Konkurrenz mit China Deutsche Solaranlagen-Hersteller rufen um Hilfe
Braucht die deutsche Solarbranche staatliche Förderung, um sich gegen die chinesische Marktdominanz behaupten zu können? Einen sogenannten Resilienzbonus wird es nun wohl nicht geben - die Ampel hat sich verhakt.
Gunter Erfurt ist Chef des Solarherstellers Meyer Burger. Er war mal angetreten, um die deutsche Solarindustrie wiederzubeleben - vor allem gegen die chinesische Konkurrenz. Aber inzwischen ist der Solarmanager überzeugt davon, dass es ohne staatliche Förderung nicht geht. Denn zu übermächtig sei die massiv geförderte chinesische Konkurrenz, die in Deutschland einen geschätzten Marktanteil von 80 bis 90 Prozent hat.
Der Meyer-Burger-Chef beklagt ungleiche Wettbewerbsbedingungen. "Meyer Burger ist sicher das Unternehmen, das an der Stelle am klarsten kommuniziert hat", so Erfurt im ARD-Mittagsmagazin. "Aber es betrifft die gesamte hiesige Solarindustrie. Das wird zu tausenden Jobverlusten vor allem in Ostdeutschland führen."
Nachdenken über Verlegung in die USA
Ein Werk von Meyer Burger steht derzeit still. Im sächsischen Freiberg wurden bislang Solarmodule gefertigt, rund 500 Beschäftigte müssen befürchten, dass ihr Werk ganz geschlossen wird. Manager Erfurt droht mit Abwanderung in die USA, wo der Staat derzeit versucht, mit Zuschüssen und Steuergutschriften Industrieunternehmen anzulocken - insbesondere in Branchen der Energiewende.
Wirtschaftsminister Robert Habeck ist angesichts des Subventionswettbewerbs und der chinesischen Billigkonkurrenz im Grundsatz für eine staatliche Förderung der deutschen Solaranlagenhersteller: "Wenn wir die hier halten wollen, müssen wir denen irgendeine Bedingung schaffen, die das aufwiegt", so der Grünen-Politiker. Bedingung schaffen heißt Geld ausgeben. "Und deshalb ist das ganze Gerede von 'keine Subventionen' immer dann nichts wert, wenn es konkret wird."
Streitthema Subventionen
Konkret geht es derzeit um das sogenannte Solarpaket 1. Das sollte vor allem dafür sorgen, dass Photovoltaik-Anlagen in Deutschland schneller und unbürokratischer installiert werden können. Etwa Balkonanlagen oder auch Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen. Innerhalb der Ampelkoalition gibt es darüber kaum Streit. Aber über mögliche Subventionen schon, man hat sich verhakt.
Teile der Solarbranche fordern, im Solarpaket einen sogenannten Resilienzbonus zu verankern. Das bedeutet: Betreiber von Photovoltaik-Anlagen sollen eine gesonderte Förderung bekommen, wenn sie einen bestimmten Anteil an deutschen oder europäischen Komponenten verbauen. Das soll die Abhängigkeit von China verringern. Bezahlen müsste diese Subvention der Staat über das Erneuerbare Energiegesetz.
Dagegen sträubt sich innerhalb der Ampelkoalition die FDP. Finanzminister Christian Lindner sagte gestern im Bericht aus Berlin: "Wenn ich hier mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einzelne Branchen oder einzelne Unternehmen fördern würde - dann hat das weder für die Resilienz des Standortes Deutschland, also unsere wirtschaftliche Sicherheit, noch für das Gelingen der Energiewende eine Auswirkung. Es ist einfach nur zum Vorteil von einzelnen Interessenten."
FDP gegen neue Förderung
"Deutschland muss wettbewerbsfähiger werden", betont FDP-Fraktionschef Christian Dürr. "Aber die Antwort auf Probleme bei der Wettbewerbsfähigkeit können ja nicht einfach neue Subventionen sein. Das haben Vorgängerregierungen gezeigt: Das hat nicht funktioniert."
Dürr verweist damit auf die erste große Krise der deutschen Solarbranche. Vor gut 20 Jahren erlebten die deutschen Hersteller erst einmal einen Boom. Sie profitieren davon, dass die Käufer und Betreiber von Solaranlagen eine üppige Förderung über die Einspeisevergütung aus der EEG-Umlage erhielten. Der Zubau kam schnell voran - allerdings zu hohen Kosten.
Branche nicht geschlossen für Resilienzbonus
Die Lage änderte sich dann in den 2010er-Jahren. Die Bundesregierung reduzierte die Fördermittel für den Solarausbau, weshalb die Nachfrage erst einmal einbrach. Gleichzeitig drängte die chinesische Konkurrenz mit deutlich günstigeren Solarmodulen auf den Markt. Die Käufer der Panels entschieden sich für die Produkte aus China - und deutsche Unternehmen gingen reihenweise pleite.
Jetzt, rund zehn Jahre später, ist eines bemerkenswert: Die Solarbranche kämpft nicht geschlossen für den Resilienzbonus oder Subventionen für deutsche Hersteller. Einige Unternehmen wie die "Energiekonzepte Deutschland GmbH" warnen vor Marktverzerrungen. Diese Unternehmen verdienen insbesondere mit der Installation von Photovoltaik-Anlagen ihr Geld. Ihnen kommen die günstigen Anlagen aus China sehr gelegen.
Rund 115.000 Beschäftige
Klar ist: Derzeit erlebt der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen einen neuen Boom. Laut Bundesnetzagentur wurde im vergangenen Jahr fast doppelt so viel an Kapazität zugebaut wie im Jahr 2022. Beigetragen dazu haben gesetzliche Erleichterungen für große Solarparks. Und eben auch die Preise für PV-Anlagen. Wenn in China Solarmodule zu subventionierten Dumpingpreisen hergestellt werden, hat dies wohl auch den Effekt, dass die hiesige Energiewende schneller vorankommt.
Laut Bundesverband Solarwirtschaft hat die deutsche Photovoltaikbranche derzeit rund 115.000 Beschäftigte - die allermeisten davon arbeiten in Handel, Handwerk und Betrieb von Solarparks. Nur fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten sind in der Produktion von PV-Anlagen tätig.
Bonus kommt wohl nicht
Eine zentrale Frage für die Ampel-Parteien lautet nun: Hält die Politik die Solarbranche für strategisch so wichtig, dass man hiesige Hersteller mit Subventionen unterstützen will?
Bundeskanzler Olaf Scholz scheint eher skeptisch zu sein. Der SPD-Politiker betonte in dieser Woche, dass sich erneuerbare Energien mehr am Markt behaupten und mit weniger Förderung auskommen müssten.
Aus Koalitionskreisen ist zu hören, dass der Resilienzbonus wohl nicht kommen wird. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nennt das im Bericht aus Berlin ein Drama. Dies bedeute für die Solarenergie-Produktion, "dass die Energiewende nicht aus Deutschland heraus gesichert wird, sondern materialtechnisch mehrheitlich von den Chinesen".
Unklar ist, ob die Koalition die deutschen Hersteller anderweitig fördern will. So oder so - die Branche hofft auf eine baldige Entscheidung.