"Frag selbst" mit Frauke Petry "Die AfD hasst mich nicht"
Flüchtlingspolitik, Familienbild, Antisemitismus - im ARD-Zuschauerformat "Frag selbst" war AfD-Chefin Petry um keine Antwort verlegen. Kritik prallte an ihr ab. Nur eine Frage brachte sie ins Stocken. Oder täuschte das?
Es ist leise geworden um AfD-Chefin Frauke Petry, nachdem sie ihre Spitzenkandidatur im Bundestagswahlkampf zugunsten von Alice Weidel und Alexander Gauland notgedrungen zurückziehen musste. Doch wie eine Geschlagene wirkt sie nicht beim ARD-Format "Frag selbst". Im Gegenteil: Mit aufrechter Sitzhaltung, die Hände oft ruhend ineinander gelegt, beantwortet sie die Fragen der Zuschauer souverän und beinahe ohne jeden Verhaspler.
Nichts scheint sie aus der Ruhe zu bringen. Schon gar nicht die Frage nach ihrer inzwischen umstrittenen Rolle in der AfD. In einer Partei verlaufe nicht immer alles nach Plan, das sei ihr klar. Doch sie fühle sich weiterhin voll dafür verantwortlich, die Positionen ihrer Partei in die Gesellschaft hineinzutragen. Blick geradeaus. Nächste Frage.
"Parteiausschluss ist sehr schwer"
Viele User interessiert ein anderer kritischer Punkt: Wie steht Petry dazu, dass nach wie vor Antisemiten wie Wolfgang Gedeon oder Rechtsextreme in der Partei Unterschlupf fänden? Zwar will Petry, dass alle Rechtsextremen aus der Partei ausgeschlossen werden, wie sie an späterer Stelle sagt. Doch sie lässt durchblicken, welche Schwierigkeiten das mit sich bringt: "Dass eine junge Partei manchmal recht buntes Klientel einsammelt, passiert nicht nur der AfD. Gegen Herrn Gedeon läuft ein Ausschlussverfahren, von dem ich erwarte, dass es schnell zum Abschluss kommt."
Es sei generell sehr schwer, Mitglieder aus der Partei auszuschließen, gibt Petry zu. Da müsse man am besten am Anfang ganz genau hinschauen und das sei der Partei nicht in allen Fällen gelungen.
"Ehe dient der Fortpflanzung"
Dass Ideal und Wirklichkeit in der AfD und auch im Leben Frauke Petrys nicht immer übereinstimmen, wird auch beim Thema Familienbild deutlich: Eine traditionelle Familie sei für sie eine, in der es Vater und Mutter gebe. Doch ein Ideal zu haben, heiße nicht, dass alle es auch leben könnten. "Deswegen finden Sie in der AfD mich oder auch andere Politiker, die Kinder haben, die vielleicht in zweiter Ehe leben."
Homosexuelle könnten ja zusammenleben und ihre Rechte sollten auch geschützt sein, findet Petry. Doch die AfD sei gegen die Ehe für alle, weil es zwischen der Ehe als "einer vom Staat substantiell geförderten Einrichtung", die "der Fortpflanzung dient" und einer Lebenspartnerschaft einfach "biologische Unterschiede" gebe.
"Keine Person stärker mit Idee der AfD verbunden"
Hochkonzentriert, eloquent und in beeindruckendem Sprechtempo beantwortet Petry die Fragen der Zuschauer. An Selbstbewusstein scheint sie nichts eingebüßt zu haben. "Wieso hasst die AfD Petry?", lautet eine der bei Google am meisten eingegebenen Fragen, die Moderatorin Tina Hassel an die AfD-Chefin weitergibt. Hintergrund ist unter anderem der Versuch von Petrys Mitstreitern im sächsischen Osterzgebirge, ihr den Wahlkreis zu entziehen. Oder die Ankündigung von AfD-Co-Sprecher Jörg Meuthen, eine Kampfkandidatur gegen sie für den Bundesvorstand anzustrengen.
Doch Petry lässt solche Fragen an sich abprallen. Die AfD hasse sie nicht: "Wenn Sie die Öffentlichkeit fragen, dann ist keine Person stärker mit der Idee der AfD verbunden seit 2013 als ich und das zeigt auch, wie wichtig ich weiterhin für die Partei bin."
"Familiennachzug soll ausgesetzt werden"
Selbstkritik scheint Petry generell fremd zu sein. Auch die Frage, ob sie ihre Aussage zum Schießbefehl gegen Flüchtlinge an der Grenze bereue, beantwortet sie ohne Zögern mit einem klaren "Nein". Auch wenn die Vorsitzende der Rechtsaußenpartei sich bei Fragen zur Flüchtlingspolitik weitgehend diplomatisch ausdrückt. Sie betont die Notwendigkeit, Fluchtursachen zu bekämpfen, Entwicklungshilfe gezielter anzugehen, die Eigenverantwortung der Herkunftsstaaten zu stärken.
Deutlich wird sie beim Thema Familiennachzug: Der solle schlichtweg ausgesetzt werden, dafür müssten notfalls die geltenden internationalen Konventionen in Frage gestellt werden.
"Man kann nicht alles"
Einzig ganz am Ende gerät Frauke Petry kurz in Stocken als sie ihre Politik in einer Geste darstellen soll. "Das ist sehr schwer", sagt Petry bedeutungsvoll nach einer Kunstpause. "Was mir spontan dazu einfällt sind offene Hände, weil man damit offenbart, dass man im Dialog bleibt und dass es trotzdem eine Begrenztheit gibt. Man kann nicht alles."
Doch ihr Zögern wirkt gespielt. Immerhin werden alle Politiker bei "Frag selbst" am Ende nach dieser Geste gefragt. Ganz so spontan dürfte ihr die Geste also doch nicht eingefallen sein.