Der sogenannte Trauerschwindler verpixelt im Gericht sitzend

Mecklenburg-Vorpommern "Trauerschwindler" erneut vor Gericht - Gefängnisstrafe droht

Stand: 10.11.2024 06:48 Uhr

Ein ehemaliger Bestatter steht demnächst wegen Betrugs vor dem Landgericht Rostock. Es ist keineswegs sicher, dass dieser Berufungsprozess die vom Amtsgericht verhängte Haftstrafe für den sogenannten Trauerschwindler bestätigt.

Von Andreas Frost

Voraussichtlich am 20. November beginnt am Rostocker Landgericht der Prozess gegen einen ehemaligen Bestatter. Ihm wird vorgeworfen, zwischen 2016 und 2018 drei Frauen um insgesamt 195.000 Euro betrogen zu haben. "Ich bin überzeugt davon, dass das Landgericht ihn verurteilen wird", sagt Christine Habetha. Die Anwältin ist rechtlicher Beistand der drei mutmaßlichen Betrugsopfer. Auch sei der Weg zu "einer höheren Freiheitsstrafe sehr wohl offen", es sei absehbar, "dass er seinen Wohnsitz in eine Justizvollzugsanstalt wechseln wird", so Habetha.

Staatsanwaltschaft: Emotionale Notlage ausgenutzt

Das Amtsgericht Rostock verurteilte den als "Trauerschwindler" bekannt gewordenen Mann im Mai 2023 wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis. Zwei der drei Frauen hatte der damalige Bestatter kennengelernt, nachdem sie jeweils einen Angehörigen verloren hatten. Laut Staatsanwaltschaft nutzte er ihre "emotionale Notlage" aus, um eine Beziehung mit ihnen einzugehen und sich dann Geld von ihnen zu leihen, von dem er nur einen geringen Teil zurückzahlte.

Vorwürfe im ersten Prozess bestritten

Der Angeklagte bestritt vor dem Amtsgericht die Vorwürfe und erkannte - ebenso wie die Staatsanwaltschaft - das Urteil nicht an. Am Ende des bevorstehenden Berufungsprozesses muss das Landgericht nun entscheiden, ob es die Haftstrafe bestätigt, abmildert, verschärft oder aber den Angeklagten freispricht. Die Richterinnen und Richter werden viel Gewicht auf die Aussagen der drei Frauen legen, die erneut als Zeuginnen geladen sind. Das Amtsgericht hatte ihnen mehr geglaubt als dem Angeklagten. Es ist offen, ob das Landgericht zu den selben Schlüssen kommt.

Mehrmals wegen Betrugs vorbestraft

Enrico B. ist seit 2001 mehrfach wegen Betrugs vorbestraft. In der Regel kam er mit Geld- und Bewährungsstrafen davon. Das Rostocker Amtsgericht verurteilte ihn vor zwei Monaten allerdings zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis, weil er Handwerker und ein altes Ehepaar betrogen haben soll. Auch dieses Urteil hat Enrico B. angefochten.

Psychologin: Betrüger empathisch und skrupellos

Hilfe für Betrugsopfer

Der Weiße Ring bietet Opfern von Betrügern eine kostenlose Rechtsberatung und einen Anwaltscheck. Unterstützung gibt es etwa beim Opfer-Telefon unter der Nummer 116 006 von 7 bis 22 Uhr.

Zudem gibt es lokale Ansprechpartner in den Landkreisen, zu finden hier:

Website: mecklenburg-vorpommern.weisser-ring.de

Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern
Telefon: 0385/5007660
Fax: 0385/5007661
E-Mail: Mecklenburg-Vorpommern@weisser-ring.de

Die Kriminalpsychologin Cathrin Chevalier, die an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Güstrow lehrt, sagt allgemein über notorische Betrüger, die mit ihren Opfern von Angesicht zu Angesicht kommunizieren, dass diese meist sehr empathisch und anpassungsfähig sind und schnell die emotionalen Bedürfnisse ihres Gegenübers erkennen. In der Wissenschaft sei zudem bekannt, "dass Betrüger tatsächlich sehr narzisstisch sind, also dass sie eine hohe, extreme Selbstbezogenheit haben, dass sie ausbeuterisch agieren". Auch seien viele von ihnen psychopathisch und skrupellos. Zum konkreten Fall des "Trauerschwindlers" äußerte sich Cathrin Chevalier allerdings nicht.

Was sonst noch über Enrico B. bekannt ist und welche weiteren Erkenntnisse es über Betrug und Betrüger gibt, können Sie im Podcast "MV im Fokus - Darüber spricht Mecklenburg-Vorpommern" hören: "Einmal Betrüger, immer Betrüger? Der Fall des Bestatters Enrico B."

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 10.11.2024 | 00:00 Uhr