Lukaschenko vor Bürgern bei Feiern zum Unabhängigkeitstag in Belarus im Jahr 2020

Wahl in Belarus Lukaschenko ohne wirkliche Gegner

Stand: 26.01.2025 04:19 Uhr

Belarus' Machthaber Lukaschenko geht wieder auf Nummer sicher: Bei der Präsidentschaftswahl gibt es nur Gegenkandidaten, die nicht mal sich selbst eine Chance geben. Ein Protestszenario wie 2020 soll sich nicht wiederholen.

Von Frank Aischmann, ARD Moskau, zurzeit Minsk

Einen echten Wahlkampf hat es im derzeit grauen, nieseligen Minsk nicht gegeben. Aber auf riesigen Postern und elektronischen Anzeigetafeln am Straßenrand ist der Hinweis in roten Lettern vor weißem Hintergrund allgegenwärtig: An diesem Sonntag ist Präsidentschaftswahl in Belarus.  

Zum siebten Mal wird Machthaber Alexander Lukaschenko antreten und seine 1994 begonnene, ununterbrochene Herrschaft fortsetzen. Sorgfältig und wie in einer Wiederholungsschleife wird von den Staatsmedien vor wechselnder Kulisse inszeniert: Lukaschenko als gütiger, aber entschlossener Kümmerer, der doch nur Frieden und Ruhe und das beste für alle will.

Kurzfristige Einladung an Wahlbeobachter

Abgestimmt wird zwischen 8 und 20 Uhr, es soll aussehen wie eine mustergültige Wahl im Neun-Millionen-Einwohner-Land Belarus.

Mehr als 400 ausländische  Journalisten sind zugelassen worden. Die OSZE erhielt eine Einladung zur Wahlbeobachtung, aber nicht wie üblich Monate, sondern ganze zehn Tage vor der Abstimmung - viel zu spät, um den Wahlkampf zu beobachten oder die nötigen hunderte Wahlbeobachter zu schulen und ins Land zu schicken.

Aber westliche Kritik im Vorfeld der Wahl hat etwa der Sprecher des Außenministeriums Anatolij Glaz in Minsk empört zurückgewiesen: als anti-belarusisch, als einen "groben Eingriff" in die Wahlprozesse eines souveränen Staates, der "nichts mit der Realität" zu tun habe und die "Meinungsäußerung der belarusischen Bürger unterdrücken" solle.

Gegenkandidat kritisiert den Westen

Neben Lukaschenko stehen vier weitere Kandidaten auf den Stimmzetteln, die sich allerdings selbst keine Chance ausrechnen. Oleg Gajdukewitsch, Spitzenkandidat der Liberaldemokratischen Partei, die sich für mehr Nähe zu Russland und gegen Einwanderung ins Land einsetzt, sagt voraus: "Lukaschenko wird rund 80 Prozent der Stimmen oder mehr erhalten. Das ist meine Vorhersage. Und dafür sollte er dem Westen danken", meint Gajdukewitsch und behauptet, dass sich die Zustimmungsraten Lukaschenkos gerade als Reaktion auf die internationalen Sanktionen verbessert hätten.

Zweifel am bevorstehenden Wahlsieg hat der Gegenkandidat nicht: Es sei doch nichts falsch daran, wenn ein Präsident viele Jahre an der Macht sei, und man sehe doch in Westeuropa, dass "sich die Gesichter ändern, aber diejenigen, die das Land wirklich leiten, bleiben dieselben".  

Was die Opposition empfiehlt

Kein Wort echter Kritik - eigentlich ungewöhnlich für jemanden, der doch selbst an die Spitze will. Aber anders als bei der vergangenen Wahl 2020 gibt es im Bewerberfeld keine wirklichen Oppositionsvertreter. Im August 2020 schnitt die von Lukaschenko unterschätzte Gegenkandidatin Swetlana Tichanowskaja überraschend gut ab. Mit offiziell zehn Prozent wurde sie Zweitplatzierte, dürfte im Land aber noch wesentlich mehr Stimmen geholt haben.

Nur wurden die Ergebnisse wohl zugunsten des Amtsinhabers massiv manipuliert, beklagten die Opposition und viele Tausende Bürger bei Massenprotesten. Diesen Protesten folgte brutale Unterdrückung.

Hunderttausende flohen ins Ausland - dort darf heute nicht abgestimmt werden. Mehr als 1.200 Menschen sitzen immer noch als politische Gefangene in Haft.

Was soll man da als Oppositionelle im Ausland den Wählern empfehlen? Tichanowskaja, die inzwischen in Litauen lebt, sagt, da die Leute in Belarus gezwungen seien, zur Wahl zu gehen, sollten sie ihr Häkchen bei "gegen alle" setzen: "Diese sogenannte Wahl ist bedeutungslos, und ich möchte nicht, dass sich die Leute umsonst opfern. Das ist jetzt nicht der Moment."

Proteste sollen verhindert werden

Für Außenstehende vielleicht nicht erkennbar, aber äußerst resolut bis repressiv wird die Staatsmacht in Belarus alles daran setzen, dass es am Sonntag und in den Tagen danach keine Proteste gibt.

Ein Gerücht hält sich dennoch so hartnäckig in Minsk, dass Machthaber Lukaschenko selbst es dementieren musste: Am Wahltag könnte das Internet abgeschaltet werden, um koordinierte Aktionen zu verhindern.  

Nichts soll den Ausgang einer Abstimmung stören, die dem Machthaber mehr als 80 Prozent Zustimmung bescheren soll und weitere fünf Jahre der innenpolitischen Friedhofsruhe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 26. Januar 2025 um 09:00 Uhr.