Meinungsfreiheit Was bedeutet Zensur?
Im Zusammenhang mit #shadowban wurde Twitter von Nutzern zuletzt Zensur vorgeworfen. Auch wenn Facebook-Kommentare gelöscht werden, taucht der Begriff immer wieder auf. Aber woher kommt er und was ist damit gemeint?
Der Begriff Zensur geht auf das lateinische Wort "censere" zurück; übersetzt bedeutet dies soviel wie schätzen, begutachten, prüfen. Die Censur war ein hohes Amt im Römischen Reich, dessen bekannteste Aufgabe die Zählung der Bürger und die Schätzung ihres Vermögens war. Auch heute wird in Deutschland ein Zensus durchgeführt. Den Censoren oblag ebenso die Sittenaufsicht. Daraus entwickelten sich die Bedeutungen des Wortes "Zensur" im Sinne von Kontrolle von Publikationen durch staatliche Stellen.
Was versteht man unter Zensur?
Unter Zensur versteht man eine Überprüfung und Kontrolle von Texten und Produktionen in Hörfunk, Fernsehen, Film, Video und Ähnlichem meist von staatlich eingerichteter Stelle. Die Zensoren kontrollieren Werke auf politische, sittliche, religiöse und gesetzliche Aspekte. Sie können zu einem Verbot der Veröffentlichung führen.
Bei einer Vorzensur wird die Publikation vor der Veröffentlichung einer Behörde vorgelegt, die diese dann genehmigt, korrigiert oder verbietet. Bei einer Nachzensur werden die bereits veröffentlichten Publikationen beschlagnahmt oder die Verbreitung beschränkt beziehungsweise verboten.
Gibt es in Deutschland Zensur?
Im Grundgesetz besagt der letzte Satz des Artikels 5 (1) zur Meinungsfreiheit:
Eine Zensur findet nicht statt.
Dies bezieht sich insbesondere auf eine Vorzensur. Eine Einschränkung findet sich darauf folgend:
Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Das bedeutet in Deutschland findet eine Zensur oder eine Einschränkung der Meinungsfreiheit nur statt, wenn der Inhalt der Publikationen verboten ist. Dies umfasst beispielsweise die Verharmlosung und Verherrlichung von Gewalt oder pornographische Darstellungen.
Grenzen der Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland eines der höchsten Güter. Die Grenzen dieser im Grundgesetz festgelegten Freiheit sind immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Beleidigungen sind durch die Meinungsfreiheit nicht geschützt. Gegen sie kann juristisch vorgegangen werden.
Explizit verboten ist in den deutschsprachigen Ländern der Europäischen Union und der Schweiz zum Beispiel das Leugnen des Holocausts. In Deutschland umfasst dies auch die öffentliche Billigung oder Verharmlosung.
Der Vorwurf der Zensur
In Internetforen, auf Blogs und in sozialen Netzwerken findet sich oft der Vorwurf einer Zensur, wenn Kommentare gelöscht oder Accounts blockiert werden. Aktuell wird der Vorwurf beispielsweise gegenüber Twitter unter dem Hashtag #shadowban diskutiert. Die Löschung von Beiträgen durch Betreiber von Internetseiten oder durch Moderatoren in Foren wird mit diesem Begriff belegt und die Angegriffenen sind durch den Vorwurf der Zensur in der Defensive.
Die Gründe des Löschens von Kommentaren und Posts hat aber zumeist mit strafbaren oder beleidigenden Inhalten zu tun. Oder der Nichteinhaltung der Netiquette: Beleidigende Inhalte widersprechen nicht nur den Verhaltensregeln auf den Internetseiten, sondern können eine rechtliche Dimension haben.
Dabei ist das Entfernen von Inhalten oder Blocken von Nutzern durch den Betreiber im engeren Sinne keine Zensur. Hier nehmen Betreiber und Moderatoren das digitale Hausrecht in Anspruch. An anderer Stelle kann der Nutzer den gelöschten Inhalt wieder veröffentlichen.
Zensur im internationalem Vergleich
Zensur ist in vielen Ländern Alltag. Einen Überblick der Presse- und Meinungsfreiheit der Welt bietet die alljährlich erscheinende Rangliste der Reporter ohne Grenzen. Auf dem letzten Platz findet sich Nordkorea; Deutschland belegt Platz 16. Dieser Platz resultiert aus Drohungen und Anfeindungen von Journalisten unter anderem von rechtspopulistischen Gruppierungen.
Auf Rang 176 von 180 der Pressefreiheit befindet sich China. Journalisten dürfen dort über heikle Themen wie Korruption nicht berichten. Bestimmte Suchbegriffe wie beispielsweise das Massaker auf dem Platz dem himmlischen Friedens 1989 führen im Internet ins Leere. Ähnlich problematisch ist der Begriff Smog. Beim chinesischen Pendant von Whatsapp "Wechat" werden Nachrichten, die ein zensiertes Wort enthalten, nicht weitergeleitet.
Auch in der Türkei nimmt die Zensur zu: Journalisten werden verhaftet, Zeitungen und Fernsehsender geschlossen. Internetseiten wie Facebook oder die Online-Enzyklopädie Wikipedia waren zeitweise von der Türkei aus nicht zu erreichen.