Italien und die Russland-Sanktionen Sehnsucht nach dem Oligarchen
Porto Cervo auf Sardinien ist seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs ein anderer Ort geworden. Hier hat Oligarch Usmanow eine Villa. Diese wird nun vom italienischen Staat zwangsverwaltet. Und im Ort rumort es.
Die Security-Überwachung funktioniert jedenfalls schon einmal so, als verweile der Oligarch weiterhin in seiner abgeschirmten Luxus-Villa: Porto Cervo ist mit seiner steilen Küste und dem türkisfarbenen Meer ein von der Natur reich beschenkter Flecken Erde. Und auch wohlhabende russischen Urlauber haben den Landstrich in den vergangenen Jahrzehnten großzügig versorgt. Doch seit Beginn des Ukraine-Angriffs ist alles anders.
Der Sicherheitsdienst, der Reporter vor der Villa von Alischer Usmanow anspricht, ist vom italienischen Staat beauftragt. Der verwaltet nun das Anwesen des Multi-Milliardärs und ist verantwortlich für Pools, Gärten und Jachten von sanktionierten Russinnen und Russen auf italienischem Territorium.
Sanktionsliste rasch abgearbeitet
Insgesamt hat Italien Güter im Wert von 1,7 Milliarden Euro eingefroren. Der Sondereinheit bei der Finanzpolizei zur Bekämpfung von Terrorfinanzierung war es im Frühjahr gelungen, innerhalb weniger Wochen die EU-Sanktionsliste abzuarbeiten und ihre Besitztümer zu identifizieren.
Die zentrale Einheit kann ohne richterlichen Beschluss vorgehen. Nun zeigt sich aber immer deutlicher auch die Kehrseite der Ermittlungserfolge: Allein der Unterhalt der Usmanow-Villa in Porto Cervo dürfte nach Schätzungen 120.000 Euro jährlich kosten. Und das Fernbleiben der Oligarchen schwächt die lokale Wirtschaft.
Wenn die spendablen Russen ausbleiben
In der Nähe der Villa, die man von außen nicht erkennen kann, ist ein feines kleines Restaurant. Der Besitzer bittet das ARD-Team hinein und zeigt den früheren Stammplatz von Usmanow. Viele Jahre schon sei er regelmäßig nach Sardinien gekommen, habe im Lokal gespeist und Geschäftspartner getroffen.
Nun sind die Restaurants hier zwar nicht von einer Pleite bedroht, weil die russischen Oligarchen samt Entcourage nicht mehr nach Sardinien kommen. Andere Nobel-Gäste aus den Golf-Staaten oder den USA kommen weiterhin. Trotzdem: Restaurant-Besitzer Massimo Scardovi sagt offen, dass er von den Sanktionen nichts halte und dass sich Italien mit dem Einfrieren der Güter ins eigene Fleisch schneide.
Handwerker, Hauspersonal, Gärtner haben nun nichts mehr zu tun. Auch in Shops und Restaurants fehlen die als besonders spendabel geltenden Russinnen und Russen: 80 Millionen Euro gaben sie nach Hochrechnungen in der Vergangenheit jeden Sommer allein hier an der Costa Smeralda aus.
Der Usmanow-Villa auf Sardinien kommt man nicht sehr nah - aber es ist der Staat, der das beschlagnahmte Gebäude abschirmt.
Großzügige Gaben - nur aus Gemeinsinn?
Auch emotional ist an der Costa Smeralda eine Abhängigkeit zum Oligarchen Usmanow erwachsen. Usmanow schenkte beispielsweise der Gemeinde Arzachena einen Krankenwagen. Sponsorte die Restaurierung der kapitolinischen Museen in Rom. Seit 2018 ist er Ehrenbürger von Arzachena.
Im Zeichen des Ukraine-Kriegs stellt sich jedoch die Frage: Waren diese Gesten wirklich persönlich motiviert, als Zeichen der Verbundenheit mit Italien? Oder tat er dies, um Abhängigkeiten zu schaffen und Loyalitätskonflikte zu schüren, wie sie jetzt an der Bilderbuch-Küste im Norden von Sardinien tatsächlich aufbrechen?
Fakt ist: Viele hier sind gegen die Sanktionen gegen ihren russischen Ehrenbürger.
Eine Nähe, die nun Sanktionen nach sich zieht: Wladimir Putin und Alischer Usmanow
Kann sich Usmanow noch wehren?
Der Bürgermeister von Arzachena will an der Ehrenbürgerschaft nicht rütteln. Ein Interview zu Usmanow will er nicht geben. Und der Oligarch selbst gibt sich kämpferisch: Ein Sprecher bestreitet gegenüber der ARD eine besondere Nähe Usmanows zu Putin oder dass er den Krieg gegen die Ukraine unterstütze: "Herr Usmanow hat keine Beziehung oder Einfluss auf die russische Außenpolitik. Jede Andeutung, dass er den Ukraine-Konflikt unterstützt, ist unbegründet."
Gegen die EU-Sanktionen hat er Einspruch beim Europäischen Gerichtshof eingelegt. Auf Sardinien dürften viele hoffen, dass der Super-Reiche damit Erfolg hat.