
Selenskyj zu Friedensgesprächen "Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine"
Wer wird am Verhandlungstisch sitzen, wenn es zu Gesprächen über ein Ende des Krieges in der Ukraine kommen sollte? Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert, dass Europa und sein Land nicht außen vor gelassen werden.
Es ist das dritte Jahr, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der Münchner Sicherheitskonferenz um Unterstützung für sein angegriffenes Land wirbt - diesmal geht es aber neben Waffen auch um mögliche Friedensverhandlungen mit Russland.
Selenskyj sei grundsätzlich bereit, mit Russland über ein mögliches Ende des Krieges zu sprechen, sagte er am Freitag. Allerdings müsse neben den USA, Russland und der Ukraine auch Europa am Verhandlungstisch sitzen. "Europa muss in vollem Umfang an den Friedensverhandlungen und den Bemühungen zur Verhinderung künftiger Kriege beteiligt sein", schrieb Selenskyj auf X.
Zudem müssten Europa, die USA und die Ukraine vorab eine einheitliche Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie mit einem klaren Aktionsplan koordinieren. Es sei von entscheidender Bedeutung, "dass wir die gleiche Vorstellung davon haben, wie ein gerechtes Ende dieses Krieges aussehen sollte", sagte Selenskyj nach einem Gespräch mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.
Er schätze Frankreichs Engagement für den Grundsatz: "Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine." Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen dauerhaften und gerechten Frieden seien verlässliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine, so Selenskyj.
Bleibt Europa außen vor?
Es gibt die Sorge, dass Europa und die Ukraine bei Friedensgesprächen von US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin übergangen werden könnten. Trump hatte am Mittwoch ein anderthalbstündiges Telefonat mit Putin geführt, ohne sich vorab mit den Europäern abzustimmen.
Im Anschluss erklärte Trump, er habe mit diesem einen "unverzüglichen" Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Dies weckte bei westlichen Verbündeten die Befürchtung, die Ukraine wie auch die europäischen Partner würden von den Ukraine-Gesprächen ausgeschlossen. Später stellte die US-Regierung klar, dass Kiew an den Gesprächen beteiligt werden solle.
Trump hatte in dem Telefonat mit Putin zudem die jahrelange Unterstützung der USA für die Ukraine infrage gestellt. Zu seinen konkreten Absichten hat sich der US-Präsident zwar bisher nur vage geäußert, jedoch angedeutet, dass die Ukraine für ein Abkommen wahrscheinlich Gebiete abtreten müsse, die Russland seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 eingenommen hat.
Treffen von Selenskyj mit J.D. Vance
Selenskyj traf in München auch US-Vizepräsident J.D. Vance. Das Gespräch endete ohne Hinweise auf einen Fahrplan für ein Ende des Krieges. Vance erklärte nach dem Treffen jedoch, die US-Regierung sei bestrebt, Wege zu einem dauerhaften Frieden zu finden. "Wir wollen, dass der Krieg zu einem Ende kommt. Wir wollen, dass das Töten aufhört. Nicht die Art von Frieden, durch den Osteuropa in nur ein paar Jahren in einem Konflikt steckt", so Vance.
Trotz Trumps eigenwilligen Vorgehens in Bezug auf die Ukraine fand Selenskyj schmeichelnde Worte für den US-Präsidenten. Sein Land hoffe darauf, dass es auf Trump zählen könne, sagte Selenskyj. Trump sei "ein starker Mann", der sich auf die Seite der Ukraine schlagen und Putin drängen werde, den Krieg zu stoppen.
Aus ukrainischer Sicht wäre ein NATO-Beitritt Kiews die günstigste Sicherheitsgarantie, so Selenskyj. Zugleich räumte er ein, dass die USA sein Land nie in der Militärallianz gesehen hätten.
Witwe von Kremlkritiker Nawalny warnt vor Verhandlungen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warnte vor einem "Scheinfrieden" in der Ukraine. Zudem lehnte sie einen Vorstoß von US-Präsident Trump ab, Russland ins Forum der wichtigen Industriestaaten - den G7 - zurück zu holen.
Die Witwe des russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, warnte vor Verhandlungen mit Putin: "Selbst wenn Sie sich dafür entscheiden, mit Putin zu verhandeln, denken Sie daran, dass er lügen wird". Putin werde im letzten Moment die Regeln ändern "und Sie zwingen, sein Spiel zu spielen", warnte Nawalnaja. Ihr Auftritt auf der Sicherheitskonferenz fand zwei Tage vor dem ersten Todestag ihres Ehemannes statt.
Der zweite Tag der Münchner Sicherheitskonferenz startet heute mit einer Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz. Unmittelbar nach Scholz wird auch Selenskyj zu Wort kommen.