Europawahl 2024
Opposition feiert in Ungarn Verluste für Orban bei Rekord-Wahlbeteiligung
Bei der Europawahl in Ungarn zeichnet sich ein überraschendes Ergebnis ab. Ministerpräsident Viktor Orban erhält zwar die meisten Stimmen, sein Konkurrent Peter Magyar schneidet jedoch deutlich besser als gedacht ab.
Eine Rekord-Wahlbeteiligung - und ein denkbar schlechtes Ergebnis für Ministerpräsident Viktor Orban: Das ist das Fazit des Europawahl-Abends in Ungarn. Orbans Fidesz-Partei ist mit rund 44 Prozent der Stimmen zwar wieder stärkste Kraft geworden. Das ist aber das schlechteste Ergebnis, das die Regierungsparteien seit langem bei landesweiten Wahlen eingefahren haben. Orban zeigte sich in der Nacht dennoch gewohnt selbstbewusst.
"Das Wahlergebnis als Telegramm zu schicken, ist einfach: Migration – Stopp. Gender – Stopp. Krieg – Stopp. Soros – Stopp. Brüssel – Stopp. Heute haben wir die alte Opposition und auch die neue Opposition besiegt. Und wir werden immer die aktuelle Opposition besiegen."
Opposition feiert Wahlergebnis
Mit neuer Opposition meint Orban die Partei Tisza von Peter Magyar: Ein ehemaliger Fidesz-Mann aus der zweiten Reihe, der erst seit wenigen Monaten bekannt ist. Magyar war da mit schweren Vorwürfen gegen die Regierung an die Öffentlichkeit getreten. Er wirft Fidesz vor, Ungarns Wirtschaft vereinnahmt und den Rechtsstaat ausgehöhlt zu haben. In den vergangenen Wochen ist Magyar durchs ganze Land getourt.
Die Kampagne hat Wirkung gezeigt: Die von ihm übernommene Partei kam auf Platz zwei - mit gut 30 Prozent. Ein deutlich besseres Ergebnis als vor der Wahl vorhergesagt. "Eine Ära geht heute zu Ende. Heute hat die Zukunft begonnen. Danke für eure Hilfe! (...)" sagte Magyar zu seinen Anhängern. Was bei den Wahlen passierte, sei ein politisches Erdbeben. "Lüge gegen Wahrheit! Ost gegen West! Vergangenheit gegen frische Kraft. Bei der nächsten Parlamentswahl wird das System einen Herausforderer haben – und das wird die Tisza-Partei sein."
Peter Magyar bezeichnet den Wahlerfolg seiner Partei als "Politisches Erdbeben".
Dauerhafter Erfolg oder Strohfeuer?
Erstaunlich an Magyars Ergebnis ist vor allem, dass er offenbar trotz der medialen und finanziellen Übermacht der Fidesz-Partei und einer Schmierkampagne gegen ihn zu vielen Wählern durchgedrungen ist. Ob der Erfolg von Dauer ist, muss sich aber noch zeigen, meint der politische Analyst Mátyás Bodi. "Tisza muss jetzt viel daran arbeiten, eine richtige Partei zu werden: eine Verwaltung aufbauen et cetera."
Bisher ist Magyar vor allem eine Gefahr für die anderen Oppositionsparteien. Diese stürzten bei der Europawahl regelrecht ab. Das sozialliberale Parteienbündnis unter der bisher größten Oppositionspartei DK fiel auf gut acht Prozent zurück. Ins Europaparlament zieht außerdem noch die rechtsextreme Partei "Mi Hazank – Unsere Heimat" mit einem Abgeordneten ein.
Parlamentswahlen in zwei Jahren
Magyars Positionen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht nicht von denen Orbans. Mit der Ausnahme, dass er Ungarn deutlich an Europa und den Westen anbinden will. Orban hingegen ist bekannt für seine guten Beziehungen nach China und Russland. Den Wahlkampf hatte er mit dem Narrativ bestritten, der dritte Weltkrieg würde drohen.
Laut Mátyás Bodi wird das wohl nicht reichen, um Magyar dauerhaft auf Abstand zu halten. "Die Fidesz muss für die nächste Wahl ein neues Narrativ, ein neues Thema finden." Dafür bleibt noch viel Zeit: Die nächste Parlamentswahl steht in Ungarn erst 2026 an.