Proteste gegen rechts Wieder Tausende auf den Straßen
Das Geheimtreffen Rechtsextremer zur massenhaften Vertreibung von Menschen aus Deutschland alarmiert die Gesellschaft. Seit Tagen gehen Tausende auf die Straßen und weitere Demonstrationen sind geplant.
Nach dem Bekanntwerden eines Geheimtreffens von Rechtsextremen, an dem auch AfD-Vertreter teilgenommen hatten, demonstrieren in vielen Städten Tausende Menschen gegen rechts. Auch am Donnerstag gab es wieder Protestzüge und Kundgebungen.
In Mainz kamen nach Polizeiangaben rund 5.000 Menschen bei einer Kundgebung "Zeichen gegen rechts - Kein Platz für Nazis" zusammen. Zuvor hatte die Polizei von 2.000 Teilnehmenden gesprochen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, Rechtsextreme planten "eine Gesellschaft, die wir nicht wollen" und "Massendeportationen".
Nun müssten alle Bürgerinnen und Bürger aufstehen "und deutlich machen: Wir sind die Vielen in dieser Gesellschaft, die, die in einer Demokratie leben wollen, in Freiheit, Gleichheit und gemeinsam."
Am Freitag zahlreiche Kundgebungen, Demo in Hamburg verlegt
Auch in den kommenden Tagen sind bundesweit zahlreiche Demonstrationen geplant, etwa in Stuttgart, Halle, Erfurt, Dortmund und Karlsruhe.
Eine für Freitag in Hamburg geplante Kundgebung kann allerdings nicht wie geplant auf dem Platz vor dem Rathaus stattfinden, weil die AfD kurzfristig eine Fraktionssitzung anberaumt hat. Dadurch komme das Hamburger Bannkreisgesetz zum Tragen, das Versammlungen und Demonstrationen in einem Umkreis von 350 Metern um das Rathaus verbietet, sagte eine Sprecherin der Hamburgischen Bürgerschaft.
Die Organisatoren der Kundgebung "Hamburg steht auf - Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke" verlegten die Demonstration daraufhin auf den nahegelegenen Jungfernstieg. Sie erwarten rund 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Sportclubs machen mobil
Warnungen vor Rechtsextremen kommen auch von Kirchen, Verbänden und Vereinen. Gleich mehrere Fußball-Bundesliga-Clubs folgten dem Aufruf, im Wahljahr 2024 für demokratische Werte einzustehen. So erklärte etwa Christian Streich, Trainer des SC Freiburg, "Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. (...) Es ist fünf vor zwölf", sagte Streich.
In Leipzig warnte Streichs Trainerkollege Marco Rose: "Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man gegen Dummheit und Rechtsextremismus in jeder Form aufsteht. Ich finde es gut, dass die Leute das auch machen, dass sie klar Flagge zeigen und auf die Straße gehen."
"Nie Wieder ist jetzt! Kommt alle rum", schrieb der FSV Mainz 05 zu einer am Abend geplanten Versammlung gegen rechts. Zweitligist FC St. Pauli rief alle Mitglieder per Rundschreiben dazu auf, zu der Veranstaltung "Hamburg steht auf" am Freitagnachmittag auf dem Rathausmarkt zu gehen.
Unterstützung von den Kirchen
Unterstützung bekommen die Demonstrierenden auch von den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Die evangelische Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich rief auf ihrem Instagram-Kanal dazu auf, sich an Aktionen für eine offene, tolerante Gesellschaft zu beteiligen. "Extremistische, rassistische, und völkisch-nationalistische Einstellungen schlagen Gott ins Gesicht", so Heinrich. "Wenn Extremisten unverhohlen Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen schmieden, wird deutlich, dass unsere Demokratie skrupellose Feinde hat."
Die für Ostdeutschland zuständigen katholischen Bischöfe äußerten sich mit Sorge in einem gemeinsamen Appell. "Viele Menschen verstehen politische Entscheidungen nicht mehr. Sie sind verunsichert, wütend und haben Angst vor dem sozialen Abstieg. Das darf uns nicht dazu bringen, uns von populistischen Aussagen und scheinbar einfachen Lösungen vereinnahmen zu lassen", heißt es in einem Schreiben, über das zuerst der "Spiegel" berichtete.
Die Bischöfe erklären unter Verweis auf ihr Gewissen, sie könnten die Positionen extremer Parteien wie der "III. Weg", der Partei Heimat oder auch der AfD nicht akzeptieren. "Krude Ausweisungsphantasien für Migranten und ihre Unterstützer, die Ablehnung von Schutzangeboten für Geflüchtete, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, der alleinige Fokus auf Leistungsfähigkeit, die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und die pauschale Verächtlichmachung von politischen Akteuren und Institutionen sind mit diesen Grundwerten unserer Gesellschaft unvereinbar."
Neben den Wahlen zum Europäischen Parlament finden 2024 Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie Kommunalwahlen in neun Bundesländern statt.
Geheimtreffen von Rechtsextremisten, AfD dabei
Anlass für die Proteste und Demonstrationen ist ein Bericht des Medienhauses Correctiv vorige Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in Potsdam im November 2023. Dabei hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Damit meinen Rechtsextreme in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.