Bilanz der Vereinbarungen von 1992 Was aus den schönen Worten von Rio wurde
Der Gipfel von Rio 1992 setzte teilweise ehrgeizige Ziele in puncto Nachhaltigkeit. Doch was ist geblieben? Welche Erklärungen wurden in die Tat umgesetzt? Wie sieht es aus mit Klimaschutz und biologischer Vielfalt? Welche Abkommen traten in Kraft? Eine Bilanz nach 20 Jahren.
Von Werner Eckert, SWR-Umweltredaktion, zzt. Rio de Janeiro
Was wurde aus der Deklaration von Rio?
In 27 Grundsätzen wurde versucht, den Begriff "Nachhaltige Entwicklung" in Politik zu übersetzen. Entwicklung darf nicht zu Lasten der Armen und der Umwelt gehen, heißt es darin. Die Deklaration ist aber nicht verbindlich, denn sonst müssten die Folgekosten von Umweltzerstörung längst in die Preise von Waren einkalkuliert sein, es dürfte auch kein "Öko-Dumping" und keine Kinderarbeit mehr geben.
Festgelegt wird hier aber auch der Grundsatz der "gemeinsamen aber unterschiedlichen" Verantwortung für die Umwelt. Das heißt: Alle sind verantwortlich, aber bei den Lösungen muss die unterschiedliche Wirtschaftskraft berücksichtigt werden.
Was wurde aus der Klimaschutz-Konvention?
Sie ist die Mutter der Klimaschutz-Abkommen und vielleicht das folgenreichste Ergebnis von Rio. Auf ihrer Basis entstand 1997 das Kyoto-Protokoll, das 2005 in Kraft trat. Das hat zwar bisher den Ausstoß von Treibhausgasen weltweit nicht gesenkt, aber bis 2015 wird es ein neues Protokoll geben, das alle Länder einbezieht. Dann könnte sich das Bild ändern. Auf jeden Fall sind sehr viele Anstöße zum praktischen Klimaschutz von diesem Verhandlungsstrang ausgegangen. Und er ist grundsätzlich von enormer weltweiter ökonomischer Bedeutung.
Was wurde aus dem Übereinkommen zur biologischen Vielfalt?
Das Übereinkommen hatte das Cartagena-Protokoll zur biologischen Sicherheit zur Folge, das 2003 in Kraft trat. Es regelt den Umgang und internationalen Handel mit gentechnisch veränderten Pflanzen und Tieren völkerrechtlich verbindlich.
2010 wurde das Nagoya-Protokoll beschlossen. Es ist allerdings noch nicht in Kraft getreten. Artenreiche Entwicklungsländer sollen einen finanziellen Ausgleich bekommen, wenn sie Regenwälder oder die Artenvielfalt schützen. Pharmaunternehmen sollen zum Beispiel zahlen, wenn sie traditionelle Naturwirkstoffe für die Medikamentenentwicklung nutzen.
Was wurde aus der Walddeklaration?
Sie ist nur eine unverbindliche Sammlung von schönen Grundsätzen geblieben. Vor allem die Entwicklungsländer hatten sich gegen eine Konvention gewehrt, weil sie befürchteten, dass sie dann einseitig und unentgeltlich zum Schutz ihrer Urwälder verpflichtet werden könnten. Denn die Industriestaaten haben ihre schon fast restlos abgeholzt.
Was wurde aus der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung?
Diese Konvention war eine Spätgeburt von Rio und kam erst mit zweijähriger Verzögerung zustande. Die Wüsten-Konvention ist seit ihrem Inkrafttreten 1996 schwach geblieben. Das Anliegen wird heute aber faktisch in den Klimakonferenzen mitverhandelt.
Was wurde aus der Agenda 21?
Die Agenda 21 war das Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert. 359 Seiten dick entwirft es eine Vorstellung von nachhaltiger Entwicklung. Wie können die Bedürfnisse der jetzigen Generation befriedigt werden, ohne die Chancen der kommenden Generationen zu beeinträchtigen? Die Agenda ist eher ein Lehrbuch als ein politisches Papier. Das Motto "Think global - act local" (global denken, lokal handeln) war der Ursprung der vielen "Lokale-Agenda-Gruppen", die in der Folgezeit in den Kommunen entstanden. Der Schwung hat aber auch hier nicht sehr lange angehalten.
Faktisch ist seit Rio auch die Position der Nichtregierungsorganisationen (Umweltverbände, Entwicklungshilfe-Gruppen aber auch Industrie- und Unternehmensverbände) bei UN-Verhandlungen wesentlich stärker.