Bundestagswahl Wie Musk sich in den Wahlkampf einmischt
Elon Musk macht keinen Hehl daraus, dass er die AfD im Wahlkampf unterstützt. Auf seiner Plattform X äußerte er sich bereits öfter zur Politik in Deutschland - mit teils fragwürdigen Inhalten.
"Nur die AfD kann Deutschland retten", schreibt der Milliardär Elon Musk auf seiner Plattform X, unter anderem kurz nach seinem Gespräch mit AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel. Das etwa 70-minütige Gespräch war die bislang wohl reichweitenstärkste Wahlkampfhilfe des Unternehmers für die AfD. Dass Musk und Weidel nicht nur bei Themen wie Migration ihre Ansichten teilen, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass sich beide darin versuchten, Adolf Hitler als Kommunisten umzudeuten.
Es war nicht das erste Mal, dass sich Musk proaktiv in den deutschen Bundestagswahlkampf eingeschaltet hat. So hatte er Ende Dezember in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag" bereits eine Wahlempfehlung für die AfD abgegeben und sie als "letzten Funken Hoffnung für Deutschland" bezeichnet. Dabei hatte sich Musk noch im Jahr 2023 auf X von der AfD distanziert und geschrieben, dass er sie nicht von "einem Loch im Boden" unterscheiden könne.
Auch wenn Musks Unterstützung für die AfD nicht ganz neu ist, schlägt sie jedes Mal hohe Wellen in Deutschland. Ignorieren könne man es daher nicht, sagt Jan Rathje, Senior Researcher beim CeMAS (Center für Monitoring, Analyse und Strategie). "Man muss über Musk sprechen, weil er sehr viele Ressourcen besitzt, die er in Macht umwandeln kann, sowohl ökonomische als auch politische Macht." Das zeige sich nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, wo Musk sich verstärkt einmische.
"Verschwörungsideologisch und extrem rechts"
Seine Plattform X spielt dabei eine große Rolle: Hier äußert Musk sich regelmäßig zu bestimmten politischen Themen und adressiert dabei auch Politiker direkt. Dabei teilt er auch rechtsextreme Accounts und gibt deren falsche oder zumindest verzerrte Ansichten wieder. "Was Musk auf seiner Plattform verbreitet, kann als verschwörungsideologisch und extrem rechts und zum Teil auch codiert antisemitisch bezeichnet werden", sagt Rathje.
Nach Angaben des Wall Street Journals wurden Musks gepostete Inhalte ab 2020 radikaler. Immer wieder greift er zum Beispiel Codes der rechtsextremen Szene auf, postet zum Beispiel: "Nimm die rote Pille", eine Anspielung auf den Film "Matrix", die vor allem in der rechtsextremen "Alt-Right"-Szene in den USA verwendet wird.
Zudem änderte Musk sein Profilbild bei X zwischenzeitlich auf eine Darstellung des Memes "Pepe", ein grüner Frosch, und nannte sich in "Kekius Maximus" um. Auch dies wird laut Experten vor allem in der "Alt-Right"-Szene in den USA verwendet. In dieser Reihe sehen einige daher auch seinen Gruß an das Publikum bei einer Veranstaltung zu Trumps Amtseinführung, der einem Hitlergruß gleich kam. Musk selbst bestreitet das.
Mit Blick auf Europa interagiert Musk vor allem mit Beiträgen, die das Thema Migration beinhalten - meistens geht es dabei um echte oder vermeintliche Ausländerkriminalität. Aus Sicht von Philipp Müller, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Mannheim, hat das vor allem opportunistische Gründe, da sich so am besten Wählerinnen und Wähler mobilisieren ließen. Musk unterstütze vor allem Parteien, die für eine stärkere Deregulierung der Wirtschaft und eine Zerstörung der Demokratie stünden, wovon er sich Vorteile für seine Unternehmen und sein langfristiges Ziel, die Besiedelung des Mars, erhoffe.
Musk interagiert mit deutscher Influencerin
Vor allem im vergangenen Jahr vermehrten sich Musks Beiträge zur deutschen Politik oder auch der in Großbritannien.
Mit Blick auf Deutschland interagiert Musk vor allem mit der rechtsextremen Influencerin Naomi Seibt, die ihre Beiträge vorwiegend auf englisch verbreitet. Einen Post von Seibt im Dezember, indem sie schrieb, dass der Spitzenkandidat der Union, Friedrich Merz, jede Diskussion mit der AfD verweigere, kommentierte Musk mit den Worten, die er einige Wochen später nach dem Gespräch mit Weidel wiederholte: "Nur die AfD kann Deutschland retten".
Die Spitzenkandidaten der SPD und der Grünen, Olaf Scholz und Robert Habeck, bezeichnete Musk auf X hingegen jeweils als Narren. Musk reagierte im Fall von Scholz auf das Aus der Ampelkoalition, bei Habeck auf eine Rede, in der dieser über eine mögliche staatliche Regulierung von Plattformen wie X und TikTok spricht.
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg forderte Musk Bundeskanzler Scholz zudem zum Rücktritt auf und beschimpfte ihn als "incompetent fool" (etwa: unfähiger Idiot). Auch teilte Musk den Kommentar eines Nutzers, der den Vorfall als direkte Folge ungeregelter "Masseneinwanderung" bezeichnete.
Satiriker Hotz nicht vom Staat finanziert
Im Juli vergangenen Jahres hatte Musk unter anderem einen Post von Seibt geteilt, in dem sie schrieb, dass der "vom Staat finanzierte" Satiriker Sebastian Hotz Donald Trump und auch Elon Musk den Tod wünsche.
Musk teilte diesen Beitrag mit den Worten: "Jemand, der dem führenden US-Präsidentschaftskandidaten und mir den Tod wünscht, wird dafür von der deutschen Regierung bezahlt?" Zudem markierte er den Account von Bundeskanzler Scholz und schrieb auf deutsch: "Was ist das?"
Grund war ein Post des deutschen Satirikers Sebastian Hotz, der nach dem Attentat auf den damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Trump geschrieben hatte, dass der letzte Bus und Trump eins gemeinsam hätten, dass sie leider knapp verpasst worden seien. Zudem schrieb Hotz, dass er es absolut fantastisch finde, wenn Faschisten sterben würden. Zwar arbeitete Hotz zum damaligen Zeitpunkt unter anderem für Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, "von der deutschen Regierung bezahlt" werden diese jedoch nicht. Zudem zog der RBB Konsequenzen nach dem Post und beendete die Zusammenarbeit mit Hotz.
Musk reagiert auf Post von Höcke
Generell interagiert Musk mit Blick auf Politik in Europa und Deutschland vor allem mit Accounts aus dem rechten Spektrum. "Wir gewinnen langsam auch den Eindruck, dass zunehmend extrem rechte Accounts auf Englisch auf der Plattform X kommunizieren", sagt Rathje. "Das kann unterschiedliche Gründe haben, etwa den internationalen Austausch mit anderen extrem rechten Akteur:innen. Es kann aber auch die Hoffnung beinhalten, von Elon Musk verstärkt zu werden, so wie es in der Vergangenheit schon mit Posts von Björn Höcke oder Naomi Seibt passiert ist."
Nach der Verurteilung vom thüringischen AfD-Landeschef Björn Höcke, weil er die verbotene Losung der nationalsozialistischen SA "Alles für Deutschland" auf einer Veranstaltung gesagt hatte, meldete sich Musk via X zu Wort und kommentierte einen Beitrag von Höcke. Dieser hatte auf englisch geschrieben, dass Deutschland "wieder einmal Vorreiter bei der Verfolgung politischer Gegner und der Unterdrückung der Meinungsfreiheit" sei. Dass er eine verbotene Nazi-Parole gesagt hatte, erwähnte er nicht. Musk fragte nach, was Höcke gesagt habe und warum das illegal sei.
Auch Urteil gegen AfD-Politikerin wird aufgegriffen
Wenige Wochen später kommentierte Musk den Post eines rechten US-amerikanischen Accounts, der die Verurteilung der AfD-Politikerin Marie-Thérèse Kaiser wegen Volksverhetzung thematisierte - allerdings sehr tendenziös. Kaiser hatte in den sozialen Netzwerken unter anderem geschrieben: "Afghanistan-Flüchtlinge; Hamburger SPD-Bürgermeister für 'unbürokratische' Aufnahme; Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen?"
Der Beitrag bezog sich auf ein Interview mit dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der sich für die Rettung der von den Taliban bedrohten afghanischen Ortskräfte stark gemacht hatte.
In dem Post, den Musk kommentierte, hieß es lediglich, dass Kaiser verurteilt worden sei, weil sie Statistiken veröffentlicht habe, die zeigten, dass afghanische Einwanderer in Deutschland überproportional häufig sexuelle Übergriffe begingen. Musk teilte diesen Beitrag und schrieb: "Wollen Sie damit sagen, dass die Geldstrafe für die Wiederholung genauer Regierungsstatistiken verhängt wurde? War an ihrer Aussage etwas ungenau?"
Algorithmus bevorzugt offenbar Musk und rechte Accounts
Doch nicht nur Musk selbst gibt rechten Nutzern auf X offenbar bevorzugt eine Plattform. Mehrere Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass auch der Algorithmus von X diese Kanäle bevorzugt. Einer Analyse des Center for Countering Digital Hate (CCDH) zufolge wurden Musks politische Posts im US-Wahlkampf mehr als doppelt so oft anderen Nutzern auf X angezeigt wie alle politischen Kampagnenanzeigen in den USA.
Demnach würde es ungefähr 24 Millionen US-Dollar kosten, eine politische Kampagne bei X zu schalten, die eine ähnliche Reichweite erhält wie Musks Beiträge, die den neuen US-Präsidenten Donald Trump im Wahlkampf unterstützte. Zudem seien mindestens 87 von Musks Beiträgen zur US-Wahl von Faktencheckern als falsch oder irreführend eingestuft worden, von denen jedoch keiner eine sogenannte Community Note erhalten habe.
Einer Untersuchung der Queensland University of Technology und der Monash University zufolge hat Musks Account auf X seit seinem politischen Engagement für Trump eine außergewöhnlich hohe Sichtbarkeit. Und auch sie Sichtbarkeit von Accounts von Republikanern sei deutlich gestiegen im Vergleich zu Accounts von Demokraten. In einer Analyse des Wall Street Journals heißt es, dass auch unpolitische Nutzer mit politischen Inhalten überhäuft würden, die Trump zugeneigt sind.
Nach Ansicht von Müller spielt dabei auch eine Rolle, dass inzwischen viele Menschen und Organisationen des eher linken Spektrums die Plattform X verlassen haben, so dass sich das Verhältnis des Meinungsspektrums verändert habe.
Auch antisemitische Inhalte haben verschiedenen Untersuchungen zufolge auf X zugenommen, wie zum Beispiel das Institute for Strategic Dialogue (ISD) in einer Analyse schreibt. Hinzu kommt laut Amnesty International und einer Studie aus den USA ein Anstieg von Hassrede und anderen schädlichen Inhalten.
Wie groß ist Musks Einfluss?
Wie groß der Einfluss von Musk und der Plattform X auf das Wahlergebnis sein wird, lässt sich laut Experten schwer einschätzen. Allerdings sollte man die Wirkung nicht unterschätzen, sagt Rathje. "Zum einen kann das Menschen beeinflussen, die auf X einen Account haben und noch unentschieden sind, wen sie wählen." X sei weiterhin eines der größten sozialen Netzwerke, das vor allem innerhalb des politischen Diskurses eine wichtige Rolle spiele. "Zudem erreicht Musk durch seine mediale Präsenz auch Menschen über seine Plattform hinaus."
Zudem trage es zu einer Normalisierung von tendenziell menschenfeindlichen Ideologien bis hin zu extrem menschenfeindlichen Ideologien bei, wenn Musk sie prominent unterstütze, so Rathje.
Auch Müller sieht in Musks Unterstützung für die AfD eine gewisse Legitimität, die die Partei dadurch erhalte. "Wenn der reichste Mann der Welt eine Partei öffentlichwirksam unterstützt, dann kann das zusammen mit vielen anderen Faktoren dazu beitragen, dass manche Menschen eher dazu tendieren, die AfD bei der nächsten Bundestagswahl zu wählen."
Hinweis: Dieser Artikel entsteht im Rahmen der Kooperation der ARD Faktenchecker von ARD-faktenfinder, BR24 #Faktenfuchs, und DW Fact check.
Mitarbeit: Michael Schlegel (BR24 #Faktenfuchs)