, dass noch weitere Geiseln freigelassen werden, möglicherweise sogar alle, und dass damit als Voraussetzung die Waffenruhe verlängert wird - auch wenn er sich in einem festlegt: Der Krieg geht danach weiter.