Sexualisierte Gewalt Fahrlässiger Umgang soll bestraft werden
Die Justizminister der Länder haben beschlossen, bei sexualisierter Gewalt das Strafrecht für Aufsichtspersonen zu verschärfen. Außerdem soll es Neuerungen bei Hassrede im Internet, Namensrecht und Patientenverfügungen geben.
Führungspersonen in Kirchen, Schulen und Vereinen sollen bestraft werden können, wenn sie fahrlässig mit sexualisierter Gewalt umgehen. Die Justizministerinnen und -minister der Länder beschlossen bei ihrer Frühjahrskonferenz in Schwangau, dass der Bund eine entsprechende Verschärfung des Strafrechts prüfen soll.
"Es geht uns um den Schutz der Kinder", sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich, der den Vorsitz der Konferenz hatte. Im Moment seien Strafen für Aufsichtspersonen nur möglich, wenn sie absichtlich durch Handeln oder Untätigkeit sexualisierte Gewalt fördern.
Anlass waren Fälle in der katholischen Kirche
Das ließe sich oft aber schwer nachweisen. "Ich empfinde das als Schutzlücke", sagte der CSU-Politiker. Bei groben Pflichtverletzungen durch Aufsichtspersonen, die weitere Fälle sexualisierter Gewalt ermöglichen, soll das verschärfte Strafrecht gelten.
"Wer die Aufsichtspflicht in Fällen von Kindesmissbrauch grob verletzt und dadurch eine fremde Missbrauchstat fördert, der muss nach dem Willen Bayerns mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen", so Eisenreich.
Der Vorstoß kam aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Anlass waren Fälle, in denen katholische Geistliche trotz ihrer Taten sexualisierter Gewalt weiter in der Seelsorge arbeiten durften.
Maßnahmen im Kampf gegen Hass im Netz
Die Justizministerinnen und -minister einigten sich außerdem auf stärkere Maßnahmen im Kampf gegen Hassrede im Internet. Betreiber von Internetplattformen sollen mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie Todesdrohungen oder Terror-Ankündigungen trotz Kenntnis nicht rechtzeitig löschen, sagte Eisenreich.
Es sei nicht richtig, dass die Unternehmen von den Gewinnen profitierten, aber die Probleme Demokratie und Rechtsstaat überließen. Bisher liege der Fokus des Strafrechts auf den Verfassern derartiger Botschaften, so Eisenreich. Die Betreiber müssten höchstens Bußgelder zahlen.
Kommunikation auch bei Zuhälterei überwachen
Auch bei Menschenhandel, Zwangsprostitution und Ausbeutung sollen Lücken im Strafrecht geschlossen werden. Obwohl die Vorschriften vor sechs Jahren reformiert wurden, sei man im Kampf gegen Menschenhandel noch nicht vorangekommen, sagte Eisenreich.
Gemeinsam mit der niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza forderte er, Ermittlern auch bei Zuhälterei zu erlauben, die Kommunikation von Verdächtigen zu überwachen.
Die Justizministerinnen und -minister wollen zudem den Kampf gegen Antisemitismus stärken, indem sie beispielsweise Antisemitismusbeauftragte bei den Staatsanwaltschaften einrichten. 2021 habe es mit 3027 antisemitisch motivierten Straftaten einen neuen Höchststand gegeben.
Namensrecht soll reformiert werden
Weiteres Thema der Konferenz war das Namensrecht, das reformiert werden soll. Das aktuelle sei "wenig flexibel, kompliziert und in manchen Bereichen auch in sich widersprüchlich". Ein modernes Namensrecht müsse dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, der Vielfalt individueller Lebensläufe von Familien und Belangen nationaler Minderheiten Rechnung tragen.
"Das deutsche Namensrecht ist nicht mehr zeitgemäß. Es schränkt das allgemeine Persönlichkeitsrecht unnötig ein und trägt der Lebenswirklichkeit - insbesondere von Patchwork- und Regenbogenfamilien - nicht ausreichend Rechnung", sagte Sachsens Justizministerin Katja Meier.
Ein weiterer Beschluss der Justizministerinnen und -minister sieht vor, dass Vorsorgedokumente wie Patientenverfügungen für Ärzte und Gericht digital zugänglich gemacht werden sollen. Der Wille des Patienten solle den behandelnden Arzt so schnell wie möglich erreichen. Voraussetzung sei das Einverständnis der Person, die die Dokumente ausgestellt hat.