Randale nach Messerangriff "Das waren keine Leute aus Southport"
Ein Jugendlicher in England greift mit einem Messer eine Gruppe Mädchen an, drei von ihnen tötet er. Dann kommt es zu Krawallen Rechtsextremer. Auslöser waren mutmaßlich Falschinformationen.
In der englischen Küstenstadt Southport ist es zu teils rechtsextremen Ausschreitungen und Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Hintergrund ist ein Messerangriff auf eine Gruppe kleiner Kinder am Montagmittag gegen 11.50 Uhr Ortszeit, bei dem drei Mädchen getötet und acht weitere teils schwer verletzt wurden. Auch eine Moschee wurde von dem Randalierer angegriffen. Mittlerweile hat sich die Lage vor Ort wieder beruhigt.
Die Polizei hatte einen 17-jährigen Tatverdächtigen festgenommen. Danach im Internet verbreitete Falschinformationen über dessen Herkunft und Glauben hatten die Ausschreitungen ausgelöst. Der Teenager stammt ursprünglich aus Wales. Seine Eltern aus Ruanda.
Fast vierzig Einsatzkräfte verletzt
Ein Video zeigt, wie eine Gruppe Männer Polizisten mit Gegenständen bewirft, unter anderem mit Mülltonnen. Auch Pflastersteine waren dabei. Nach Angaben der Polizei wurden am Dienstagabend fast vierzig Einsatzkräfte bei den Krawallen verletzt, die meisten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Auch ein Polizeiauto und Mülltonnen wurden in Brand gesetzt.
Die Straßen sahen aus wie ein Trümmerfeld. Das Video zeigt eine schwarze Rauchsäule, die über dem sonst so verschlafenen Küstenort in den Himmel ragt. Die Randalierer hatten sich auch vor einer Moschee versammelt und rechtsradikale Parolen gebrüllt.
Die Randalieren zündeten ein Polizeiauto an und warfen Fenster einer Moschee ein.
Moscheebesucher schließen sich im Gebäude ein
Der Vorsitzende der Moschee, Ibrahim Hussain, beschreibt die Ereignisse im BBC-Radio so: "Wir sind reingegangen und haben die Moschee von innen verschlossen", berichtet er. Von innen hätten die Moscheebesucher die Beschimpfungen und das Geschrei gehört. "Das war natürlich ziemlich beängstigend."
Alle Fenster der Moschee seien zerstört worden und die Zäune auch. Hussain sagt, er könne den Hass nicht nachvollziehen. "Wir haben etwa 30 Jahre lang glücklich mit der örtlichen Gemeinde zusammengelebt", erzählt er weiter. "Sie lieben uns und wir lieben sie."
Southport liegt im Nordwesten Englands an der Küste.
"Trainierte Schläger"
Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei den Randalierern um Mitglieder rechtsextremer Gruppen, vermutlich um Anhänger der English Defence League. Auch der Labour-Abgeordnete für Southport, Patrick Hurley, teilt diese Einschätzung, wie er im BBC-Interview sagt: "Das waren keine Leute aus Southport, sondern trainierte Schläger."
Sie hätten den Tod von drei kleinen Mädchen missbraucht, um ihre eigenen politischen Ziele durchzusetzen. Dabei hätten sie genau die Einsatzkräfte angegriffen, die nach dem Messerangriff als erste zur Stelle waren, sagt Hurley.
Bei dem Messerangriff sind drei Mädchen getötet worden.
Fehlinformationen werden von Rechten im Internet geteilt
Hintergrund für die Ausschreitungen sind nach Einschätzungen von Reportern vor Ort falsche Berichte über die Herkunft und Religion des mutmaßlichen Täters, die in den sozialen Netzwerken kursierten.
Joe Mulhall von der Organisation "Hope not Hate" ("Hoffnung statt Hass"), die sich gegen Rassismus einsetzt, erklärt: "Innerhalb von Minuten nach dem Messerangriff haben wir Fakenews gesehen." Diese hätten sich rasend schnell verbreitet und viel Aufmerksamkeit in den Sozialen Netzwerken bekommen, "vor allem von Rechtsaußen, wo behauptet wurde, der Angreifer sei Muslim, ein Flüchtling."
Auch Nigel Farage macht Stimmung
Diese Falschinformationen seien dann von bekannten Rechtsextremen mit vielen Followern weiterverbreitet worden. Auch Nigel Farage, Chef der rechtspopulistischen Partei Reform UK, mischte mit und stellte die Frage, ob die Polizei der Bevölkerung nicht die Wahrheit über den Angreifer verschweige.
Am Mittwochmittag scheint sich die Lage in Southport wieder beruhigt zu haben. Ibrahim Hussain, Vorsitzender der angegriffenen Moschee, nutzte sein BBC-Interview, um sich bei den Nachbarn für ihre Unterstützung und die "wunderbaren Botschaften" zu bedanken. "Sie sagten, dass sie alles Notwendige tun werden, um die Moschee zu schützen."
Die Anwohner in Southport kamen am Vormittag zusammen, um die Trümmerreste der Nacht wegzuräumen.