Baden-Württemberg Tödlicher Unfall im Schwimmunterricht in Konstanz: Haben Lehrerinnen richtig gehandelt?
Eine Lehrerin und eine Referendarin stehen seit Dienstag vor Gericht wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung. Im Herbst 2023 war ein sieben Jahre alter Junge in ihrem Schwimmunterricht ertrunken.
Der Ertrinkungstod eines Siebenjährigen im Schwimmunterricht in Konstanz im September 2023 beschäftigt seit Dienstag das dortige Amtsgericht. Angeklagt sind eine Lehrerin und eine Referendarin - wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen.
Staatsanwältin: Tod des Jungen hätte verhindert werden können
Die Staatsanwältin ist davon überzeugt, dass der Tod des Kindes hätte verhindert werden können. 21 Zweitklässler, von denen einige - wie der Siebenjährige - nicht schwimmen konnten, gleichzeitig im Wasser spielen zu lassen, sei potenziell gefährlich gewesen.
Die Lehrerin und die Referendarin ließen hingegen über ihre Anwälte mitteilen, sie hätten sich an alle Vorgaben gehalten. Die Zweitklässler sollten spielerisch ans Wasser gewöhnt werden. Den Schülern hätten die beiden Frauen erklärt, dass sie nur im Nichtschwimmerbereich bleiben sollten, da, wo sie stehen können.
Siebenjähriger starb einige Tage nach Unglück
Der Nichtschwimmerbereich im Becken war durch eine Leine markiert, allerdings: das Becken wurde im Verlauf tiefer, war an der Leine etwa 1,35 Meter - und der ertrunkene Junge gerade mal 1,25 Meter groß. Als der Junge dann plötzlich leblos mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb, zog ihn die Lehrerin raus, reanimierte ihn - doch er starb einige Tage später.
Beide Frauen arbeiten aktuell als Lehrerin – geben aber keinen Schwimmunterricht mehr. Die eine ist weiter an der Grundschule in Konstanz beschäftigt, die andere hat ihr Referendariat dort beendet. Sie hat inzwischen eine befristete Stelle in der Schweiz.
Beide sagten aber auch, dass der Unfall sie täglich begleite, psychisch belaste. Die Lehrerinnen fürchten um ihre berufliche Zukunft, sollten sie in dem Prozess schuldig gesprochen werden und hoffen deshalb auf einen Freispruch.
Lehrerinnen droht Gefängnisstrafe bei Verurteilung
Die beiden Lehrkräfte hatten von der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erhalten. Darin waren sie bereits zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Dagegen legten die beiden Einspruch ein, deshalb wird der Fall vor Gericht verhandelt. Dabei wird es darum gehen, was genau am 18. September 2023 im Hallenbad am Seerhein geschehen ist. Im Falle eines Schuldspruchs müssen die beiden mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Zu dem Prozess sind acht Zeugen geladen.
Eine Lehrerin und eine Referendarin stehen am Dienstag vor Gericht wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung. Im Herbst 2023 war ein sieben Jahre alter Junge in ihrem Schwimmunterricht ertrunken.
Eltern wollen wissen, wie ihr Sohn zu Tode kam
Die Eltern des ertrunkenen Jungen waren beim Prozessauftakt nicht anwesend. Ihr Anwalt sagte dem SWR, der Prozess belaste sie zu sehr. Sie litten stark unter dem Tod ihres Kindes. Aber sie wollten natürlich wissen, was genau geschehen ist an diesem 18. September 2023 und erhofften sich von dem Prozess eine Antwort. Gleichzeitig würden sie der Verhandlung mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Gegenüber dem "Südkurier" sagten sie zuvor: "Ich hoffe, dass wir mehr Informationen über das Unglück erhalten, aber je mehr wir erfahren, desto schmerzhafter wird es für uns."
Das Unglück geschah in der ersten Schwimmstunde des Jungen. Er geriet mit dem Kopf unter Wasser, einige Tage später starb er im Krankenhaus.
Mehr Sicherheit im Konstanzer Schwimmunterricht
Nach dem Tod des Jungen bezuschusst die Crescere Stiftung Bodensee seit dem vergangenen Jahr das Programm "Schwimmenlernen lernen". In Rahmen des Programms ist beim Schwimmunterricht aller dritten Klassen der elf Konstanzer Grundschulen eine zusätzliche Fachkraft des Schwimmklubs Sparta dabei.
Sendung am Di., 21.1.2025 15:30 Uhr, SWR4 BW Studio Friedrichshafen