Coronavirus in Deutschland Krisenstab nimmt Arbeit auf
Wegen des Coronavirus in Deutschland bilden Innenministerium und Gesundheitsministerium einen Krisenstab. Minister Spahn spricht in den tagesthemen von einer "neuen Qualität". Doch man könne nicht das gesamte öffentliche Leben lahmlegen.
Als Reaktion auf die weitere Ausweitung des Coronavirus in Deutschland bildet die Bundesregierung einen Krisenstab. Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wollen noch heute über die Einrichtung des gemeinsamen Stabes ihrer Ministerien informieren.
Die Ministerien seien schon seit Wochen im engen Austausch, sagte Gesundheitsminister Spahn in den tagesthemen. Der Krisenstab würden diesen Austausch nun institutionalisieren.
In Berlin erklärte der CDU-Politiker, die neuen Fälle, die seit Dienstag bekannt geworden seien, hätten eine neue Qualität. So sei die Infektionskette teilweise nicht nachvollziehbar, und die Kontakte der infizierten Personen ließen sich nicht zurückverfolgen. Die Hoffnung, dass diese Epidemie an Deutschland vorbeigehe, werde sich nicht erfüllen, so Spahn.
In einer Telefonkonferenz habe er seine Ministerkollegen aus den Ländern gebeten, ihre Pandemiepläne zu aktualisieren und gegebenenfalls in Kraft zu setzen. Außerdem habe er sich mit Vertretern aus dem Gesundheitssektor - Ärzten, Krankenkassen, Kliniken, Apotheken und Pflegeeinrichtungen - getroffen, um über angemessene Reaktionen zu beraten.
"Wir haben uns darauf geeinigt, dass bei vorhandener Symptomatik oder Verdacht jetzt besser einmal mehr auf das Virus getestet wird als einmal zu wenig. Am Geld jedenfalls oder an der Erstattung der gesetzlichen Krankenkassen für eine entsprechende Testung darf es nicht scheitern."
Warnung vor Panik
Außerdem kündigte Spahn verbesserte Informationskampagnen für die Bürger an, wie man sich gegen das Coronavirus schützen könne. Auch das medizinische Personal werde entsprechend vorbereitet. Gleichzeitig warnte Spahn vor Panikreaktionen.
Eine Epidemie bezeichnet in der Regel eine Erkrankungswelle. Bestimmte Erkrankungsfälle mit der gleichen Ursache treten vermehrt auf, heißt es vom Robert Koch-Institut. Eine Epidemie ist zeitlich und räumlich begrenzt.
Für eine Pandemie gibt es keine eindeutige Definition, oft ist damit die Ausbreitung einer Krankheit über mehrere Kontinente oder weltweit gemeint. Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die gesamte Weltbevölkerung potenziell einem Erreger ausgesetzt ist - und das Risiko besteht, dass "ein Teil von ihr erkrankt". Die Einstufung als Pandemie sagt aber nichts darüber aus, wie ansteckend oder tödlich die jeweilige Krankheit ist. Der Pandemiebegriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern "pan" für "alles" und "demos" für "Volk" zusammen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die WHO immer wieder von Pandemien gesprochen, wenn Krankheiten sich über Grenzen hinweg ausbreiteten. So wurden etwa der Ebola-Ausbruch ab 2013 in Westafrika und die Schweinegrippe in den Jahren 2009 und 2010 als Pandemien eingestuft.
In den tagesthemen wandte sich Spahn auch gegen das pauschale Absagen von Großveranstaltungen. Es sei immer auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme. So sei beispielsweise nicht abzusehen gewesen, dass sich ein Betroffener auf einer Karnevalsveranstaltung aufgehalten habe. Man könne nicht "das gesamte öffentliche Leben in Deutschland, Europa und der Welt beenden", so der Minister, zumal die Lage in China und Italien zeige, dass es "das Infektionsgeschehen nicht beendet", wenn man ganze Orte abriegele.
"Man muss am Ende ja abwägen: Was hat welche Folge, was ist eine angemessene Reaktion - und das ist eben genau die öffentliche Debatte, die es braucht, weswegen ich das auch von vorneherein transparent angehe."
Neue Fälle in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und NRW
Die Zahl der Infizierten in Baden-Württemberg stieg inzwischen auf vier. Während zwei der Neuerkrankten Kontakt zum "Patienten Null", einem 25-Jährigen aus Göppingen, haben, meldet die Stadt Rottweil nun einen weiteren Fall, der nicht damit in Verbindung steht. Es handelt sich um infizierten Mann, der sich mit seiner Familie im Risikogebiet in Italien aufgehalten habe.
Auch Rheinland-Pfalz meldet einen Corona-Fall. Wie die Bundeswehr mitteilte, wird ein Soldat im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz behandelt. Er soll auf einer Karnevalsveranstaltung Kontakt zu dem Erkrankten aus Nordrhein-Westfalen gehabt haben.
Am Abend meldete Nordrhein-Westfalen drei weitere Fälle: Im Zuge der Überprüfung von Kontaktpersonen des erkrankten Ehepaares hätten sich unter anderem zwei neue bestätigte Infektionen ergeben, teilte der Kreis Heinsberg mit. Dabei handele es sich um eine Mitarbeiterin des schwer erkrankten 47-Jährigen und deren Lebensgefährten.
NRW: Patient weiter in Lebensgefahr
Ein Corona-Patient in Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor schwer erkrankt. Der Landrat des Kreises Heinsberg, Stephan Pusch, erklärte, der 47-jährige Patient habe unter einer Vorerkrankung gelitten und schwebe in Lebensgefahr. Die Ehefrau des Mannes werde ebenfalls stationär behandelt, ihr Zustand sei stabil.
Coronavirus ist die geläufigste Bezeichnung für das neuartige Virus aus China. Dessen offizieller Name, den die WHO festgelegt hat, lautet Sars-CoV-2. Die aus dem Virus resultierende Lungenkrankheit heißt Covid-19.
Problematisch sei die Tatsache, dass die beiden Betroffenen in den vergangenen zwei Wochen "am gesellschaftlichen Leben teilgenommen" hätten, erklärte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Zahlreiche Kontaktpersonen befänden sich deshalb in häuslicher Quarantäne. Hauptziel sei es, die Infektionsketten zu unterbrechen. "Ob uns das gelingt oder nicht, werden wir sehen", so der CDU-Politiker.