Brandenburg DJ Roy Hartung | Kaufhaus-Rave in Wittenberge: "Die Jugend braucht immer neue Reize"
Roy Hartung ist DJ und Veranstalter von besonderen Partys. Nach einem Rave in der Wunderblutkirche von Bad Wilsnack lässt er nun die Bässe durch ein leerstehendes Kaufhaus in Wittenberge dröhnen. Von Björn Haase-Wendt
Die Fenster sind soweit es geht gegen die Bässe gedämmt, die Bars stehen und auch die Lautsprecher und LED-Lichter hängen. Wo früher Kleidung verkauft wurde, durchfluten jetzt eine Nacht lang elektronische Beats die Etagen eines alten leerstehenden Kaufhauses in der Wittenberger Bahnstraße. "Auf einer Etage gibt es Techno, auf der anderen housige Musik, ja etwas grooviger", sagt Roy Hartung, in der Prignitz auch als DJ Roy bekannt. Der 44-Jährige organisiert an diesem Wochenende den "Kaufhouse"-Rave in Wittenberge. Und damit zeigt sich erneut: der Prignitzer scheint ein Faible für besondere Veranstaltungsorte zu haben.
Rave in der Wunderblutkirche - DJ Roy Hartung und Pfarrerin Anna Trapp
Raves an besonderen Orten
Im Frühjahr machte er aus der 600 Jahre alten ehrwürdigen Wunderblutkirche in Bad Wilsnack einen Techno-Tempel, später folgte ein Rave im historischen Postamt in Perleberg und nun wird das alte Kaufhaus zum Club für eine Nacht. Die Orte sucht er aber nicht gezielt, sondern sie kommen viel mehr zu ihm.
"Das Kaufhaus wurde mir gebracht", sagt Roy Hartung und lacht. Es passierte beim Kinderfest in Wittenberge, das der Catering-Unternehmer unterstützte. "Das Kaufhaus wäre die Schlechtwettervariante gewesen. Als wir hier drinstanden, habe ich gesagt: also hier wird definitiv eine Party stattfinden, weil die Location ja einfach mal geil ist."
Die Offenheit des denkmalgeschützten Gebäudes mit den großen Treppen reizt ihn, auch müsse nicht viel gemacht werden, um eine besondere Stimmung zu erzeugen. "Es passiert natürlich viel mit Licht, Effekten und LED-Wänden, aber sonst soll das Gebäude schon für sich wirken, es sollte ein bisschen urig bleiben", erklärt Hartung.
Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und leerer Kirchen appelliert die Initiative "Kirchenmanifest" für den Erhalt der Kirchenbauten. Es brauche kreative Ideen für eine Nachnutzung. Know-how gebe es zur Genüge, sagt Mit-Initiatorin Karin Berkemann.mehr
Seit Wochen laufen die Vorbereitungen, Genehmigungen und eine kurzzeitige Umnutzung des Gebäudes mussten beantragt werden. Rückendeckung bekam der 44-Jährige vom Kinder- und Jugendbüro der Stadt mit denen der DJ schon bei kleineren Events zusammengearbeitet hat. "Wir haben im letzten Jahr einen Zukunftsausschuss in der Stadt ins Leben gerufen. Da gab es mehrfach den Wunsch, dass es mehr Events für junge Leute gibt. Jetzt sind wir froh, dass Roy Hartung darauf Bock hat", sagt die Jugendkoordinatorin Julia Hensler.
"Ich will, dass es ein cooler Abend für alle wird"
Doch wo liegt der Reiz an den besonderen Veranstaltungsorten, die durchaus mehr Arbeit mit sich bringen? "Na zuerst bin ich seit 30 Jahren DJ, und spielen zu können, ist schonmal eine große Genugtuung. Aber es passiert viel aus Leidenschaft. Ich will, dass es ein cooler Abend für alle wird. Dass die Jugendlichen eingebunden sind, meine Crew spielen kann und alle Spaß daran haben", erklärt Roy Hartung.
Trotzdem nimmt er immer wieder die Herausforderungen an, wenn sie sich ergeben. Und das, obwohl er eigentlich einen fordernden Job hat. Seit über zehn Jahren ist Hartung Chef eines großen Cateringunternehmens in der Prignitz, versorgt mit seinen 70 Mitarbeitern 40 Kitas und Schulen, betreibt Mittagsimbisse und Kantinen. Die Veranstaltungen und die Arbeit als DJ sind ein professionelles Hobby. Bei der Wunderblutkirche gab es Anfragen von der Kirchengemeinde, beim historischen Postamt in Perleberg suchten Kulturakteure aus der Stadt die Zusammenarbeit.
Roy Hartung
Und irgendwie knüpft er damit auch an alte Techno-Traditionen an. "Man kennt es aus der Berliner Szene. Die haben sich da früher in Häuser reingesetzt, Anlagen reingestellt und ihre Clubs aufgebaut." Aber der DJ hat eine Beobachtung gemacht. Die Jugend habe sich verändert, brauche auch bei Partys immer neue Reize. "Früher gab es feste Locations, aber heute hat man den Eindruck, dass den jungen Menschen das nicht mehr reicht. Die brauchen immer neue Triggerpunkte, das mag auch an der Überfrachtung durch Social Media liegen und da sprechen diese Locations auch für sich."
Jetzt ist also das alte Kaufhaus in Wittenberger Bahnstraße dran, bevor es dort definitiv ruhiger wird - denn es soll die Stadtbibliothek einziehen.
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