Parlament hebt Gesetz auf Singapur entkriminalisiert Sex zwischen Männern
Das Parlament in Singapur hat den seit Langem umstrittenen Paragrafen, der sexuelle Beziehungen zwischen Männern verbot, aufgehoben. Gleichzeitig wurde aber der Weg zur Ehe für alle durch eine weitere Verfassungsänderung verbaut.
Es war ein Gefühl der Erleichterung, das Benjamin Xue erfasste. "Als ich die Nachricht auf der Titelseite sah, dass 377A endlich aufgehoben wurde, haben mich die Emotionen wie eine Welle erfasst. Ich habe einem meiner Freunde eine SMS geschrieben, und ich glaube, wir haben beide geweint", erzählt der Aktivist der Nachrichtenagentur AFP.
377A war der Paragraf, der in Singapur Sex zwischen Männern unter Strafe stellte. Zwei Jahre Gefängnis drohten. Eingeführt wurde er noch in der britischen Kolonialzeit. Doch auch wenn das Gesetz schon lange nicht mehr durchgesetzt worden war: Es habe die LGBTQ-Gemeinschaft diskriminiert und stigmatisiert. "Ich denke, der ganze Sinn der Aufhebung besteht darin, die Schuld und die Scham zu beseitigen, die wir all die Jahre durchlebt haben", sagt Xue, der Mitbegründer der LGBTQ-Jugendhilfegruppe ist.
"Sexuelle Orientierung ist persönliche Angelegenheit"
Am Dienstag hatte Singapurs Parlament den seit langem umstrittenen Paragrafen aufgehoben, nachdem Premierminister Lee Hsien Loong den Schritt bereits im August angekündigt hatte. "Die Singapurer haben immer noch unterschiedliche Ansichten darüber, ob Homosexualität richtig oder falsch ist. Aber die meisten Menschen akzeptieren, dass die sexuelle Orientierung und das Verhalten einer Person eine private und persönliche Angelegenheit sind und dass Sex zwischen Männern kein Straftatbestand sein sollte", so Lee.
Weiterhin Vorbehalte in der Bevölkerung
Alleine die Aufhebung eines Paragrafen ändere allerdings tatsächlich noch nicht das Denken aller Menschen in Singapur, meint der Student Isaac Ong. Gerade religiöse Vorbehalte verhinderten noch die wirkliche Akzeptanz in der Bevölkerung, so der 18-Jährige. "Im Allgemeinen bin ich ja froh, dass sich die Dinge zum Besseren wenden, aber ich denke, dass kulturelle Stigmata und vor allem der Konflikt zwischen der Religion und der homosexuellen Gemeinschaft auch etwas ist, das angegangen werden muss."
Keine Ehe für alle
Der Paragraf 377A wurde zwar aufgehoben - aber gleichzeitig wurde der Weg zur Ehe für alle durch eine weitere Verfassungsänderung verbaut. Xue hofft trotzdem, dass dies nicht das Ende der Entwicklung sei. "Ich denke, dass viele Leute wegen der Verfassungsänderung denken: Das ist ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. Doch es gibt uns vielleicht mehr Zeit, die Herzen und Köpfe der normalen Singapurer zu erreichen für unsere Themen und für unser Leben."