Präsidentenwahl in Rumänien Prorussischer Kandidat vorn - Sozialdemokrat raus
Der Sozialdemokrat Ciolacu galt als Favorit. In der ersten Runde der Präsidentenwahl in Rumänien kam er jedoch nur auf Platz drei. In die Stichwahl gehen nun ein prorussischer Kandidat und die konservative Oppositionsführerin.
Rumäniens sozialdemokratischer Regierungschef Marcel Ciolacu hat es nicht in die Stichwahl geschafft. Im Vorfeld der Präsidentenwahl hatte er noch als Favorit gegolten, doch nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen der ersten Runde liegt Ciolacu nur auf dem dritten Platz - mit 19,16 Prozent.
Vor Auszählung der Stimmen der im Ausland lebenden Rumäninnen und Rumänen lag er noch auf Platz zwei. Dieser Teil der Wähler stimmte aber vor allem für die Mitte-Rechts-Kandidatin Elena Lasconi. Die Oppositionsführerin und frühere Journalistin kommt auf 19,17 Prozent.
Für Russland und gegen Ukrainehilfen
Mit 22,94 Prozent erhält der ultrarechte Kandidat Calin Georgescu die meisten Stimmen. Er gilt als russlandfreundlich, außerdem als extrem religiös und nationalistisch. 2022 wurde ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet, wegen der Verherrlichung von Verantwortlichen des Holocaust. In der Vergangenheit äußerte er sich kritisch über die NATO-Mitgliedschaft Rumäniens.
Von seinen Konkurrenten und den klassischen Medien wurde Georgescu weitgehend ignoriert, dafür ist er sehr erfolgreich auf der Online-Plattform TikTok unterwegs. Dort erklärte er in einem Videoausschnitt, der Ukraine nicht helfen zu wollen: "Ich unterstütze den Frieden, nicht den Krieg. Und ich glaube, dass wir in einen Konflikt hineingezogen werden."
Kommentatoren in der Hauptstadt Bukarest meinten am Wahlabend, klassische Medien und etablierte Politiker müssten sich vorwerfen lassen, Georgescus politische Propaganda in sozialen Medien bisher nicht genügend beachtet zu haben. Auch Meinungsforscher hatten seinen Erfolg nicht kommen sehen. Selbst Nachwahlbefragungen am Wahlabend ließen das Ergebnis nicht erahnen.
"Wunsch nach einer Revanche"
Zum ersten Mal in der demokratischen Geschichte Rumäniens kommt nun weder ein Kandidat der sozialdemokratischen PSD noch der liberalen PNL in die Stichwahl. Der Politikwissenschaftler Valentin Naumescu meint, dass der Erfolg des rechtsextremen Georgescu vor allem mit Frust und Unzufriedenheit im Land zu erklären sei: "Ein wichtiger Teil der Wählerschaft hat sich einen extremistischen Kandidaten erhofft, einen radikalen, souveränistischen, antiwestlichen Kandidaten. Es gab also den Wunsch nach einer Revanche, einer Protestwahl - von Menschen mit viel Frustration, Empörung und Wut auf das System."
Rumänien - im Osten der EU gelegen - hat etwa 19 Millionen Einwohner und gilt als eines der ärmsten Länder Europas. Im Norden grenzt es an die Ukraine, die sich seit bald drei Jahren gegen eine russischen Invasion wehrt.
Sollte der prorussische Georgescu die Stichwahl gewinnen, könnte das die rumänische Außenpolitik verändern, die sich bisher strikt an EU und NATO ausrichtet. In Rumänien bestimmt der Präsident die Außen- und Verteidigungspolitik und ist an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt. Er hat mehr Macht als der deutsche Bundespräsident und weniger als das Staatsoberhaupt in Frankreich.
Die zweite Runde in der Präsidentenwahl ist für den 8. Dezember angesetzt. Eine Woche zuvor wird zudem ein neues Parlament gewählt.
Mit Informationen von Silke Hahne, ARD-Studio Wien