Zuckerberg vor US-Kongress Reumütig, selbstbewusst und naiv
Seit Wochen gibt sich Facebook im Datenskandal reumütig. Bei seiner Aussage vor dem US-Kongress zeigte Chef Zuckerberg auch andere Seiten, darunter Ahnungslosigkeit bei kritischen Fragen.
Wenn es ernst wird, trägt Facebook-Chef Mark Zuckerberg Anzug. Und vor dem Handels- und Justizausschuss des US-Kongresses wurde es ernst: Zuckerberg stellte sich dort stundenlang den Fragen der Senatorinnen und Senatoren. Seine Strategie dabei offenbar: so viel Reue wie nötig.
Der US-Kongress hatte Zuckerbergs Stellungnahme für die Anhörung schon am Montag öffentlich gemacht. Sie liest sich wie alle bisherigen Statements des Unternehmens zum Datenskandal: voll mit Entschuldigungen und der Einsicht, das Unternehmen habe seine Verantwortung nicht wahrgenommen.
Facebook übernimmt Verantwortung
Interessant war, wie sehr Zuckerberg diese Fehler an seine eigene Person band: "Es war mein Fehler, und es tut mir leid. Ich habe Facebook gestartet. Ich leite es und bin verantwortlich." Die eigene Naivität in den Vordergrund zu schieben, dürfte zur Krisenstrategie gehören: Immer wieder erwähnte Zuckerberg in der Anhörung, wie er sich die Facebook-Welt vor 14 Jahren im Studentenwohnheim vorgestellt habe. Die Mission hinter Facebook sei "idealistisch und optimistisch".
Die Fehler auf sich zu beziehen und die zweite Reihe des Unternehmens nicht zu erwähnen, könnte Facebook auch in die Karten spielen, wenn es hart auf hart käme und Mark Zuckerberg seinen Posten räumen müsste. Vor allem die bisherige Geschäftsführerin Sheryl Sandberg wäre dann unbelastet. Um sie ist es im Datenskandal verhältnismäßig ruhig.
Die zentrale Botschaft Zuckerbergs: Einen zweiten Fall wie den um Cambridge Analytica dürfe und werde es nicht geben. Auf die Fragen zu diesem Komplex wirkte Zuckerberg gut vorbereitet. Facebook habe schon jetzt eine Reihe von Maßnahmen getroffen und werde sie weiter durchführen.
"Mister Zuckerberg, würden Sie sich wohl damit fühlen, uns den Namen des Hotels zu nennen, in dem Sie gestern untergekommen sind?", fragte Senator Dick Durbin. Nach einer Pause sagte Zuckerberg: "Ehm... nein." Er lächelte, als die Senatoren im Raum lachten. "Falls Sie jemandem in dieser Woche geschrieben haben, würden Sie mit uns die Namen der Leute teilen, die Sie kontaktiert haben?", fragte Durbin danach. Daraufhin kam die Antwort: "Senator, nein, ich würde mich wahrscheinlich nicht entscheiden, das hier öffentlich zu tun."
Durbin sagte anschließend, am Ende gehe es in der Debatte um Datenskandale und Wählerbeeinflussung wohl um das Recht auf Privatsphäre. "Die Grenzen des Rechts auf Privatsphäre und wie viel man davon im modernen Amerika unter dem Begriff 'Menschen um die Welt verbinden' aufgibt." Facebook wirbt damit, dass über die Plattform Menschen in Verbindung blieben.
Künstliche Intelligenz als einfache Lösung?
Eine Regulierung unterstütze er zwar "im Prinzip", so Zuckerberg, doch es müsse "die richtige Regulierung sein". Wenn es darum ging, scharfe Regeln zu vermeiden, war der Facebook-Chef selbstbewusst.
Das galt auch für Momente, in denen Zuckerberg leicht genervt wirkte, weil er den wesentlich älteren Senatorinnen und Senatoren technische Grundlagen erklären musste. Nicht jede Frage zeugte von einem Grundverständnis, das für eine Befragung des Chefs eines Internetkonzerns nötig wäre.
Besonders oft ging Zuckerberg auf die Rolle künstlicher intelligenter Systeme ein. Sie sollen in Zukunft dafür sorgen, problematische Inhalte von der Plattform zu verbannen. Facebook wolle sich nicht mehr allein auf Meldungen seiner Nutzer verlassen. Dass sich das Netzwerk damit neue Probleme schafft, erwähnte Zuckerberg nicht. Denn Maschinen, die mit automatisierten Filtersystemen überprüfen, was online zu sehen sein darf, wären ebenfalls gefährlich für den demokratischen Diskurs.
Während der Anhörung blieb der Facebook-Chef oft im Ungefähren. Auf Fragen danach, welchen Weg die Daten nehmen, die Facebook speichert, antwortete Zuckerberg zum Beispiel, man habe über die Privatsphäre-Einstellungen die Kontrolle darüber, welche Menschen welche Inhalte sehen dürfen.
Dass Facebook selbst trotzdem Zugriff auf alle Daten hat und sie zur Profilbildung nutzt - egal, ob sie öffentlich oder nur für die eigenen Freunde sichtbar sind - ließ er unerwähnt.
Zuckerberg teils überraschend ahnungslos
Bei einigen Fragen zeigte Zuckerberg eine überraschende Ahnungslosigkeit und kündigte immer wieder an, Informationen nach der Anhörung nachzuliefern. Das galt zum Beispiel für Fragen danach, welche Daten genau Cambridge Analytica in welcher Menge abgegriffen hat, oder wie Facebook seine Nutzerinnen und Nutzer über verschiedene Geräte hinweg verfolgt. Auch wie lange Daten im System bleiben, nachdem sie gelöscht wurden, konnte Zuckerberg nicht beantworten.
Wirklich in die Enge trieben die Senatorinnen und Senatoren Zuckerberg allerdings nicht. Richtige Zugeständnisse machte er ebenfalls nicht. Je mehr Fragen gestellt wurden, desto mehr blieben am Ende offen - dazu gehört auch jene danach, welchen Effekt die Anhörung von Mark Zuckerberg am Ende haben wird.