Münchner Sicherheitskonferenz Ukraine plädiert für Einsatz von Streumunition
Bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat sich der ukrainische Regierungsvize Kubrakow dafür ausgesprochen, dass die Ukraine umstrittene Waffen einsetzen darf - darunter auch Streumunition. Deren Gebrauch ist völkerrechtlich geächtet.
Der ukrainische Vizeregierungschef Olexander Kubrakow hat bei der Münchner Sicherheitskonferenz dafür plädiert, auf eigenem Staatsgebiet Streumunition und Phosphor-Brandwaffen einsetzen zu können. Russland setze solche Waffen bereits gegen Ukrainerinnen und Ukrainer ein.
Er verstehe, dass der Einsatz durch Konventionen beschränkt sei, sagte Kubrakow. Die USA und etliche andere Verbündete hätten allerdings Millionen von Schuss davon - und eines Tages würde die Ukraine vielleicht ohnehin solche Munition bekommen. Bis dahin würde die Ukraine jedoch Tausende Menschen verlieren.
Kuleba: Keine rechtlichen Hindernisse
Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Ihr Einsatz ist völkerrechtlich geächtet. Phosphor-Munition kann bei Menschen schwerste Verbrennungen und Vergiftungen verursachen.
Ukraines Außenminister Dmytro Kuleba sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa, es gebe keine rechtlichen Hindernisse, die die Ukraine davon abhielten, Streumunition zu verwenden. Die Ukraine sei keine Vertragspartei des Oslo-Übereinkommens, das Streumunition verbietet.
"Und wenn wir sie erhalten, werden wir sie ausschließlich gegen die Streitkräfte der Russischen Föderation einsetzen", sagte Kuleba demnach. Die Ukraine habe Beweise dafür, dass Russland Streumunition einsetze.
Scharfe Ablehnung in Deutschland
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erteilte der Diskussion um Streumunition und Phosphor-Brandwaffen eine Absage. "Die NATO hat diese Art von Waffen weder empfohlen noch geliefert", so Stoltenberg gegenüber den Sendern RTL und n-tv. "Wir liefern Artillerie und andere Arten von Waffen, aber keine Streubomben."
Auch in Deutschland gab es scharfe Ablehnung. "Ich glaube, das sind tatsächlich Dinge, mit denen die NATO, mit denen auch wir nichts zu tun haben sollten", bekräftigte der frühere deutsche Diplomat und ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, im Interview mit den tagesthemen.
"Wir sollten uns noch nicht einmal in die Nähe von Waffen oder Waffentypen bringen lassen, bei denen die Frage auftaucht, ob das völkerrechtlich zulässig oder nicht zulässig ist", sagte Ischinger. Er hoffe, die Debatte sei mit Stoltenbergs Äußerung vorbei, bevor sie richtig begonnen habe.
Nur weil die Ukraine etwas fordere, müsse es nicht umgesetzt werden, sagte Grünen-Politiker Anton Hofreiter den Sendern RTL und ntv. "Die Ukraine fordert alles. Diese Forderung halte ich für falsch", so der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag. Er bejahte die Frage danach, ob an dieser Stelle ein Stoppschild notwendig sei.
Außenministerin Annalena Baerbock sagte bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die Ukraine verteidige ihre Freiheit und die europäische Friedensordnung. "Dabei unterstützen wir sie", sagte Baerbock, fügte aber hinzu: "Uns leitet dabei eben unsere europäische Friedensordnung, uns leitet die Charta der Vereinten Nationen, uns leitet das humanitäre Völkerrecht."
Anfrage eines europäischen Landes
Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP hatte ein offizieller Vertreter eines europäischen Landes bereits Ende Januar in Washington gesagt, sein Land habe bereits beschlossen, Streumunition an die Ukraine zu liefern. Nun versuche das Land, die deutsche Zustimmung dazu zu ersuchen, weil Deutschland an der Produktion beteiligt ist. Der Vertreter wollte dem Bericht zufolge anonym bleiben und auch das Land nicht nennen lassen.
Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärte dem Bericht zufolge, der Vorgang sei im Ministerium aus Medienberichten bekannt. "Die Bundesregierung erteilt grundsätzlich keine Auskunft über etwaige Rüstungsexportverfahren", sagte sie. Das gelte auch für Re-Exporte durch Drittstaaten.
Eine solche Anfrage wäre aber an den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für Streumunition und den Vorgaben des Kriegswaffenkontrollgesetzes zu messen. "Daraus ergibt sich ein Verbot des Einsatzes, der Entwicklung, der Herstellung, des Erwerbs, der Lagerung, der Zurückbehaltung und der Weitergabe von Streumunition", so die Ministeriumssprecherin.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es auf Basis von dpa-Informationen, Olexander Kubrakow habe die Lieferung von Streumunition und Phospor-Brandwaffen gefordert. Tatsächlich hatte Kubrakow die Frage aufgeworfen, warum die Ukraine solche Waffen nicht auf eigenem Staatsgebiet einsetzen könne.