Die Mannschaft von Union Berlin steht vor dem Spiel gegen Gladbach zusammen (Quelle: IMAGO / Contrast)

Berlin Niederlage gegen Gladbach: Union Berlin im Umbau

Stand: 15.02.2025 22:12 Uhr

Der 1. FC Union zeigt gegen Borussia Mönchengladbach zwei Gesichter. Auf eine desolate erste Hälfte folgt nach Umstellung des Trainers Steffen Baumgart eine gute zweite. Für einen Punkt reicht es trotzdem nicht. Von Till Oppermann

Baustellen und der 1. FC Union gehören zusammen. Bei welchem anderen Verein findet sich vor dem Stadion ein überdimensionierter Bauhelm als Denkmal? Spätestens seitdem viele Fans 2008 bei der Modernisierung des abbruchreifen Stadions geholfen haben, gehören Betonmischer zur DNA des Klubs, dessen Präsident mit einer Logistikfirma für Baustoffe reich geworden ist.
 
Schon bald sollen in Köpenick wieder die Bagger rollen. Diesmal geht es dem Verein immerhin so gut, dass die Fans nicht beim Stadionausbau anpacken müssen. Wer sich trotzdem für Baumaßnahmen interessiert, kann in diesem Frühjahr einfach die Spiele der Mannschaft gucken.

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Heldt kritisiert erste Halbzeit

Umbaumaßnahmen sind es in ihrem Fall, um genau zu sein. Trainer Steffen Baumgart will mit einer Mannschaft, die am liebsten rückwärts denkt, Angriffsfußball spielen. Union soll offensiv pressen, tief in der gegnerischen den Ball gewinnen. Ein 4:3 sei ihm deutlich lieber als ein 1:0, sagte der Trainer einst. Die lange gelernte Dreierkette tauschte er deshalb gegen ein System mit zwei Innenverteidigern.
 
Nach Anlaufschwierigkeiten bei den Niederlagen gegen Heidenheim und Augsburg wirkten die Spiele gegen Leipzig und Hoffenheim zuletzt, als hätte die Mannschaft die neue Formation schon verinnerlicht. Dass so ein Umbau mehr Zeit braucht, zeigte sich am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach.
 
Die Gäste führten nach ihren ersten beiden Abschlüssen mit 2:0. Bei beiden Toren standen die Unioner ungewohnt weit von ihren Gegenspielern entfernt. Den Grund nannte Sportchef Horst Heldt bei Sky: "Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen und keinen Zugriff bekommen."

Gladbach bestraft schlechte Zuordnung

In besagter erster Halbzeit spielte eine sehr reife Mannschaft gegen eine, die gerade alles neu lernt. So wirkte es zumindest, als die Köpenicker versuchten, hoch auf dem Feld die Bälle zu erobern. Eines der Probleme benannte Außenverteidiger Tom Rothe nach dem Spiel: "Wir waren nicht aggressiv genug." Aber das war nicht alles. Das größere Problem war die Zuordnung im Pressing. Gladbach überspielte Union immer wieder mit einfachen Mitteln.
 
Weil die Flügelstürmer Benedict Hollerbach und Jeong Woo-yeong Gladbachs Halbverteidiger anliefen, reichte ein Pass auf die Außenbahn, um Unions Außenverteidiger in eine Unterzahl zu zwingen. Da Tom Rothe und Josip Juranovic Gladbachs Schienenspieler hoch auf dem Feld aufnehmen mussten, öffneten sich Lücken in ihrem Rücken. Beide Tore erzielte Gladbach nach Pässen genau in diese Räume. Gästetrainer Gerardo Seoane hatte Unions Schwachstelle gefunden. Nur der Pausenpfiff rettete die Berliner vor weiteren Gegentoren.

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Baumgart reagiert mit Umstellung

Dass Steffen Baumgart als Reaktion auf den Pausenrückstand einen Innenverteidiger einwechselte, hätte anderswo für Unmut gesorgt. Bei Union gab es warmen Applaus. Weil sich das so gehört, um dem eingewechselten Leo Querfeld Mut zu machen. Aber auch, weil die Unioner ihre größten Erfolge mit drei Innenverteidigern gefeiert haben.
 
Jene Fans der Berliner, die diese Formation deshalb für immer und ewig als die beste betrachten werden, sahen sich in den folgenden Minuten bestätigt. Union riss das Spiel an sich. Die eben noch so dominanten Borussen hatten Probleme und konnten den Ball kaum noch aus ihrer Hälfte klären. "Durch die Systemumstellung auf Fünferkette hatten wir einen besseren Zugriff aufs Spiel", erklärte Rothe.
 
Man habe gesehen, dass man über die Außen in der einen oder anderen Situation in der Unterzahl gewesen sei, gab auch Baumgart zu: "Das wollten wir verändern und das Spiel von vorne beginnen." In den Köpfen der Spieler gelang das. Das 1:2 durch Andrej Ilic in der 63. Spielminute war die verdiente Belohnung für Unions verbesserte Leistung. Für mehr als dieses Tor reichte es am Ende nicht. Auf der Anzeigetafel fängt das Spiel eben nicht von vorne an.

Starke Laufleistung bildet das Fundament

Was von der guten Halbzeit bleibt, ist das Gefühl, sich selbst helfen zu können. "Das zeigt insgesamt, dass wir in der Lage sind, uns aus solchen Situationen zu befreien", fand Steffen Baumgart. Im Vergleich zu vielen Leistungen in den letzten anderthalb Jahren ist das ein echter Fortschritt. Zumal er seinen Umbau gerade erst begonnen hat.
 
Die erneut hervorragende Laufleistung von über 129 Kilometern bildet das Fundament. Darauf setzt Baumgart Bausteine, die auch seinem Vorgänger zur Verfügung standen. Torschütze Ilic traf bereits zum zweiten Mal in Folge. Bo Svensson hatte ihn trotz Unions Torflaute ein halbes Jahr komplett ignoriert.

Sendung: rbb UM6, 15.02.2025, 18 Uhr