Hasskriminalität Demo für Toleranz nur unter Polizeischutz
CSD-Paraden stehen für Vielfalt und Toleranz. Doch Hass und Hetze gegen queere Menschen nehmen zu. Die Umzüge in Bautzen und Braunschweig an diesem Wochenende finden deshalb mit großem Polizeiaufgebot statt.
In den Sommermonaten finden regelmäßig zahlreiche Paraden zum Christopher Street Day (CSD) für die Rechte von Lesben, Schwulen und anderen queeren Menschen auf deutschen Straßen statt. In Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Köln nahmen in diesem Jahr erneut Hunderttausende Menschen teil. Auch in kleineren Gemeinden feiert die queere Community ihre Identität und Vielfalt - oft unter erschwerten Bedingungen.
So startet der Demonstrationszug zum CSD im ostsächsischen Bautzen am Samstagnachmittag wegen möglicher rechtsextremer Störaktionen unter einem großen Polizeiaufgebot. Nach einer Lagebewertung seien entsprechende Polizeikräfte vor Ort, sagte eine Polizeisprecherin.
Zum CSD-Umzug werden rund 500 Menschen in Bautzen erwartet. Zugleich ist eine Demonstration gegen den CSD unter dem Motto "Gegen Gender-Propaganda und Identitätsverwirrung!!!" geplant. Dazu sind bis zu 400 Personen angemeldet worden.
Auch die rechtsextreme Kleinstpartei "Freie Sachsen" hat einen Protest mit 30 bis 50 Teilnehmern angekündigt. "Ziel des Polizeieinsatzes ist ein störungsfreier Ablauf der Veranstaltungen", sagte die Polizeisprecherin.
Abschlussparty aus Sicherheitsgründen abgesagt
Zuvor hatten die CSD-Veranstalter eine geplante Abschlussparty abgesagt - nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen. "Wir können dafür keine Verantwortung tragen und haben aktuell nicht die nötigen Ressourcen, um diese Veranstaltung entsprechend abzusichern und zu schützen", hatte CSD-Mitorganisator Jonas Löschau der Zeitung Freie Presse mit Blick auf die geplanten Demonstrationen rechter Gruppen gesagt.
Löschau sagte weiter, die Organisatoren hätten mit Ankündigungen von Protesten gerechnet, aber die Dimension nicht erwartet. Er empfahl den CSD-Teilnehmern, bei der An- und Abreise nur in Gruppen in der Stadt unterwegs zu sein.
Die Polizeidirektion Görlitz bestätigte, dass die Organisatoren eine geplante Abschlussveranstaltung nach einem Kooperationsgespräch mit der Polizei abgesagt hätten. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz machte jedoch keine Angaben zu den Gründen der Absage.
Sachsens Justizministerin erschüttert
Die sächsische Justizministerin Katja Meier sagte, es mache sie fassungslos, dass eine Veranstaltung aufgrund der angespannten Sicherheitslage und der starken rechtsextremen Mobilisierung abgesagt werden müsse. "Hass und Hetze gegen queere Personen sind Ausdruck menschenfeindlicher Ideologien, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben", betonte die Grünen-Politikerin.
Am Rande von CSD-Paraden gab es zuletzt vermehrt Beleidigungen und tätliche Angriffe. Beim CSD im sächsischen Pirna im Juli berichtete der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), auf dem Marktplatz der Stadt hätte es ein sehr gutes Sicherheitskonzept mit Kontrollen gegeben. Anreisende Teilnehmer hätten jedoch von Bedrohungen und Beschimpfungen außerhalb des Veranstaltungsorts berichtet.
Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen in Braunschweig
In Braunschweig findet an diesem Wochenende ebenfalls ein CSD statt. Nachdem im vergangenen Jahr dort ein 22 Jahre alter Mann von einer fünfköpfigen Gruppe angegriffen wurde, sollen nach Angaben des NDR in diesem Jahr zusätzliche private Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Zur Parade werden etwa 5.000 Menschen erwartet.
Im nahen Gifhorn ermittelt die Polizei nach mehreren Hasskommentaren zu einem Onlineartikel über den CSD. Es seien rund 2.500 Kommentare unter einem Facebook-Post der Gifhorner Rundschau gesichert worden, teilte die Polizei mit. Viele von ihnen enthielten demnach Beleidigungen und Bedrohungen. Aufgrund dieser Flut an negativen Reaktionen habe sich die Online-Redaktion der Zeitung dazu entscheiden, den Beitrag zu entfernen.
Der Staatsschutz der Gifhorner Polizei, der Staatsanwaltschaft in Göttingen und der Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet Niedersachsen werten nun die Kommentare aus und leiten Strafverfahren ein. Bei dem CSD Mitte Juli hatten sich nach Angaben der Polizei rund 600 Teilnehmer und Teilnehmerinnen in der Innenstadt von Gifhorn nahe Wolfsburg getroffen.
Auch größere CSDs betroffen
Das Problem betrifft jedoch nicht nur kleinere CSDs. Beim größtenteils friedlichen Umzug Ende Juli in Berlin gab es beispielsweise 58 vorübergehende Festnahmen. Gleich zu Beginn des CSD hatte die Polizei eine Gruppe Rechter ausgebremst, die versucht hatte, zum Aufzug zu kommen. Zwei Tage zuvor waren zwei Männer, die eine Regenbogenfahne - ein Symbol der queeren Vielfalt und Toleranz - dabei hatten, in Berlin von mehreren Jugendlichen attackiert und leicht verletzt worden.
Ebenfalls im Juli kam es während des Kölner CSD-Umzugs zu einem Vorfall. Eine Gruppe von zwölf jungen Männern und einer Frau hatte lautstark rechtsradikale und homophobe Äußerungen von sich gegeben. Auch habe die Gruppe Regenbogenfahnen abgerissen, sagte eine Polizeisprecherin. Im Vorfeld hatte es zudem mehrere Drohungen gegen den CSD gegeben. Die Polizei schützte die Parade mit mehreren hundert Beamten.
Der Christopher Street Day findet jedes Jahr in vielen Städten in aller Welt statt und erinnert an Ereignisse am 28. Juni 1969: Polizisten stürmten damals die New Yorker Schwulen- und Lesbenbar "Stonewall Inn" in der Christopher Street und lösten dadurch mehrtägige Proteste von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus. Beim CSD wird für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuellen und queeren Menschen demonstriert.