Kämpfe im Gazastreifen Gallant stellt Nachkriegsplan vor
Das israelische Kabinett hat über die nächste Phase des Krieges gegen die Hamas beraten. In einem Plan des Verteidigungsministers Gallant werden auch die Vorhaben für den Gazastreifen nach Kriegsende skizziert.
Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat einen Plan für die Zeit nach dem Krieg im Gazastreifen vorgestellt. Demnach soll es nach einem Ende der Kämpfe "weder Hamas" noch eine "israelische Zivilverwaltung" in dem Palästinensergebiet geben.
Gallant präsentierte die groben Linien seines Plans vor der Presse, bevor er diesen dem Kriegskabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vorlegte. Das Kabinett war in den vergangenen Wochen gespalten hinsichtlich des weiteren Vorgehens im Krieg gegen die Terrororganisation Hamas.
Einige rechtsextreme israelische Minister hatten sich zuvor für eine israelische Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach Kriegsende ausgesprochen. Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir hatte zudem dazu aufgerufen, die palästinensische Bevölkerung zu "ermutigen, in andere Länder der Welt auszuwandern". Er folgte damit einem ähnlichen Aufruf seines Kabinettskollegen Bezalel Smotrich. Deutschland, Frankreich und die USA kritisierten die Aussagen scharf.
"Keine Präsenz israelischer Zivilisten" im Gazastreifen
Gallants Plan sieht die Palästinenser nach dem Ende des Kriegs für den Gazastreifen in der Verantwortung. "Es wird keine Präsenz israelischer Zivilisten im Gazastreifen geben, nachdem die Kriegsziele erreicht wurden", betonte Gallant. Lokale palästinensische Akteure, die Israel nicht feindlich gesinnt seien, sollen die Kontrolle des Palästinensergebiets übernehmen. Welche Akteure dies konkret sein könnten, ließ der israelische Verteidigungsminister offen.
Experten hatten zuvor verschiedene Szenarien für den Gazastreifen genannt - darunter war auch eine Rückkehr der von der Palästinenserorganisation Fatah dominierten Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Auch die USA streben eine Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen durch die im Westjordanland regierende PA an. Israels Regierungschef Netanyahu ist dagegen. Einige Vertreter der Fatah-Partei hatten Verständnis für das Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel geäußert.
Die Hamas hatte die PA 2007 gewaltsam aus dem Küstenstreifen vertrieben. Die Fatah und die Hamas sind die zwei größten Palästinenserorganisationen und erbitterte Rivalen. 2023 gab es aber wieder eine Annäherung zwischen beiden.
Gallant: Operative Handlungsfreiheit vorbehalten
Der Wiederaufbau soll nach dem Willen Gallants unter der Leitung der USA und in Zusammenarbeit mit europäischen und regionalen Partnern erfolgen. Israel werde sich auch nach dem Kriegsende "seine operative Handlungsfreiheit im Gazastreifen" vorbehalten und weiterhin die Waren, die in das Küstengebiet gelangen, kontrollieren. Gallant erklärte auch: Es werde aus militärischer Sicht keine Beschränkungen für Einsätze geben, Israel behalte sich das Recht vor, im Gazastreifen frei zu operieren.
Es würden alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass Gaza keine Bedrohung mehr für Israel darstelle. "Die Bewohner des Gazastreifens sind Palästinenser. Folglich werden palästinensische Einheiten zuständig (für die Verwaltung) sein unter der Bedingung, dass es keine feindliche Aktion oder Bedrohung gegen den Staat Israel gibt", sagte der Verteidigungsminister. Ägypten soll schließlich den Plänen nach den Grenzübergang in Rafah effektiv kontrollieren.
Armee soll in dritte Phase des Krieges übergehen
Bezüglich der Einsätze der israelischen Streitkräfte sagte er weiter, in einer dritten Phase werde die Armee nun im nördlichen Gazastreifen zu einem neuen Kampfansatz übergehen. Dieser umfasse gezielte Razzien, die Zerstörung von Tunneln, Bodeneinsätze sowie Luftangriffe, um "verbleibende Terrorherde in der Gegend" zu bekämpfen. Im Süden werde weiter die Führung der Hamas verfolgt und die Befreiung der Geiseln angestrebt. Der Einsatz dort werde "so lange weitergehen, wie es für notwendig erachtet wird", hieß es.
Israel hatte zuletzt die Rückkehr einiger Reservisten nach Hause angekündigt. Dies soll fast drei Monate nach Kriegsbeginn auch die Wirtschaft entlasten.
Gallant präsentierte seinen Plan am Vorabend eines erneuten Besuchs von US-Außenminister Antony Blinken. Blinken will im Nahen Osten darüber beraten, wie eine Ausweitung des Konflikts zwischen Israel und der Hamas verhindert werden kann. Eine Stellungnahme der Hamas oder der Palästinenser-Regierung im Westjordanland lag zunächst nicht vor.
Mit Informationen von Julio Segador, ARD Tel Aviv