Kaukasus-Konflikt NATO und EU stärken Georgien den Rücken
Die EU hat die Entsendung von 200 Beobachtern nach Georgien beschlossen. Allerdings gibt es weiter Unstimmigkeiten mit Russland über den Einsatz der Beobachter in den abtrünnigen Gebieten. Die NATO und Georgien gründeten indes in Tiflis eine gemeinsame Kommission.
Die EU beteiligt sich ab Anfang Oktober mit einer Beobachtermission an der Beilegung des Georgien-Konflikts. Auf Beschluss der EU-Außenminister übernehmen ab 1. Oktober unbewaffnete 200 Beobachter die Bewachung der Pufferzonen um die abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien. Im Gegenzug hat Russland angekündigt, bis dahin seine Soldaten aus dem Kernland Georgiens abzuziehen. Am Wochenende hatten die russischen Truppen bereits Stützpunkte rund um die Hafenstadt Poti in Westgeorgien geräumt.
11 von 27 EU-Staaten erklärten ihre Bereitschaft zur Entsendung von Beobachtern. Deutschland will sich mit 40 Beobachter beteiligen. Nach Angaben von Vizeregierungssprecher Thomas Steg wird das Bundeskabinett kommenden Montag einen Beschluss dazu fassen. Die EU-Kommission beschloss zudem, Georgien bis 2010 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte, mit dem Hilfspaket sollten die Versorgung von Kriegsflüchtlingen, der Wiederaufbau und neue Infrastrukturprojekte finanziert werden. Außerdem ernannten die Außenminister der 27 EU-Staaten den französischen Diplomaten Pierre Morel zum Sonderbeauftragten für die Georgien-Krise.
Beobachter in abtrünnigen Gebieten umstritten
Die EU-Beobachtermission ist Teil des Sechs-Punkte-Friedensplans, den Russland und Georgien auf Initiative des derzeitigen EU-Ratspräsidenten, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, vereinbart hatten. In Punkt 5 war ein "internationaler Mechanismus" festgelegt worden, der die russischen Truppen ersetzen soll.
1. "Kein Rückgriff auf Gewalt zwischen den Protagonisten"
2. "Definitive Einstellung der Feindseligkeiten"
3. "Gewährung freien Zugangs für humanitäre Hilfe"
4. "Die georgischen Streitkräfte sollen sich auf ihre üblichen Stationierungsorte zurückziehen".
5. "Die russischen Streitkräfte sollen sich auf die Linien vor Beginn der Feindseligkeiten in Südossetien zurückziehen. In Erwartung eines internationalen Mechanismus werden die russischen Friedenstruppen vorläufig zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen."
6. "Eröffnung internationaler Diskussionen über die Modalitäten der Sicherheit und Stabilität in Abchasien und Südossetien"
Umstritten ist jedoch weiterhin der Einsatz von EU-Beobachtern in den abtrünnigen Gebieten selbst. EU-Chefdiplomat Javier Solana erklärte, die EU sei weiter bereit, auch dorthin Beobachter zu entsenden. Dies hänge aber von der weiteren Entwicklung der Lage ab. Moskau steht dem Engagement der EU in Südossetien und Abchasien, die Russland als unabhängige Staaten anerkannt hat, kritisch gegenüber. Zumindest müssten die abchasische und die südossetische Führung zustimmen, da sie jetzt souveräne Staaten seien, argumentiert Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin.
Russlands Präsident Dimitri Medwedjew kündigte zudem Abkommen über eine engere Zusammenarbeit mit Südossetien und Abchasien an. Diese sollten auch eine "militärische Komponente" enthalten, sagte der Staatschef bei einem Treffen mit Unternehmern in Moskau. In der verganganen Woche hatte der russische Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow bereits angekündigt, dass je 3800 Soldaten in Abchasien und Südossetien stationiert bleiben sollen. Dies geht weit über die Waffenstillstandsvereinbarungen aus der Zeit vor dem Krieg im August hinaus, die auch Grundlage des aktuellen Sechs-Punkte-Plans waren. Danach waren für Abchasien etwa 3000 und für Südossetien 500 russische Soldaten als Teil einer Friedenstruppe vorgesehen.
Die Friedenstruppe in Abchasien besteht de jure aus GUS-Soldaten, de facto aber aus russischen Soldaten. Mitte Juli waren bis zu 3000 Mann im Einsatz. Ihr Auftrag basiert auf dem Vertrag von Moskau, den Russen, Georgier und Abchasen 1994 schlossen. Sie werden von Beobachtern der UN-Mission Unomig überwacht - derzeit sind dies rund 130.
Weiter Kritik an Präsenz russischer Soldaten
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer kritisierte die dauerhafte Präsenz russischer Soldaten in den abtrünnigen Regionen Georgiens als Verstoß gegen den Sechs-Punkte-Plan. "Wenn die Russen mit so vielen Soldaten in Südossetien bleiben, betrachte ich das nicht als Rückkehr zum Status quo" vor dem Krieg, sagte De Hoop Scheffer der "Financial Times".
NATO und Georgien gründen gemeinsame Kommission
De Hoop Scheffer ist derzeit zusammen mit den Botschaftern der NATO-Mitgliedsländer in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Dort unterzeichneten er und der georgische Ministerpräsident Lado Gurgenidse Dokumente zur Gründung einer gemeinsamen Kommission. Die Gründung der Kommission werde die Einbindung der Kaukasusrepublik in das Bündnis beschleunigen, erklärte der NATO-Generalsekretär nach Angaben georgischer Medien.
De Hoop Scheffer kündigte an, dass die Außenminister der NATO- Mitgliedsländer im Dezember über die Aufnahme Georgiens in den "Aktionsplan für die Mitgliedschaft" (MAP) beraten werden. Dazu müsse Georgien aber noch eine Reihe von Reformen umsetzen. Bei ihrem Gipfeltreffen im April in Bukarest hatte die NATO sowohl Georgien als auch der Ukraine eine Mitgliedschaft grundsätzlich in Aussicht gestellt.
Nach dem Krieg hatten die USA ihren Willen bekräftigt, Georgien in die NATO zu holen. Bundeskanzlerin Merkel hatte bei einem Besuch in Tiflis erklärt, dass Georgien grundsätzlich Mitglied der Allianz werden könne. Das Heranrücken der NATO bis in den Kaukasus stößt bei Russland jedoch nach wie vor auf scharfe Kritik. De Hoop Scheffer betonte aber am Freitag noch einmal, dass Russland kein Veto-Recht bei den Entscheidungen der NATO habe.