Das georgische Parlamentsgebäude in Tiflis.

Proteste in Georgien Gericht will Parlamentswahl nicht annullieren

Stand: 03.12.2024 19:27 Uhr

Georgiens proeuropäische Präsidentin Surabischwili ist damit gescheitert, auf juristischem Weg Neuwahlen zu erreichen. Das Verfassungsgericht lehnte einen Antrag ab, die Ergebnisse der Parlamentswahl zu annullieren.

Das Verfassungsgericht in Georgien hat einen Antrag abgelehnt, die Ergebnisse der Parlamentswahl vom Oktober zu annullieren. Das Gericht erklärte, es gebe keinen verfassungsmäßigen Anspruch auf eine Prüfung in der Sache. Die Entscheidung sei endgültig und nicht anfechtbar. Von den neun Richtern stimmten sieben für diese Entscheidung, zwei vertraten eine andere Auffassung.

Die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili und 30 Oppositionsabgeordnete hatten sich im November an das Verfassungsgericht gewandt. Sie zweifeln die Richtigkeit des Ergebnisses an und sehen Verstöße gegen das Wahlrecht und das Wahlgeheimnis. Schon als sie den Antrag einreichte, hatte eine Sprecherin der Präsidentin erklärt, sie habe kein Vertrauen in das Verfassungsgericht.

Ein weiterer Konflikt kündigt sich bereits an

Die Präsidentin und die Opposition werfen der Moskau-freundlichen Regierungspartei "Georgischer Traum" vor, die Parlamentswahl gefälscht zu haben. Deshalb boykottieren die oppositionellen Abgeordneten bisher die Parlamentsarbeit.

Die Partei "Georgischer Traum" hat nach offiziellen Angaben bei der Wahl 89 Mandate errungen, die Oppositionsparteien 61. Mit der absoluten Mehrheit hat der "Georgische Traum" die Regierungsarbeit aufgenommen und beschloss am Donnerstag, die Beitrittsgespräche mit der EU bis 2028 auszusetzen.

Außerdem soll Mitte Dezember ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden. Zum ersten Mal nicht vom Volk direkt, sondern von den Parlamentariern und Vertretern der Regionen. In dieser Wahlversammlung hat der "Georgische Traum" die Mehrheit. Präsidentin Surabischwili kündigte bereits an, die Wahl nicht zu akzeptieren, weil sie das Parlament nicht für legitim hält. Sie will weiter im Amt bleiben.

Verletzte bei landesweiten Protesten

Gestern gingen den fünften Abend in Folge Tausende Menschen auf die Straßen des Kaukasusstaats, um gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen zu protestieren. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden 26 Menschen verletzt. Bei den Verletzten, die in medizinische Einrichtungen gebracht worden seien, handelt es sich demnach um 23 Demonstranten und drei Polizisten.

Kobachidse bietet Gespräche an

Angesichts des seit Tagen andauernden Protests erklärte sich der nationalkonservative Ministerpräsident Irakli Kobachidse nun doch bereit, Gespräche mit zwei ehemaligen Ministern und einer Oppositionspartei zu führen. Dabei soll es um die europäische Perspektive des Landes gehen.

Zuvor hatte er den Oppositionsgruppen vorgeworfen, bei den Protesten bewusst Gewalt eingesetzt zu haben. Oppositionspolitiker hätten "die Gewalt in den vergangenen Tagen inszeniert", sagte er auf einer Pressekonferenz. Auch Nichtregierungsorganisationen könnten sich nicht der gesetzlich festgelegten Verantwortung entziehen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte die georgischen Behörden hingegen auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zu respektieren und zu schützen. "Der Einsatz von unnötiger oder unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende und Medienschaffende ist extrem besorgniserregend." Er appellierte auch an die Teilnehmer, friedlich zu protestieren.

Mit Informationen von Jürgen Buch für das Studio Moskau, zurzeit in Berlin