Symbolbild: Messer, Waffen (Quelle: dpa)

Berlin Meinung: Halbe Sachen bei Messerverbotszonen bringen nichts

Stand: 15.02.2025 14:17 Uhr

Berlin richtet drei beschilderte Verbotszonen ein, in denen Waffen und Messer tabu sein sollen. Doch mehr als Symbolpolitik wird wohl nicht dabei rauskommen, kommentiert Sabine Müller

Gut möglich, dass Berlin bald einen neuen Sommerhit hat. Statt "Pack die Badehose ein und dann nischt wie raus nach Wannsee" könnte es in Zukunft heißen "Pack die Wassermelone ein und dann nichts wie rein in den Görli".
 
Die Wassermelone ist gerade das Symbol dafür, dass die drei Waffen- und Messerverbotszonen an den Kriminalitäts-Hotspots Görlitzer Park, Kottbusser Tor und Leopoldplatz absehbar zum Rohrkrepierer werden. Denn: Das Mitführen zum Beispiel einer Wassermelone könnte nach Ansicht von Experten ausreichen, um das Verbot zu umgehen.

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Zerteilen von Obst und Gemüse als "anerkannter Zweck"

Das klingt absurd, lässt sich aber genau so argumentieren, wenn man in den Verordnungstext guckt, weil dieser Text nicht nur konkrete (und zumindest teilweise sinnvolle) Ausnahmen auflistet, etwa für Polizei- und Einsatzkräfte. Es heißt dort auch, Messer dürften "im Zusammenhang mit einem allgemein anerkannten Zweck" weiterhin mitgeführt werden. Wer so schwammig formuliert, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Menschen beim Picknick im Görli die Wassermelone nicht per Handkantenschlag zerteilen, sondern ein Messer benutzen - eben für den "allgemein anerkannten Zweck" des Nahrungsmittelschneidens.
 
Aber selbst wenn die Regeln klarer wären, bleiben trotzdem (zu) viele Fragezeichen. Andere Städte haben kleine Verbotszonen ausprobiert, ohne dass die Kriminalität signifikant sank oder das Sicherheitsgefühl der Menschen signifikant stieg. Entschlossene Gewalttäter lassen sich von Verbotszonen sowieso nicht abhalten. "In einer Messerverbotszone ist niemand sicherer als vorher", betont die Gewerkschaft der Polizei, auch weil es zu wenig Personal gibt, um die neuen Zonen effektiv zu kontrollieren.

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Wenn, dann bitte richtig!

Und noch eine Sorge: Was passiert, wenn die geplanten verdachtsunabhängigen Kontrollen dazu führen, dass die Polizei vorrangig Menschen rausgreift, die nicht wie brave, blonde Deutsche aussehen? Sondern so, wie sich AfD-Politikerinnen böse "Messermänner" vorstellen?
 
Natürlich steht die Politik auch in Berlin unter Druck, nach teils furchtbaren Gewalttaten zu handeln. Wenn sie es also nun tut, dann aber bitte richtig. Und das heißt: Mutig sein und groß denken. Konsequent die ganze Stadt zur Waffen- und Messerverbotszone erklären, wie es die Gewerkschaft der Polizei fordert - und dabei eben nur wenige Ausnahmen vom Verbot zulassen. Sicher lösen sich damit die Probleme nicht in Luft auf. Aber es wäre zumindest eine klare Ansage im Kampf gegen Gewalt, und Berlin stünde nicht mit drei kleinen Mini-Verbotszonen da, wo einen Meter weiter wieder alles erlaubt ist.
 
Und die Wassermelone? - Die müsste dann halt zu Hause vorgeschnitten werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.02.2025, 8:40 Uhr