Abtreibungsrecht Schwangerschaftsabbruch jetzt legalisieren
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission rät, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren. Lissy Kaufmann meint, die Regierung sollte die Empfehlungen jetzt umsetzen.
Es ist ein Meilenstein, dass sich erstmals in Deutschland eine Kommission rechtlich, ethisch und medizinisch mit Abtreibungen befasst hat - und deren Legalisierung in der frühen Schwangerschaft empfiehlt. Es ist ein längst überfälliger Meilenstein.
Die Expertinnen der Kommission schaffen keine neuen gesellschaftlichen Gräben. Sie decken alte auf, die nur aufgrund eines faulen Kompromisses lange verdeckt worden waren. Ein Kompromiss, der jedes Jahr zehntausende Frauen ganz persönlich betrifft. Verboten, aber straffrei - das ist kein Zustand.
Ungewollt schwanger - eine Notlage
Eine Abtreibung ist ein schwerwiegender Eingriff. Eine Frau, die ihn durchführen lässt, spürt ihn körperlich und emotional. Ob bei einem medikamentösen Abbruch oder einer Operation. Welche Frau treibt leichtfertig ab? Schätzungsweise: Keine einzige.
Ungewollt schwanger zu werden ist lebensverändernd, stellt vor moralische und persönliche Herausforderungen. Es ist eine Notlage. Eine Frau, die abtreiben lassen möchte, hat dafür ernsthafte Gründe.
Legal oder bedingt straffrei - ein Unterschied
Und ja, da macht es einen Unterschied, ob dieser Schritt legal ist oder - wie derzeit in Deutschland - verboten und nur unter bestimmten Bedingungen straffrei.
In ihrer Notlage haben Frauen in Deutschland bis heute auch noch die Last zu tragen, Unrecht zu begehen. Etwas Schmutziges, etwas Verbotenes zu tun. Was bestenfalls keiner erfahren sollte. Wie kann das sein, im Jahre 2024, in einem westlichen, demokratischen, liberalen Land?
Stigmatisierung für Frauen und Ärzte
Paragraph 218 führt zu einer Stigmatisierung. Der Schwangeren, die mit ihren Ängsten, Sorgen und Zweifeln oft allein sind. Und der Ärzte, die den Eingriff nur unter bestimmten Bedingungen durchführen dürfen. Das hat Folgen: Ärztinnen und Ärzte halten sich zurück, führen Eingriffe nicht durch und wenn doch, dann lieber nicht öffentlich bekannt. Frauen müssen nach ihnen suchen, und das unter Zeitdruck. Für Frauen in prekären Lebenslagen, mit wenig Bildung und mangelnden Sprachkenntnissen, ist das eine riesige Hürde.
Die Kommission hat ein starkes Argument geliefert, warum auch aus ethischer Sicht eine Reform nötig ist: In der Frühphase ist ein Fötus außerhalb des Mutterleibs nicht lebensfähig. Hier wiegt das Lebensrecht des Ungeborenen weniger schwer als die Grundrechte der Schwangeren - also das allgemeine Persönlichkeitsrecht und damit das Recht auf Selbstbestimmung.
Die Zeit ist reif
Die Bundesregierung hat angekündigt, sich die Ergebnisse jetzt genau anzuschauen. Das dürfen nicht nur leere Worthülsen bleiben. Die Regierung muss sich ernsthaft mit den Argumenten auseinandersetzen.
Und sie sollte sich ernsthaft daranmachen, die Empfehlungen umzusetzen. Im Herbst nächsten Jahres wird wieder gewählt. Mit der Union an der Regierung wäre eine Legalisierung nicht zu machen. Die Ampel sollte die Chance nutzen. Die Zeit ist reif. Und sie drängt.