OSZE-Ministerrat Teilnahme von Lawrow sorgt für Ärger
Russland blockiert in der OSZE seit Wochen wichtige Entscheidungen. Nun soll der Ministerrat in Nordmazedonien heute nach Lösungen suchen, doch mit der Einladung von Russlands Außenminister Lawrow droht neuer Ärger.
Kommt der russische Außenminister oder kommt er nicht? Die Frage schwebte lange über dem OSZE-Ministerrat, dem jährlichen Treffen der Außenminister. Als schließlich klar war, dass Sergej Lawrow kommt, zeigte sich prompt die Sprengkraft dieser Frage. Die Ukraine und die drei baltischen Staaten sagten ihre Teilnahme auf Ministerebene umgehend ab. Polen hatte Lawrow im vergangenen Jahr noch die Einreise verwehrt.
Doch der aktuelle OSZE-Vorsitzende, der Außenminister Nordmazedoniens, Bujar Osmani, versteht seine Rolle als Gastgeber anders: "Zunächst muss ich klarstellen, dass Herr Lawrow nicht nach Skopje, sondern zur OSZE kommt. So wie er vor kurzem in New York bei den Vereinten Nationen war und nicht in den USA." Man sei das OSZE-Vorsitzland und empfange daher alle Teilnehmerstaaten und Partner. "Wir diktieren nicht die einzelnen, bilateralen Agenden. Unsere Rolle ist es, die Bedingungen für Treffen herzustellen."
Kein Treffen mit Blinken
Wie viele bilaterale Treffen es für Lawrow geben wird, ist offen. Von russischer Seite heißt es, es gebe viele Anfragen für Gespräche. Welche es konkret sind, wird verschwiegen.
Zu einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken wird es jedenfalls nicht kommen. Das machte der OSZE-Botschafter der USA, Michael Carpenter, vorab deutlich: "Es wird keine geplanten Kontakte mit der Russischen Föderation geben. Ich glaube sogar, dass sich bei diesem Ministerrat die Wege für Außenminister Blinken gar nicht kreuzen werden."
Kein normaler Haushalt mehr
Russland blockiert in der OSZE wichtige Entscheidungen. Seit zwei Jahren hat die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt keinen normalen Haushalt mehr. Missionen in der Ukraine etwa werden durch Spenden diverser Teilnehmerstaaten und Partner finanziert.
Während Bundesaußenministerin Annalena Baerbock davon sprach, die OSZE müsse "halbwegs arbeitsfähig" bleiben, attestierte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg der Organisation, an der Herz-Lungen-Maschine zu hängen.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hob in Skopje am Vorabend des offiziellen Treffens dennoch den Grundgedanken der OSZE hervor: "Ich verstehe das Unbehagen einiger Teilnehmerstaaten über die Entscheidung, den russischen Außenminister Lawrow zur Teilnahme zuzulassen. Diese Entscheidung steht jedoch im Einklang mit unserem gemeinsamen Ziel, den Multilateralismus am Leben zu halten."
Russland gibt sich "kämpferisch entschlossen"
Aus Russland kommen andere Signale. Lawrows Vize Alexander Gruschko sagte der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass vorab, die Stimmung sei "kämpferisch entschlossen". Es scheint also durchaus realistisch, dass Russland den Ministerrat für seine Kriegspropaganda nutzen wird.
Das Land hat mehrere Möglichkeiten, die OSZE unter Druck zu setzen. So muss Malta als Vorsitzland der OSZE 2024 noch abgesegnet werden. Die OSZE-Botschafter hatten diese Lösung in letzter Minute ausgehandelt, nachdem Russland die Bewerbung Estlands viele Monate strikt blockiert hatte.
Maltas Ministerpräsident Robert Abela ließ am Dienstag bei seinem Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz vorsichtigen Optimismus durchklingen, dass Russland diesen Kompromiss nicht blockieren werde: "Die Entwicklungen deuten darauf hin, dass wir ab dem ersten Januar den Vorsitz innehaben werden."
Auch personelle Fragen auf dem Programm
Noch aber stimmten die Außenminister nicht offiziell zu. Ihr Treffen hatte am Abend mit einem nicht öffentlichen Arbeitsessen begonnen, wobei es vorab hieß, Lawrow sei nicht dabei. Am Donnerstag startet der Ministerrat offiziell.
Neben dem Vorsitz soll es darum gehen, die OSZE auch personell am Laufen zu halten. Die Amtszeiten vier wichtiger Führungspersonen laufen am Sonntag aus, darunter die von Generalsekretärin Helga Schmidt aus Deutschland. Ob in Skopje für die Nachfolge eine Lösung gefunden wird oder die OSZE ab nächster Woche noch tiefer in der Krise steckt, ist offen.