SPD-Parteichefin Esken für Reform der Mindestlohnkommission
Der Mindestlohn soll im kommenden Jahr steigen, auf dann 12,82 Euro. Doch bei dem Kompromiss in der zuständigen Kommission wurden die Gewerkschaften überstimmt. SPD-Chefin Esken will deshalb die Arbeitsweise des Gremiums ändern.
SPD-Chefin Saskia Esken hat sich für eine Reform der Mindestlohnkommission ausgesprochen. "Wir sollten die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestlohnkommission so verändern, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das sei auch bei Tarifverhandlungen üblich. "Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen. Das wäre auch beim Mindestlohn sinnvoll."
Seit 1. Januar gilt ein Mindestlohn von 12,41 Euro. Anfang 2025 steigt die staatlich festgesetzte und von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro. Die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte die Erhöhungsschritte bis 2025 im vergangenen Jahr beschlossen. Erstmals war die Gewerkschaftsseite dabei von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden überstimmt worden, die mit den Arbeitgebern gestimmt hatte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte mindestens 13,50 Euro gefordert.
Höherer Mindestlohn gefordert
Esken bekräftigte außerdem die SPD-Forderung nach einem höheren Mindestlohn. "Die Erhöhung in diesem und im nächsten Jahr ist viel zu niedrig angesichts der Belastungen der Beschäftigten. Er muss auf jeden Fall so hoch sein, dass Alleinstehende armutsfest davon leben können, wenn sie einen Vollzeitjob auf Mindestlohnniveau haben", sagte die SPD-Vorsitzende. Auch die Tariflöhne müssten steigen.
Esken warb außerdem für kürzere Arbeitszeiten. "Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Schichtarbeit, zu viele Überstunden, zu viele Springerdienste krank machen können. Wenn die Leute arbeitsunfähig werden, ist niemandem gedient." Für kürzere Arbeitszeiten spreche, dass eine bessere Verteilung auf mehr Schultern und durchschnittlich niedrigere Arbeitszeit das Arbeitsvolumen insgesamt sogar erhöhen könne. Es gebe Unternehmen, die ermöglichten die Viertagewoche mit vollem Lohnausgleich. "Und es geht", sagte Esken.
8,4 Millionen Beschäftigte verdienen weniger als 14 Euro pro Stunde
Einen höheren Mindestlohn fordert auch die Linkspartei. Er solle "nicht unterhalb von 60 Prozent des mittleren Lohns liegen", sagte sie dem "Spiegel". So sehe es eine Richtlinie der EU vor, die ohnehin bis November 2024 umgesetzt werden müsse: "Das entspricht aktuell mindestens 14 Euro und käme Millionen Beschäftigten zugute."
Wie das Magazin weiter berichtet, verdienen 8,4 Millionen Deutsche weniger als 14 Euro pro Stunde. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linkengruppe im Bundestag hervor, aus der der "Spiegel" zitiert.
Die meisten dieser Menschen sind im Handel beschäftigt: Hier beziehen 1,6 Millionen Angestellte diesen geringen Lohn. Besonders hoch ist der Anteil mit 65,8 Prozent auch im Gastgewerbe. 1,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche lagen demnach unterhalb der 14-Euro-Euro-Schwelle. Die Angaben beziehen auf April 2023.