
Baden-Württemberg Für besseren Kinderschutz: Gesetz soll Austausch zwischen Ärzten bei Kindeswohlgefährdung erleichtern
Die Fallzahlen im Bereich der Kindeswohlgefährdung in BW sind deutlich gestiegen. Die SPD will es nun Ärzten ermöglichen, sich bei Verdachtsfällen auszutauschen.
Die SPD im Landtag will Arztpraxen das Vorgehen beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung erleichtern. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Ärzte sich rechtlich abgesichert untereinander über Verdachtsfälle austauschen können.
In dem Gesetzesentwurf argumentiert die SPD: Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen oder misshandeln, wechselten häufig die Praxis. Oft stimmten die Eltern nicht zu, die Patientenakte vom vorigen Kinderarzt einzuholen.
Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Baden-Württemberg ist innerhalb von zehn Jahren deutlich gestiegen - von 3.463 im Jahr 2012 auf 5.746 Fälle im Jahr 2022.
Ärzte können Jugendamt einschalten
Roland Fressle ist Kinder- und Jugendarzt in Freiburg und Landesverbandsvorsitzender des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen. Er erklärt: "Bei akuter Kindeswohlgefährdung spricht man mit den Eltern, wenn diese nicht kooperieren, dann kann man das Jugendamt einschalten."
Eltern können aber die Kooperation verweigern und den Arzt wechseln. "Für diese Zwischenfälle wäre gut, dass man sich mit Kollegen beraten könnte", sagt Fressle. Durch den Austausch könne man "Ärzte-Hopping", also das häufige Wechseln der Praxis, vorbeugen.
Unerklärte blaue Flecken als gewichtiger Anhaltspunkt
Im Gesetzesentwurf der SPD ist von gewichtigen Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung die Rede. Laut Fressle bedeutet das zum Beispiel: "Wenn bei einer Vorsorgeuntersuchung blaue Flecken gesehen werden und die Eltern diese nicht erklären können." Ärzte würden Familien langfristig betreuen und könnten so die Situation einschätzen.
Kindeswohlgefährdung in Baden-Württemberg
Mit dem Gesetzentwurf der SPD wäre die Zustimmung der Eltern nicht mehr notwendig, wenn deutliche Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD, Kliche Behnke, sagte, die Kinderärzte bräuchten Rechtssicherheit. Der Gesetzentwurf sei ein erster Schritt in Richtung einer Datenbank mit Verdachtsfällen, die andere Bundesländer wie das Saarland, Bayern oder NRW schon eingeführt hätten.