Bundestagswahl 2025

Friedrich Merz

Nach der Bundestagswahl Merz will noch heute mit Klingbeil sprechen

Stand: 24.02.2025 14:23 Uhr

CDU-Chef Merz strebt nach der Bundestagswahl eine Koalition mit der SPD an. Er kündigte an, noch heute mit SPD-Co-Chef Klingbeil sprechen zu wollen. Spätestens kommende Woche will er mit den Verhandlungen beginnen.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz strebt nach seinem Erfolg bei der Bundestagswahl eine Koalition mit der SPD an. Die Union und die Sozialdemokraten hätten im neuen Bundestag genug Mandate, um eine schwarz-rote Koalition zu bilden, sagte Merz. "Genau das ist das, was wir auch wollen", fuhr Merz fort. Er werde noch heute mit SPD-Chef Lars Klingbeil und Bundeskanzler Olaf Scholz Gespräche dazu führen.

Merz bekräftigte, dass er aus dem Wahlergebnis für die Union einen klaren Regierungsauftrag ableitet. Ziel sei es nun, eine "vernünftige Übergangsphase" vorzubereiten.

Die Union werde spätestens ab der nächsten Woche in Gespräche mit der SPD eintreten, sagte Merz weiter. "Deutschland braucht eine handlungsfähige Regierung, die eine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat", fügte er hinzu. Er sei "sehr zuversichtlich", dass es gelinge, eine Regierung zu bilden.

In den Gesprächen mit der SPD wolle er vorrangig drei Themenbereiche besprechen: Außenpolitik, Migration sowie Wirtschaft und Industrie. Merz machte aber deutlich, dass er auch das unter der Ampelkoalition geänderte Wahlrecht wieder ändern wolle, weil es "einseitig gegen die Union" gerichtet sei. 15 Wahlkreisgewinner der CDU und drei der CSU schafften wegen des neuen Wahlrechts den Einzug in den Bundestag nicht. "Ein solches Wahlrecht beschädigt unsere Demokratie", sagte Merz.

Christoph Mestmacher, ARD Berlin, über die neuesten Entwicklungen nach der Bundestagswahl

tagesschau24, 24.02.2025 18:00 Uhr

Appell an die SPD

Die Union ist bei der Bundestagswahl klar stärkste Kraft geworden, ist aber auf einen Koalitionspartner angewiesen. Rechnerisch ist nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis eine Regierung mit der SPD möglich, eine Zusammenarbeit mit der AfD hat die CDU ausgeschlossen.

Die SPD erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über eine Regierungsbildung. Mehrere CDU-Politiker gehen aber davon aus, dass die SPD auf jeden Fall in eine Regierung mit der Union eintreten wird. Unionsfraktionsmanager Thorsten Frei appellierte an die SPD, sich der Regierungsverantwortung zu stellen. "Die SPD ist eine alte Partei, die in der Vergangenheit große Verantwortung für unser Land übernommen hat", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag vor Beratungen der Spitzengremien der CDU in Berlin. "Es geht jetzt darum, Verantwortung für unser Land zu übernehmen. Und das bedeutet, dass man die Interessen des Landes weit über parteipolitische Einzelinteressen stellt."

Dass eine Zweierkoalition aus Union und SPD möglich sei, "ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass man sowohl den innenpolitischen Reformstau auflösen kann, als auch jetzt den zunehmend größer gewordenen außenpolitischen Herausforderungen begegnen kann", sagte Frei. Die nächsten Tage würden zeigen, "wie schnell wir es schaffen können, eine starke Regierung fürs Land zu bilden".

SPD: "Kein Automatismus"

Für die SPD ist das Ergebnis nicht nur ein historisches Tief in der Bundesrepublik. Erstmals wurde mit Olaf Scholz ein SPD-Kanzler nach nur einer Amtszeit abgewählt. Scholz hatte am Sonntagabend bereits angekündigt, bis zur Wahl eines neuen Kanzlers im Amt bleiben zu wollen. An Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung wolle er aber nicht teilnehmen.

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil dürfte der neue starke Mann der Sozialdemokraten werden. Am Sonntagabend kündigte Klingbeil an, neben dem Parteivorsitz auch den Vorsitz der Bundestagsfraktion anzustreben.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte zuvor im ARD-Morgenmagazin gesagt, er erwarte schwierige Verhandlungen mit der Union. Er bekräftigte, dass die SPD eine Mitgliederentscheidung über einen Koalitionsvertrag plane. "Es gibt keinen Automatismus, aber die demokratische Mitte muss natürlich versuchen, in diesen Zeiten auch zusammenzuarbeiten", sagte Miersch. Die SPD werde sehen, wie Unions-Kanzlerkandidat Merz sich jetzt verhalte in den Gesprächen. "Dann werden wir das davon abhängig machen, ob es tatsächlich zusammengeht, ja oder nein. Am Ende, das steht fest, steht eine Mitgliederentscheidung der SPD."

Als ein zentrales Thema für Koalitionsverhandlungen sieht Miersch die Handlungsfähigkeit des Staates. "Auch die finanzielle Handlungsfähigkeit wird elementar darüber entscheiden, ob wir die großen Herausforderungen beispielsweise in Sachen Verteidigungsfähigkeit stemmen können und hier nicht Güter gegeneinander ausspielen", sagte der SPD-Generalsekretär bei Phoenix. Bei diesen Fragen werde seine Partei ein eigenständiges Profil zeigen. "Wir werden sicherlich intensive Verhandlungen haben und danach werden wir sehen, ob es ausreichend Schnittmengen gibt", sagte Miersch weiter.

Auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sagte, ein schwarz-rotes Regierungsbündnis sei für ihn kein Selbstläufer. "Es müsste schon eine Koalition sein, von der man guten Gewissens sagen könnte: Ja, das kann etwas werden", sagte er der Zeitung Die Welt. Ein solches Bündnis müsse viele Dinge anpacken, "die jetzt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unbedingt angepackt werden müssen".

AfD: "Normalität im Bundestag"

AfD-Chefin Alice Weidel erhob nach den deutlichen Zugewinnen für ihre Partei erneut einen Anspruch auf wichtige Leitungsposten im Parlament. Es müsse "Normalität im Bundestag" einkehren, die AfD müsse bekommen, "was uns mit unseren Wählerstimmen zusteht", sagte Weidel in Berlin. Konkret forderte sie etwa, "dass uns der Bundestagsvizepräsident nicht vorenthalten wird".

Die AfD mit 152 von 630 Sitzen im künftigen Bundestag "sollte man nicht weiter ignorieren", sagte Weidel weiter. "Ich kann nur hoffen, dass die anderen Fraktionen ihre Gangart gegenüber der AfD nicht fortführen, sondern zu einer demokratischen Auseinandersetzung übergehen." Weidel bezeichnete es zudem als "absolute Frechheit", dass die AfD seit Jahren keinen Platz im parlamentarischen Kontrollgremium bekommt, das für die Aufsicht über die Geheimdienste in Deutschland zuständig ist.

Die AfD-Parteichefs Weidel und Tino Chrupalla wollen auch die Bundestagsfraktion nach der Wahl weiter als Duo führen. "Wir werden gemeinsam weitermachen", sagte Weidel. Denn die Doppelspitze habe gezeigt, dass sie die Partei erfolgreich machte. "Morgen stellen wir uns gemeinsam zur Wahl", sagte Weidel mit Blick auf die erste Sitzung der Fraktion. Chrupalla ergänzte dazu: "Ich würde mich freuen auf die weitere Zusammenarbeit."

Linke: "Starke Opposition"

Die Linke wird an einer Regierung aller Voraussicht nach nicht beteiligt sein. Für Kooperationen mit anderen Parteien bei Gesetzen, die eine Zweidrittelmehrheit verlangen, zeigte sich die Partei jedoch offen. "Natürlich sind wir gesprächsbereit, ist doch gar keine Frage", sagte Ko-Parteichef Jan van Aken im ARD-Morgenmagazin. Bei einer Lockerung der Schuldenbremse könnte die Linke demnach zusammen mit Union, SPD und Grünen stimmen.

Einen Blankoscheck wolle seine Partei der Regierung aber nicht ausstellen. Es gehe darum, Wege zu finden, bei denen Linke nicht "über den Tisch gezogen" werde und die trotzdem der "Demokratie nach vorne helfen". Eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben lehnte van Aken ab. Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz müsse sich im Parlament "warm anziehen", sagte van Aken. Bei Angriffen auf Arbeitnehmende und Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger werde die Linke "eine wirklich starke Opposition sein".

FDP: Neue Kandidaten für Vorsitz

Die FDP hat den Einzug in den Bundestag verpasst. FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki bringt sich als möglicher Nachfolger von Christian Lindner ins Spiel. "Ich bin heute Nacht von so vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung der Partei zu übernehmen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, im Mai zu kandidieren, um die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren", schrieb Kubicki auf der Kurznachrichtenplattform X.

Auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zeigte sich nach dem angekündigten Rücktritt Lindners offen für eine Übernahme des Parteivorsitzes. "Ich stehe voll und ganz hinter der FDP und werde dort in der Partei Verantwortung übernehmen, wo es notwendig ist und wo es gewünscht wird", sagte die EU-Abgeordnete der Bild-Zeitung. Wichtig sei, dass "wir geschlossen und mit klarem Kurs auftreten", fügte Strack-Zimmermann hinzu. "Nach einem thematisch eher engeren Wahlkampf müssen wir uns thematisch dringend wieder verbreitern, beispielsweise um die Bürgerrechte."

BSW will Ergebnis juristisch prüfen lassen

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht ist an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Partei erwägt, das Ergebnis der Bundestagswahl juristisch überprüfen zu lassen. Dies kündigten die Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali in Berlin an. Wagenknecht bezog dies auf 230.000 registrierte deutsche Wahlberechtigte im Ausland. Wegen der kurzen Fristen vor der vorgezogenen Wahl hätten viele ihre Stimme nicht abgeben können, sagte die BSW-Gründerin. Angesichts des sehr knappen Wahlergebnisses, bei dem dem BSW rund 13.400 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt hätten, "stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses", sagte Wagenknecht. Die Co-Vorsitzende Mohamed Ali sagte: "Wir werden die Sache jetzt juristisch überprüfen lassen."

Trotz des verpassten Einzugs ihrer Partei in den Bundestag will Wagenknecht vorerst nicht zurücktreten. "Wir werden darüber beraten, wie wir uns für die Zukunft aufstellen", sagte sie auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt. Wenn es hier Ergebnisse gebe, werde das BSW diese bekanntgeben. Vor der Bundestagswahl hatte Wagenknecht betont, dass die Wahl "auch eine Abstimmung über meine politische Zukunft" sei. Auf die Frage, ob sie Lust habe, BSW-Chefin zu bleiben, antwortete Wagenknecht nun: "Politik ist nicht immer nur eine Frage der Lust." Sie habe aber auf jeden Fall "große Lust, dass das BSW weiter besteht und dass es spätestens nach der nächsten Bundestagswahl im Bundestag ist".