Aussage von der Leyens über Rommel "Wüstenfuchs" im Widerstand?
Verteidigungsministerin von der Leyen hat betont, Wehrmacht-Generalfeldmarschall Rommel habe "auch seine Rolle im Widerstand" gehabt. Viele Historiker meinen allerdings: Rommel sei nie Teil des Widerstands gewesen.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat betont, die Bundeswehr halte am Namen "Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne" an ihrem Standort im nordrhein-westfälischen Augustdorf fest. Diese Kaserne sei "bewusst an einem Jahrestag des Widerstands" so benannt worden, sagte von der Leyen am 10. Juni bei einem Besuch in Augustdorf. Das zeige, "dass Rommel seine Rolle auch im Widerstand gehabt hat", so von der Leyen. Angesichts dieser Geschichte sei beschlossen worden, die Kaserne nicht umzubenennen.
Eine Darstellung, die Fragen aufwirft. Denn Rommel war im Zweiten Weltkrieg Befehlshaber an verschiedenen Fronten. Auf den Kriegsschauplätzen wurde er von Propagandakompanien begleitet und so als "Wüstenfuchs" zu einer wichtigen Figur der NS-Propaganda. Rommels Erfolge in Afrika bewegten Propagandaminister Joseph Goebbels und Adolf Hitler, ihn zum Volkshelden zu stilisieren.
Historiker: "Rommel gehörte nicht zum Widerstand"
Der Historiker Ernst Piper, der zahlreiche Publikationen zum Nationalsozialismus veröffentlicht hat, sagte im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder, Rommels Rolle sei zwiespältig gewesen. Kontrovers sei vor allem, ob er möglicherweise von den Attentatsplänen auf Hitler gewusst habe - aber auch das sei "sehr fraglich", so Piper. Ganz sicher sei hingegen: Rommel gehörte nicht zum Widerstand.
Der britische Historiker Richard Overy betonte im SWR ebenfalls, es sei sehr umstritten, ob Rommel Teil des militärischen Widerstands gewesen sei. "Es gab viele Soldaten, die den Widerstand vehement ablehnten, so Overy. Und dann habe es noch Soldaten gegeben, "die spätestens 1944 dachten, dass Hitler Deutschlands Zukunft aufs Spiel setze". Diese Soldaten hätten nichts dagegen gehabt, wenn irgendetwas passiere, seien aber nicht selbst bereit gewesen, zu handeln, erklärt Overy. Er glaube, zu dieser Kategorie habe Rommel gehört.
Der Historiker Peter Steinbach meint, Rommel habe "nur" Soldat sein wollen. Über die politischen, moralischen, menschlichen und rassenideologischen Dimensionen der Befehle, die er ausführte, habe er nie nachgedacht. Da sei er blind gewesen, so Steinbach. "Und das unterscheidet ihn von vielen Regimegegnern, die gerade in der Auseinandersetzung mit der Realität des Dritten Reichs ihre Anti-Position zu Hitler festigten."
"Wohl noch als hitlertreuer General angesehen"
In einer SWR-Dokumentation aus dem Jahr 2014 wurde ausführlich die Frage untersucht, wie viel Rommel von den Attentatsplänen auf Hitler gewusst haben könnte. Darin heißt es:
Im Mai 1944 kommt Rommel mit Carl-Heinrich von Stülpnagel zusammen,1944 Militärbefehlshaber in Frankreich und Mitverschwörer Stauffenbergs. Beide treffen sich in einem Landhaus vor den Toren vor Paris. Ob Stülpnagel Rommel dabei auf Attentatsvorhaben angesprochen hat, ist unbekannt, der Inhalt des Gesprächs ist nicht überliefert. Dagegen spricht, dass Rommel zu dieser Zeit von den Verschwörern wohl noch als hitlertreuer General angesehen wurde, der davon überzeugt schien, den Versuch einer alliierten Invasion erfolgreich abwehren zu können.
Anders ist die Lage dann am 9. Juli 1944, als der Mitverschwörer Caesar von Hofacker Rommel in dessen Hauptquartier in La Roche-Guyon aufsucht. Zu diesem Zeitpunkt ist die Landung der Alliierten nicht nur geglückt, sondern es droht sogar ein rascher Zusammenbruch der gesamten deutschen Westfront.
Das Bundesverteidigungsministerium teilte auf Anfrage des ARD-faktenfinder nicht mit, welche Rolle Rommel "auch im Widerstand" gehabt haben soll. Es sei nicht die Aufgabe des Ministeriums, eine geschichtswissenschaftliche Diskussion zu führen, sagte eine Sprecherin, sondern die Erkenntnisse der historischen Forschung für die Traditionspflege in der Bundeswehr zu bewerten. Das Ministerium verwies dabei auf einen Aufsatz von Peter Lieb aus dem Jahr 2013 mit dem Titel "Widerstandskämpfer oder Nationalsozialist?" Darin heißt es: Rommel sei "sicherlich keine zentrale Persönlichkeit des 20. Juli" gewesen, doch zeige "eine Vielzahl von teils neuen Indizien, dass er der Verschwörung deutlich näher stand, als in letzter Zeit angenommen wurde".
Erwin Rommel (Mitte) und Adolf Hitler an der Front in Polen, September 1939
Wegen der umstrittenen Rolle Rommels gab es lange Diskussionen um die Benennung von Kasernen. Der Historiker Piper meint allerdings, es sei unnötig, der Rommel-Kaserne in Augustdorf jetzt einen neuen Namen zu geben. Andere Experten sehen das anders. Die Geschichtsprofessorin Gisela Diewald-Kerkmann forderte, die Rommel-Kaserne umzubenennen. Grund: "Rommel hatte eine starke Akzeptanz für das NS-Regime. Innerhalb kurzer Zeit hat er einen steilen Aufstieg im Nationalsozialismus vollzogen", sagte sie dem WDR.
Von der Leyens Aussage umstritten
Zusammengefasst: Von der Leyens Aussage ist zumindest fragwürdig. Dass Rommel "seine Rolle auch im Widerstand" hatte, ist keineswegs bewiesen, sondern unter Historikern bis heute höchst umstritten.