Bürgerkrieg in Syrien UN-Bericht bestätigt Giftgas-Einsatz

Stand: 16.09.2013 22:08 Uhr

Es gibt für die Experten keinen Zweifel: In Syrien wurden Chemiewaffen eingesetzt. Das haben UN-Inspektoren, die vor Ort waren, in ihrem Bericht bestätigt. Der Giftgas-Angriff auf Zivilisten sei ein Kriegsverbrechen, sagte UN-Generalsekretär Ban.

Die UN-Inspektoren haben bei ihren Untersuchungen in Syrien "eindeutige und überzeugende Beweise" für den Einsatz von Chemiewaffen am 21. August bei Damaskus gefunden. Die Beweise zeigten den Einsatz von Boden-Boden-Raketen mit dem Nervengas Sarin, heißt es in dem Bericht, über den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterrichtete.

Der Inhalt der ersten Seite wurde vorab bekannt, weil der 38-seitige Bericht auf einem offiziellen UN-Foto zu sehen ist, der den Chef der Inspekteure, Ake Sellström, bei der Übergabe des Dokuments an Ban zeigt. Die Inspektoren kommen demnach zu dem Schluss, dass im syrischen Bürgerkrieg Chemiewaffen "in relativ großem Umfang" gegen Zivilisten eingesetzt wurden. Der Bericht der UN-Experten gilt als wichtig für die weiteren Beratungen des Sicherheitsrats.

Ban: "Grobe Verletzung des internationalen Rechts"

Ban bezeichnete derartige Angriffe vor dem Sicherheitsrat in New York als "Kriegsverbrechen" und "grobe Verletzung des internationalen Rechts". Er sprach von einem schweren Schock. Er forderte demnach, der geplanten Vernichtung der syrischen C-Waffen mit Sanktionsdrohungen Nachdruck zu verleihen.

Die USA und ihre Verbündeten machen Syriens Regierung für den Angriff mit 1400 Toten verantwortlich. Es sei zwar nicht Aufgabe der Inspekteure gewesen, die Verantwortlichen für die Attacke vom 21. August zu identifizieren, erklärte die nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice. Aber die in dem Report enthaltenen technischen Beweise, "bekräftigen unsere Einschätzung, dass diese Attacken vom syrischen Regime ausgeführt wurden." Als Beweise führte Rice etwa die Qualität des eingesetzten Sarin-Gases und die Art der verwendeten Raketen an. Auch der britische Botschafter bei den Vereinten Nationen sagte nach dem Bekanntwerden des offiziellen Expertenberichts, dass es nun keinen Zweifel mehr gebe, dass nur das Regime von Staatschef Assad hinter dem Angriff stecken könne.

Außenminister Guido Westerwelle forderte, dass der Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof einschaltet, damit die Verantwortlichen für den Giftgasangriff zur Rechenschaft gezogen werden. "Wir Deutschen sind bereit, bei der Vernichtung der chemischen Waffen technisch und auch finanziell zu helfen," fügte Westerwelle hinzu.

Russland und die USA hatten sich am Wochenende darauf geeinigt, dass das Regime in Damaskus seine Chemiewaffenarsenale bis Samstag offenlegen muss. Bis Mitte 2014 sollen die Chemiewaffen aus dem Bürgerkriegsland gebracht und zerstört werden.

Chemiewaffen-Zerstörung könnte schnell beginnen

Bei einer Verabschiedung des internationalen Plans zu Syriens Chemiewaffen könnte dieser schnell in die Tat umgesetzt werden. Das Programm, die Chemiewaffen letztlich zu zerstören, könne "innerhalb von Tagen" anlaufen, teilte die für die Umsetzung vorgesehene Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) im niederländischen Den Haag mit. Die OVCW-Experten seien bereits dabei, einen Zeitplan zu erstellen, "der die zahlreichen Herausforderungen bei der Überprüfung erklärter Bestände in Syrien berücksichtigt".

Drohung mit "ernsten Konsequenzen"

Mit einer "starken und bindenden" Resolution wollen die USA, Frankreich und Großbritannien im UN-Sicherheitsrat den Druck auf die syrische Führung erhöhen, ihre Zusagen auch umzusetzen. Falls die syrische Regierung ihre Verpflichtungen zur Zerstörung ihres Chemiewaffen-Arsenals nicht einhalten sollten, haben Frankreich, Großbritannien und die USA nach Angaben des französischen Außenministers Laurent Fabius dem Regime in Damaskus mit "ernsten Konsequenzen" gedroht. Dem syrischen Machthaber Baschar al Assad müsse "beigebracht werden, dass es keine andere Perspektive als den Verhandlungstisch gibt," sagte Fabius nach Gesprächen mit seinen britischen und amerikanischen Amtskollegen.

Wie die ARD-Hörfunkkorrespondentin Anne Christine Heckmann berichtet, schlossen die Außenminister Militärgewalt nicht aus, sollte Assad sich nicht an die Forderungen halten. Alle Optionen blieben auf dem Tisch, betonte Fabius. Ziel sei es, noch vor Ende dieser Woche ein entsprechendes Dokument zur Abstimmung vorlegen zu können.

Russland sieht kaum Chancen

Russland sieht dafür allerdings kaum Chancen. Das Vorhaben der westlichen Partner zeuge davon, dass sie den Sinn der Sache nicht verstünden, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Er kritisierte auch Forderungen nach einer starken Resolution, weil diese den "Friedensprozess" mit Damaskus vereiteln könne. Er sei jedoch "überzeugt", dass die USA sich "trotz all dieser Erklärungen aus bestimmten europäischen Hauptstädten strikt an das halten werden, was ausgemacht ist", sagte Lawrow.