Debatte über Subventionen Özdemir zeigt Verständnis für Bauernproteste
Nach dem Protest gestern legen die Bauern heute eine kleine Ruhepause ein. Doch die politische Debatte läuft weiter. Agrarminister Özdemir zeigte Verständnis für die Landwirte. Kanzler Scholz hält an den Plänen fest - trotz SPD-Kritik.
Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Verständnis für die Bauernproteste geäußert, wirbt aber auch für Akzeptanz für die bereits abgeschwächten Pläne zur Streichung von Subventionen. "Dass viele Landwirtinnen und Landwirte immer noch sagen, das reicht ihnen nicht, kann ich nachvollziehen. Das ist ihr gutes Recht", sagte der Grünen-Politiker in Berlin.
Andererseits sei es so, dass man angesichts der Probleme bei der Haushaltssanierung schwierige Kompromisse finden müsse. Er würde es sich auch anders wünschen, aber so sei nun einmal die Haushaltslage, die er nicht ändern könne.
Özdemir verwies darauf, dass die ursprünglichen Pläne auch nach Warnungen von seiner Seite korrigiert worden seien. Es sei gelungen, die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung voll zurückzunehmen. Agrardiesel-Vergünstigungen sollten zumindest in drei Schritten und nicht sofort zurückgenommen werden.
Der Minister sprach sich dafür aus, nun auch Alternativen wie Biodiesel zu prüfen und die Position der Bauern zu verbessern. Er denke etwa daran, wie man die Marktmacht der Landwirtschaft stärken könne. Özdemir warb auch erneut für eine dauerhaft gesicherte Finanzierung für einen Umbau der Tierhaltung zu höheren Standards.
Debatte über Subventionspolitik
Die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) forderte Veränderungen in der Subventionspolitik. Die Landwirtschaft sei seit Jahrzehnten in der Krise, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Weil sie darüber hinaus ein wichtiger Sektor im Klima- und Umweltschutz ist, muss sich etwas grundlegend verändern."
Nötig sei dafür laut Künast aber ein "Transformationspfad und keine vollendeten Tatsachen ohne Alternativen". Sie plädierte dafür, "die Subvention stufenweise abzubauen und das Gespräch mit der Branche zu suchen".
Die Unionsfraktion im Bundestag lehnte eine Debatte um Reformen bei den Finanzhilfen hingegen ab. Die Subventionen seien zeitgemäß, weil es sich um Ausgleichszahlungen für öffentliche Güter wie Versorgungssicherung und Landschaftspflege handele, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger den Funke-Zeitungen. "Sie entsprechen der besonderen Rolle der Landwirtschaft, die eine verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln aus unseren heimischen Regionen sicherstellt."
Scholz steht zu Sparplänen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits erklärt, dass er trotz der Proteste an den Kürzungsplänen festhalten will. "Die Bundesregierung steht dazu", sagte er im Kanzleramt. Die Subventionen seien schon seit vielen Jahren kritisiert worden - und bei einem Subventionsabbau gebe es immer Stimmen, die sagen, "aber nicht diese". Nun bleibe die Regierung bei ihrem Vorhaben, das "in sehr kurzer Zeit" im Bundestag zur Abstimmung stehen soll.
Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, es gebe "keine Überlegungen" in der Bundesregierung, die Beschlüsse im Agrarbereich noch einmal zu ändern. Vielmehr gebe es jetzt einen Kabinettsbeschluss.
Mehrere Ministerpräsidenten wollen jedoch eine komplette Rücknahme der finanziellen Kürzungen. Das verlangten etwa die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
Weniger Proteste heute erwartet
Am Montag hatten Tausende Landwirte, Bus- und Lastwagenfahrer in vielen Regionen Deutschlands demonstriert. Sie blockierten Autobahnauffahrten und zogen mit Traktorkolonnen in die Städte. Im Vorfeld hatte es Sorge vor einer Unterwanderung der Proteste durch rechte Gruppierungen gegeben. Die rechtsextreme Partei "Freie Sachsen" legte eine Demonstration in Dresden auf denselben Tag. Mehrere tausend Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Auf Bannern wurden das Ende der Regierung sowie eine Neuwahl gefordert. Bauernverbände gingen vorab auf Distanz zu solchen Aktionen aus dem rechten Spektrum.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sieht keine Anzeichen für eine Unterwanderung der Proteste durch Rechtsextremisten. "Die Landwirte haben deutlich kommuniziert, dass sie ihre eigenen Proteste durchführen und dabei für rechtes Gedankengut kein Platz sei, sodass beispielsweise die 'Freien Sachsen' zu einer eigenen Versammlung aufrufen mussten", sagte er der "Rheinischen Post".
Auch heute dürften Bauern den Verkehr mit Protesten stören, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß. Es sind im Vergleich zum Auftakt der Aktionswoche nur wenige Aktionen geplant.