Streit über Wahlrechtsreform Linke für Senkung der Fünf-Prozent-Hürde
Vor einer Woche beschloss der Bundestag die Wahlrechtsreform. CSU und Linke sehen sich dadurch benachteiligt. Linken-Politiker Gysi schlägt deshalb einen Kompromiss vor: Die Ampel-Koalition müsse die Fünf-Prozent-Hürde senken.
Im Streit zwischen Koalition und Opposition über das neue Wahlrecht schlägt der frühere Linksfraktionschef Gregor Gysi eine Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde vor. "Wenn die Ampel-Koalition keinen verfassungsrechtlichen Streit riskieren will, muss sie die Prozenthürde auf 3 oder 3,5 Prozent senken", schrieb Gysi auf Twitter und äußerte dies gleichlautend auch gegenüber dem "Spiegel", der zuerst darüber berichtet hatte.
Hintergrund ist die Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel in der gerade beschlossenen Wahlrechtsreform. Diese Klausel sichert Parteien bisher beim Gewinn von drei Direktmandaten den Einzug ins Parlament nach ihrem Anteil der Zweitstimmen. Davon profitierte die Linke 2021.
Gysi: Chancengleichheit spricht gegen Prozenthürde
Gysi argumentiert mit der grundgesetzlich verankerten Chancengleichheit der Parteien. So habe das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass die Grundmandatsregel zur Abbildung des Wählerwillens beitrage. Wenn die Direktmandatsregel wegfalle, müsse auch die prozentuale Hürde gesenkt werden.
"Damit wären beide höchstrichterlich festgelegten Ziele - Erleichterung der Mehrheitsbildung und regionale Repräsentanz - erreichbar und Klagen oder Beschwerden in Karlsruhe mit großer Wahrscheinlichkeit überflüssig", schrieb er weiter. Er forderte die Ampelregierung auf, "das Wahlrecht unverzüglich entsprechend zu verändern, so dass der notwendige breite Konsens im Parlament zustande kommen kann".
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, stellte sich hinter diese Argumente. "Völlig richtig", schrieb er dazu auf Twitter. "Ampel hat es selbst in der Hand: Entweder Fünfprozenthürde senken oder Verfassungsklage in Karlsruhe. #Wahlrecht muss gerecht sein!"
Söder gegen Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde
CSU-Chef Markus Söder lehnt eine Senkung der Fünf-Prozent-Hürde hingegen ab, wie er der "Süddeutschen Zeitung" sagte. "Die Ampel muss dieses Wahlrecht ganz zurücknehmen, Korrekturen reichen nicht", betonte Söder. "Um sich ihre Mehrheit zu sichern, hat sie zwei von drei Oppositionsparteien in ihren Grundfesten benachteiligt. Die Ampel hat sich an der politischen Kultur versündigt", kritisierte der bayerische Ministerpräsident.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Die Linke und CDU/CSU fühlen sich durch die Reform benachteiligt und erwägen den Gang vor das Bundesverfassungsgericht.