Aktionstag der Krankenhäuser Proteste gegen "eiskalten Strukturwandel"
Mit einem Aktionstag haben Interessenvertreter auf die aus ihrer Sicht dramatische Lage der Krankenhäuser hingewiesen - es gebe einen "eiskalten Strukturwandel". Gesundheitsminister Lauterbach zeigte Verständnis.
Mit einem bundesweiten Protesttag unter dem Motto "Alarmstufe Rot - Krankenhaus in Not" haben Kliniken, Verbände und Gewerkschaften auf die ihrer Einschätzung nach prekäre finanzielle Lage der Krankenhäuser hingewiesen. In mehreren deutschen Städten fanden Kundgebungen statt, unter anderem in Berlin.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sprach von einem "eiskalten Strukturwandel". Sie verlangt unter anderem einen zusätzlichen Inflationsausgleich, um Mehrkosten für die Krankenhäuser aufzufangen. "Die Inflation sorgt für massive Kostenerhöhungen", sagte der Vorstandschef der DKG, Gerald Gaß.
Gewerkschaft für Insolvenzschutz
Auch die Gewerkschaft ver.di warnte vor Krankenhausschließungen aus finanziellen Gründen. "Während Bund und Länder noch um den richtigen Weg einer Krankenhausreform ringen, stehen viele Kliniken wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand", sagte Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.
"Es wäre unverantwortlich, Kliniken zu schließen, die für eine flächendeckende, wohnortnahe und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung gebraucht werden", warnte die Gewerkschafterin. Bühler forderte einen "schnellen Schutz vor Insolvenzen". Auch die Länder müssten "endlich ihrer Pflicht nachkommen, notwendige Investitionen vollständig zu finanzieren".
Defizit von zehn Milliarden Euro
Auf ein "nachhaltiges Finanzierungspaket für die Krankenhäuser" drang der Katholische Krankenhausverband Deutschland. Das sei notwendig, "damit nicht schon vor der angekündigten Krankenhausreform bedarfsnotwendige Kliniken wegbrechen".
Bereits Ende dieses Jahres müssten die Krankenhäuser bundesweit ein Defizit von zehn Milliarden Euro schultern, kritisierte die Verbandsvorsitzende Bernadette Rümmelin.
Lauterbach kann "Protesttag sehr gut verstehen"
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, er könne "den Protesttag sehr gut verstehen". Die Krankenhäuser seien in einer Notlage, dieses Jahr werde es noch "einigermaßen funktionieren", aber das nächste Jahr werde sehr schwer.
20 bis 25 Prozent der Krankenhäuser seien akut insolvenzgefährdet, darunter auch solche, die notwendig für die Versorgung seien. Daher werde mit Hochdruck an der Krankenhausreform gearbeitet, um das Kliniksterben aufzuhalten.
Auf die rasche Umsetzung der Reformpläne drang die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus. "Ohne eine umfassende Strukturreform laufen wir Gefahr, dass viele Krankenhäuser geschlossen werden müssen und die Versorgungslage sich erheblich verschlechtert", erklärte sie in Berlin.
"Weg von der Profitlogik im Gesundheitssystem"
"Wir brauchen einen aktiv gesteuerten Transformationsprozess und eine qualitätsorientierte Veränderung der Krankenhauslandschaft", forderte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Allerdings sehe sie aktuell auch nicht die Gefahr einer Insolvenzwelle. Reimann wies darauf hin, dass es insbesondere während der Corona-Pandemie durchaus massive Unterstützung für die Krankenhäuser gegeben habe.
"Jedes Krankenhaus muss erhalten bleiben", verlangte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Sie warnte ansonsten vor längeren Anfahrtswegen in Notfällen. "Insgesamt müssen wir weg von der Profitlogik im Gesundheitssystem", forderte die Linken-Politikerin. "Es darf nicht sein, dass Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften müssen und deshalb gezwungen sind, an Personal und Versorgungsqualität zu sparen."