Klausur im Kloster Andechs Wie die CSU die AfD rechts liegen lassen will
Die CSU-Landesgruppe startet mit ihrer Sommerklausur im Kloster Andechs in den Wahlkampfsommer. Vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober will die CSU die AfD möglichst wenig beachten und mit eigenen Themen punkten.
Es verspricht ein idyllischer Tag zu werden im Kloster Andechs. Dort trifft sich die CSU-Landesgruppe innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu ihrer Sommerklausur. Der Wetterbericht sagt Sonnenschein voraus, die bayerischen Berge und der Ammersee dienen als Kulisse. Und das i-Tüpfelchen ist er: Friedrich Merz. Der CDU-Chef kommt extra in den Süden gereist, um der Schwesterpartei beim anstehenden Wahlkampf Rückendeckung zu geben.
Er freue sich über jeden Auftritt, den Merz in Bayern mache, sagt der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt. Es sei nicht selbstverständlich, dass CDU und CSU sehr gut miteinander auskommen würden. Mit Merz gelinge das aber erstklassig.
Immer noch ein gewisses Misstrauen
So viel Harmonie, so viel Idylle. Doch nichts ist so perfekt, wie es scheint. Auch wenn das Verhältnis der Unionsparteien sich deutlich gebessert hat, herrscht zwischen CDU und CSU immer noch ein gewisses Misstrauen, insbesondere in der Frage nach der Kanzlerkandidatur. Egal, wen man in der CDU danach fragt, die Antwort klingt immer ähnlich: Es hängt von den Ergebnissen der Landtagswahl in Bayern ab. Sollte CSU-Chef Markus Söder mehr als 40 Prozent einfahren, wird er sich, so vermuten viele, gestärkt durch ein gutes Wahlergebnis wieder als Kanzlerkandidat ins Spiel bringen.
Egal wie sie ausgeht, eine Entscheidung in der Frage wird es wohl nur mit Söder geben. Das weiß offenbar auch Merz - und versucht es mit Unterhaken. Bei der letzten Fraktionssitzung vor der Sommerpause kündigte er den Unions-Bundestagsabgeordneten an, dass er und Söder die Frage zu gegebener Zeit beantworten würden. Ein Affront gegen CDU-Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst und Daniel Günther, die Merz zum Teil kritisch gegenüber stehen und denen selbst Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur nachgesagt werden.
Die CSU hat das Thema Respekt entdeckt
Söder und Merz werden sich am Nachmittag in Andechs gemeinsam der Presse stellen und über die "Respektsagenda" sprechen, die auf der Klausur verabschiedet werden soll. Mit dem Begriff "Respekt" warb auch Olaf Scholz im Bundestagswahlkampf 2021. Nun hat auch die CSU das Thema für sich entdeckt. Und tatsächlich liest sich deren Papier wie ein Wahlprogramm - nicht nur für Bayern, sondern für ganz Deutschland.
Nahezu alle Themenfelder von der Wirtschafts- und der Außenpolitik bis hin zur Inneren Sicherheit kommen in der Beschlussvorlage vor. Vielfach geht es um bekannte Positionen: Das Gebäudeenergiegesetz will die Union ebenso rückgängig machen wie die Abschaltung der Atomkraftwerke. Klimaaktivisten, die sich an Straßen festkleben, sollen härter bestraft werden.
Erleichterung soll es mit der CSU bei der Erbschaftssteuer geben. Eigenheime sollen laut Beschlussvorlage der Klausur steuerfrei an die nächste Generation übergeben werden können - egal ob als Schenkung oder als Erbe. Der Vorschlag der CSU sieht vor, dass auch diejenigen keine Erbschaftssteuer zahlen müssen, die nicht selbst einziehen, sondern vermieten. Wer das Haus seiner Eltern oder Großeltern erbe und es in den nächsten zehn Jahren selbst bewohne oder vermiete, solle dieses Haus steuerfrei bekommen, sagte Landesgruppenchef Dobrindt dem ARD-Hauptstadtstudio vor Beginn der Klausur.
Eigene Schwerpunkte statt AfD-Themen
Mit der Betonung eigener wirtschaftspolitischer Kompetenz könne die CSU, hofft Dobrindt, auch Schwächen der AfD aufzeigen. Jedem müsse klar sein, was er bekomme, wenn er sich aus einer Protesthaltung heraus der AfD zuwenden wolle. Die inhaltliche Schwäche der AfD, gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik und bei der Frage der Erhaltung von Wohlstand und Wachstum wird aus Dobrindts Sicht bisher noch zu wenig thematisiert. Die CSU will hier ansetzen.
Tatsächlich ist auffällig, dass der Punkt Migration in dem Papier erst sehr spät angesprochen wird. Vorher kommen zig andere Forderungen, ganz zu Beginn steht "Wachstum fördern" und "Überstunden steuerfrei" stellen. Wirtschafts- statt Flüchtlingsfragen: Die CSU hat offenbar aus dem Wahlkampf 2018 gelernt und setzt nun eigene Schwerpunkte statt auf AfD-Themen. Am besten gar nicht beachten, nicht über die Partei reden, so offenbar das neue Credo der CSU. So arbeitet sich Söder lieber an den Grünen ab, schließt eine Koalition mit ihnen kategorisch aus.
Die Umfragewerte könnten besser sein
Die Christsozialen haben sich auf einen schweißtreibenden Wahlkampfsommer eingestellt. Die Umfragewerte könnten besser sein. Die Grünen liegen auf dem zweiten Platz und auch die Freien Wähler legen weiter zu. Deren Chef Hubert Aiwanger dürfte Söder einiges an Kopfzerbrechen bescheren. Denn in Bierzelten ist der ein gern gesehener Gast - einer, den man nach seinen heftigen Attacken gegen die "Heizungsideologie" der Ampelkoalition und seinem Satz, die schweigende Mehrheit müsse sich die Demokratie zurückholen, in einigen von ihnen wahrscheinlich lieber in Empfang nimmt als Söder.
So kann auch Söder derzeit eigentlich nur ein großes Interesse an einem entspannten Verhältnis mit Merz haben. Wenn die beiden Parteivorsitzenden in bayerischer Postkartenkulisse über Respekt referieren, werden sie sicherlich medienwirksame Bilder erzeugen. Spannend wird sein, wie die gemeinsamen Auftritte von Söder und Merz im nächsten Jahr aussehen werden - dann, wenn sich die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur nicht mehr aufschieben lässt.