Lindner zur Schuldenbremse "Keine ideologische Frage"
Der Haushalt 2024 steht. Aber sind damit nun alle Fragen - vor allem nach der Schuldenbremse - geklärt? Finanzminister Lindner will im Bericht aus Berlin von einem Ampel-Zoff nichts wissen.
Wie kann die aktuelle Haushaltskrise gelöst werden? Der Streit darüber prägt politisch die letzten Wochen des Jahres. Zwar raufte sich die Ampel schlussendlich zusammen - am vergangenen Mittwoch einigte man sich auf den Haushalt 2024 - aber ist das Gezerre damit wirklich beendet?
Finanzminister Christian Lindner wollte im Bericht aus Berlin von einem handfesten Ampel-Streit nichts mehr wissen: "Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen", so der FDP-Chef. Für ihn sei wichtig gewesen, dass die Schuldenbremse geachtet werde und Steuererhöhungen vermieden würden. "Das ist jetzt ein gemeinsames Verständnis der Regierung und deshalb gibt es keine Belastung", so Lindner.
"In Krisen handlungsfähig sein"
Lindner betonte, dass es bei den Verhandlungen in der Nacht zum Mittwoch einen klaren Konsens über das Wiedereinhalten oder Wiederaussetzen der Schuldenbremse - etwa für den Fall, dass durch Russlands Krieg gegen die Ukraine besondere Kosten entstehen - gegeben habe: "Es ist doch völlig klar: Wenn die Lage sich verändert, wird die Lage neu bewertet. Wenn es zu einer anderen Situation mit Blick auf die Ukraine kommt, dann werden wir prüfen - nämlich: Können wir zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt bestreiten? Oder gelingt das nicht, weil die finanzielle Belastung zu hoch ist?"
Lindner wies darauf hin, dass derzeit 17 Milliarden Euro Hilfe für die Ukraine vorgesehen seien - "und das ist auch im Haushalt abgebildet", so der Finanzminister. "Was zusätzlich entschieden werden muss, wird entschieden, wenn die Lage da ist." Dazu gehöre im Zweifel auch die Frage, ob man die Schuldenbremse noch einmal aussetzen müsse. "Bei jeder neuen Situation, die über uns kommt und sich der Einflussnahme des Staates entzieht, die nicht im Haushalt abgebildet werden kann, wird man natürlich prüfen, die Ausnahme von der Schuldenbremse zu nehmen", so der Minister.
Bei der Schuldenbremse und ihrer Einhaltung handele es sich nicht um eine ideologische Frage, sondern es gehe vielmehr darum, wie die Verschuldung insgesamt reduziert werden könne, um in Krisen handlungsfähig zu sein. Er gehe davon aus, dass seine Partei diesen Ansatz mittragen werde, denn der Haushalt trage klar die Handschrift der FDP.
Agrardiesel, Kerosin, E-Autos - die Debatte ist noch nicht vorbei
Gestritten wird auch über die konkrete Ausgestaltung der notwendigen Einsparungen - unter anderem soll hier das Steuerprivileg für Agrardiesel fallen - dagegen laufen die Landwirte allerdings Sturm und wollen vor dem Brandenburger Tor in Berlin demonstrieren. Die FDP-Fraktion ihrerseits hat bereits klargestellt, dass sie an den Subventionen für Landwirte festhalten möchte und auch der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat Bedenken angemeldet. Der Finanzminister will sich der Debatte nicht verschließen: "Wenn der Landwirtschaftsminister und die FDP-Fraktion meinen, dass das im Paket diskutiert werden muss, muss das ernst genommen werden."
Gesprächsbedarf sieht der Minister auch bei der geplanten Einführung einer Kerosinsteuer. Es dürfe hier nicht dazu kommen, dass nur deutsche Linien betroffen sind und ausländische Fluggesellschaften "das Geschäft machen", so Lindner. Dies wäre massiv wettbewerbsverzerrend zu Ungunsten deutscher Unternehmen. "Die fachliche Umsetzung der politischen Einigung müssen wir uns genau ansehen", forderte Lindner.
Das Auslaufen der E-Auto-Förderung verteidigte der Finanzminister: "Hier war immer klar, dass die zur Verfügung stehenden Mittel irgendwann enden", sagte er. Der Bonus laufe eben aus, wenn der Topf ausgeschöpft sei. "Es gab nie eine Garantie. Wenn das Geld weg ist, ist es weg", stellte Lindner klar.
Appell an staatspolitische Verantwortung
Mit Blick auf die geplante FDP-Mitgliederbefragung zur Zukunft der Liberalen in der Ampel mahnte Lindner einmal mehr zur staatspolitischen Verantwortung. Die heutige Situation sei grundlegend anders als 2017, als die FDP auf einen Regierungseintritt verzichtet habe: "Jetzt sind wir in eine Regierung eingetreten - da geht man nicht einfach wieder, weil man ja die Konsequenzen bedenken muss. Für das Land, aber auch für Europa", mahnte der Minister.