Gesundheitspolitik Bundestag beschließt "kleine" Krankenhausreform
Entlastung für Pflegekräfte, mehr Geld für Kinderkliniken, weniger unnötige Übernachtungen: Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen. Gesundheitsminister Lauterbach will kommende Woche weitere Pläne vorstellen.
Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen, das mehr Geld für Kinderkliniken und Entlastungen bei dringend benötigten Pflegekräften bringen soll. Die Neuregelungen zielen unter anderem darauf, Arbeitsbedingungen der oft stark belasteten Pflegekräfte zu verbessern. Dafür soll ein neues Instrument der Personalbemessung kommen - ausgehend von errechneten Idealbesetzungen für die Stationen.
Vorgesehen ist eine schrittweise Einführung, beginnend mit einer Testphase ab 1. Januar 2023. Ab 2025 soll die Personalbemessung dann scharf gestellt und auch sanktioniert werden.
Das sogenannte Pflegepersonalmodell PPR 2.0 wurde von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Deutschen Pflegerat und der Gewerkschaft ver.di entwickelt.
Vorgesehen ist auch, dass bestimmte Klinikuntersuchungen künftig als Tagesbehandlung ohne Übernachtung möglich sein sollen. Das soll auch mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal schaffen.
Mehr Geld für Kinderkliniken
Für Kinderkliniken soll es 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro zusätzlich geben, zur Sicherung von Geburtshilfestandorten jeweils 120 Millionen Euro mehr. Die Finanzierung soll auch unabhängiger von der jetzigen, leistungsorientierten Logik werden.
Zudem soll der Personalaufwand für Hebammen im Krankenhaus ab 2025 vollständig im Pflegebudget berücksichtigt werden.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte: "Nicht mehr ökonomischer Zwang, sondern medizinische Notwendigkeit soll künftig in den Kliniken über die Behandlung entscheiden." Patientinnen und Patienten sollten sich darauf verlassen können, durch qualifiziertes Personal betreut zu werden - und dass sie nur im Krankenhaus übernachten müssen, wenn dies wirklich nötig sei.
Das jetzige System betone "billig und Menge". Man könne in Krankenhäusern aber nicht mit den gleichen Regeln vorgehen wie im Lebensmitteldiscounter, so Lauterbach.
Kritik aus der Opposition
Den Plänen stimmte die Koalition von SPD, FDP und Grünen zu, Union und Linke votierten dagegen, die AfD enthielt sich.
Unions-Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU) sprach von einem "Krankenhaus-Belastungsgesetz". Mit starren Personalvorgaben würden Pflegekräften neue Daumenschrauben angesetzt. Bei geplanten Tagesbehandlungen seien Haftungsfragen ungeklärt.
Die Techniker Krankenkasse kritisierte, das Instrument löse kein einziges Problem in der Pflege - im Gegenteil. Vorstandschef Jens Baas sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Statt neuer Kolleginnen und Kollegen wird die geplante Pflegepersonalbemessung den Pflegekräften jede Menge zusätzlichen Bürokratieaufwand bescheren."
"Große" Reform soll folgen
Das Ministerium sieht das Gesetzespaket als erste "kleine" Krankenhausreform - eine große will Lauterbach am kommenden Dienstag vorstellen.
Erklärtes Ziel: die "Überwindung" des generellen Finanzierungssystems über Pauschalen für Behandlungsfälle. Es habe sich mittlerweile so verselbstständigt, dass es zulasten der Qualität der Versorgung gehe, argumentierte Lauterbach bereits kürzlich.