
Baden-Württemberg BW-Verkehrsminister Hermann dringt auf E-Zonen in Städten
Der Absatz von E-Autos stockt - eine schlechte Nachricht für den Klimaschutz. BW-Verkehrsminister Hermann dringt auf mehr Anreize für einen Umstieg. Dazu sollten auch reine E-Zonen gehören.
Konstanz ist gern Pionier. Die Stadt am Bodensee will in knapp zehn Jahren weitgehend klimaneutral sein. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss sie dringend noch was tun, zum Beispiel im Verkehr, der etwa 20 Prozent des Ausstoßes von klimaschädlichem CO2 ausmacht. Nun soll die Altstadt nach und nach in eine sogenannte E-Zone umgewandelt werden - mit fast 100 Ladesäulen und mehr Parkplätzen nur für Elektroautos. Karl Langensteiner-Schönborn, Bürgermeister und Baudezernent in Konstanz, erklärt im SWR: "Es geht natürlich darum, die Antriebswende voranzutreiben und dementsprechend CO2-Emissionen zu reduzieren."
Die Infrastruktur solle so sein, dass Fahrerinnen und Fahrer von Verbrennerautos sagen: "Wow, das Angebot ist so attraktiv, jetzt steige ich um. Es wird kein Verbrenner ausgeschlossen, nicht restriktives Handeln, sondern eher eine Mobilitätswende im Kopf durch Angebot", so der Baudezernent. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg fördert das Projekt mit 500.000 Euro. Das Angebot für E-Carsharing soll ausgebaut werden. Zudem sollen bis 2031 nach und nach 80 von 2000 Stellplätzen in Parkhäusern sowie 70 von 450 Stellplätzen im öffentlichen Raum für E-Autos reserviert werden.
Klimaziel in weiter Ferne
Für den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann ist das eine erfreuliche Nachricht in klimapolitisch schwierigen Zeiten. Der Grünen-Politiker dringt auf die Einrichtung von sogenannten E-Zonen, um den Verkehr klimafreundlicher zu machen. "Die Idee ist, dass man eine emissionsfreie Zone in der Stadt schafft. Und emissionsfrei geht im Prinzip nur mit Elektroautos", sagte Hermann dem SWR. Das Ziel der grün-schwarzen Landesregierung, dass bis 2030 die Hälfte der Autos auf Straßen in Baden-Württemberg klimaneutral sein sollen, ist nämlich in weiter Ferne. Zum 1. Oktober 2024 lag der Anteil von E-Autos am Pkw-Bestand in BW bei gerade mal 3,7 Prozent. Das sind 258.000 von fast 7 Millionen Pkw, heißt es im E-Mobil BW Datencenter. Der Verkehr ist so wichtig für den Klimaschutz, weil dieser Sektor in Baden-Württemberg für knapp ein Drittel der Treibhausgase verantwortlich ist. Und weil der CO2-Ausstoß hier viel zu langsam sinkt, sind auch die Klimaziele von Grün-Schwarz bis 2030 kaum zu erreichen.
Hermann hofft auf reine E-Zonen in zehn Jahren
Hermann will gegensteuern und findet, angesichts des schwächelnden Absatzes von Elektroautos müsse es dringend mehr Anreize zum Umstieg auf E-Fahrzeuge geben. Dazu gehöre auch, dass es in absehbarer Zeit innerstädtische Zonen gebe, in die Verbrenner nicht mehr einfahren dürfen. Auf die Frage, wann es so weit sein könnte, sagte Hermann: "Ich hoffe doch, dass es in den nächsten zehn Jahren passiert."
Er sei sich bewusst, dass zunächst die Voraussetzungen für solche E-Zonen geschaffen werden müssten, etwa durch mehr Ladesäulen oder den Bau eines Parkhauses mit Lademöglichkeiten. "Es ist ein Prozess." In vier Städten in BW fördere man entsprechende Konzepte: In Heilbronn, Waiblingen, Freiburg und - seit kurzem - auch Konstanz.
In Stuttgart gibt es eine 900 Meter lange E-Spur
Hermann hält "Bevorzugungen" von E-Autos für das richtige Mittel, den Umstieg zu fördern. Er verwies auch auf eine 900 Meter lange Sonderspur nur für Elektroautos in Stuttgart auf der B14 Richtung Bad Cannstatt, auf der man am Stau vorbeifahren könne. "Solche Anreize brauchen wir mehr."
Doch wie ist die Nutzung der Spur? Die Stadt Stuttgart erklärt, auf der oft verstopften Straße seien während der Hauptverkehrszeiten zwischen 15 und 18 Uhr im Schnitt etwa 10.000 Fahrzeuge unterwegs. Auf der E-Sonderspur fahren laut Zählung der Verkehrsleitzentrale gut 200 Elektroautos in diesen drei Stunden. Die Stadt hält das für einen guten Wert. "Sie erfüllt ihren Zweck, denn genau für diese Entlastung wurde sie bereitgestellt", erklärt ein Sprecher dem SWR.
E-Zone im neuen Stuttgarter Viertel?
Hermann hält es für besonders reizvoll, E-Zonen einzurichten, wenn man Quartiere saniere oder neue einrichte - wie etwa im Zuge von Stuttgart 21 im neuen Viertel um den Stuttgarter Hauptbahnhof. "Wenn die Bebauung beginnt, dann stelle ich mir schon vor, dass es arm an Autos ist, also wenig Autoverkehr und möglichst eben emissionsfreier Verkehr", sagte Hermann. Es gebe schon viele Kommunen, die innovativ unterwegs seien, wie etwa Tübingen, Heidelberg oder Mannheim. "Insofern gibt es schon viele Pioniere. Manchmal gibt es nicht die Mehrheit im Gemeinderat." Aber in den Stadtplanungsämtern gebe es genügend Leute, die in die Zukunft dächten.
In der Landeshauptstadt sieht man eine E-Zone skeptisch. Die Stadt will sich laut einem Sprecher darauf konzentrieren, noch mehr Ladesäulen zu bauen und in die "sehr aufwändige Umstellung der Busflotte" zu investieren. "E-Zonen sind nicht Teil dieses Plans." Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) ist aber nach eigenen Worten stolz darauf, dass Stuttgart mit über 3.000 Ladepunkten bundesweit spitze sei.
Hermann fordert von Berlin klare Signale für "Antriebswende"
Der Verkehrsminister hofft nun darauf, dass die angehende Koalition aus Union und SPD die "Antriebswende" mit einem Maßnahmenpaket voranbringen wird. "Die Förderung von Elektromobilität ist notwendig, sollte durchdacht sein, Fehlanreize und wirkungslose Konstrukte mit Mitnahmeeffekten vermeiden." Der Grüne erinnerte an die "Abwrackprämie" unter Union und SPD, die ohne nachhaltige Wirkung geblieben sei. "Der plötzliche Abbruch der Förderung der E-Auto-Prämie hat genauso geschadet", monierte Hermann in Anspielung auf die Ampel-Entscheidung.
Steueranreize für E-Autos und höhere Belastung für Verbrenner
Neben Kaufanreizen plädiert der Minister auf "eine klimaorientierte Reform der Kfz-Steuer, damit sich Klimaschutz bereits beim Autokauf lohnt." Zudem müsse auch die Dienstwagenbesteuerung umgestellt werden: "Steueranreize darf es künftig nur noch für klimafreundliche, ressourcenschonende Fahrzeuge geben. Nicht große, schwere und besonders teure Fahrzeuge, sondern vor allem kompakte und kleinere Neufahrzeuge werden gebraucht." Auch der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos brauche Impulse. "Die Mittel für die Förderung sollten nicht aus dem Haushalt kommen, sondern durch Streichen klimaschädlicher Förderungen der Verbrennerautos. Das ist fair und sozial." Auch Ladestrom solle über mindestens zehn Jahre deutlich günstiger und der Preis gedeckelt werden, fordert Hermann.